Was ist wichtiger: Antidepressiva oder eine funktionierende Libido?

2 Antworten

Sexuelle Funktionsstörungen sind eine häufige bis sehr häufige Nebenwirkung von vielen herkömmlichen Antidepressiva. Sexuelle Funktionsstörungen umfassen:

  • Reduktion oder vollständiger Verlust des sexuellen Verlangens (Libidoverlust). Kurz: Man wird nicht mehr (richtig) "scharf".
  • Anorgasmie (Unfähigkeit zum "Höhepunkt" zu kommen)
  • Vorübergehende Impotenz (Errektionsstörungen)

Eine Einschränkung der Libido ist bei jenen welche von dieser Nebenwirkung betoffen sind klar feststellbar.

Ist man von sexuellen Funktionsstörungen betroffen muss man abwägen: Was ist schlimmer? Die Symptome der Erkankung oder die Nebenwirkungen? Ev. kann auch auf ein anderes Antidepressivum gewechselt werden.

Die Frage ob es dir auch ohne Medikamente gut geht lässt sich nicht im Voraus beantworten. Leider ist es so, dass sowohl Depressionen als auch Angststörungen häufig rezidivierend verlaufen. Es handelt sich also um zyklisch immer wiederkehrende Krankheitsschübe. Die symptomfreie Zeit zwischen diesen Schüben kann wenige Monate bis mehrere Jahre umfassen (im Durchschnitt 4-6 Jahre bei Depressionen).

Antidepressiva dienen auch als Rezidivprophylaxe (zur Vorbeugung von Rückfällen). Setzt man sie ab kann dies einige Monate oder gar Jahre gut gehen, doch häufig (nicht immer) ist es nur eine Frage der Zeit bis die Krankheitsymptome erneut auftreten.

Ich kenne dieses Thema mehr als gut. Ich musste aufgrund schwerer Depressionen und starken Panikattacken unzählige Medikamente durchprobieren. Viele wirkten nur unzureichend gegen meine depressiven Zustände, hatten jedoch teilweise starke Nebenwirkungen. Darunter auch sexuelle Funktionsstörungen welche mehr als deutlich spürbar waren. Eine Methode kann auch sein, dass Antidepressivum auf ein Minimum zu reduzieren.

Beispiel anhand meiner eigenen Person: Zu Beginn der Therapie bekam ich hohe Dosen Sertralin (ein SSRI-Antidepressivum) verschrieben. Insgesamt 100-150mg täglich. Meine Libido war damit klinisch tod. Ich wurde sexuell überhaupt nicht mehr erregt und war folglich auch faktisch impotent. Durch eine intensive und längere Psychotherapie sowie viel Sport stabilisierte sich mein Gesundheitszustand zusehens. Ich war fähig die Dosis des Antidepressivums zusehens (langsam) zur reduzieren. Mit 50mg (der offiziellen Minimaldosis) funktionierte meine Libido wieder, wenn auch mehr schlecht als gut. Als ich die Minimaldosis nochmals halbierte (also auf 25mg ging) dauerte es zwar einige Monate, doch meine Libido funktionierte wieder... zumindest zu ca. 90%. Trotzdem hatte (und habe) ich noch einen kleinen Schutz durch das Medikament.

Also das ist je nach Medikament unterschiedlich, bei mir merke ich keine negativen Auswirkungen.