Was ist Ungerechtigkeit (Ethik)?

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Darüber sind dicke Bücher geschrieben worden. Für Ethik fällt eine individuelle Einstellung, was für mich ungerecht oder gerecht ist, aus, da auf dieser individuellen Basis kein gemeinsamer Nenner zu finden ist. Für einen Robinson Crusoe, allein auf seiner Insel, stellt sich diese Frage nicht, denn mit wem soll er sich vergleichen.

Die Frage nach Ungerechtigkeit oder Gerechtigkeit ist immer eine gesellschaftliche Frage, eine Frage des Miteinander von Menschen mit einem gemeinsamen Ziel. Daraus ergibt sich, dass natürlich die ganzen Umweltbedingungen, die historische Entwicklung, der Grad der gesellschaftlichen Arbeitsteilung und die gesamtgesellschaftlichen Wertvorstellungen eine große Rolle spielen und die Frage, was ist Ungerechtigkeit, in unterschiedlichen Gesellschaftsstufen, ja sogar in unterschiedlichen Gesellschaften einer Zeit verschieden bewertet werden. Wertvorstellungen als Basis zur Definition von Gerechtigkeit/Ungerechtigkeit hängen selbst wiederum von Weltsichten ab, von Weltinterpretationen. Kommt "Gerechtigkeit" aus himmlichen Höhen oder schaffen die Menschen sie in Selbstorganisation? Wer setzt, was Recht oder Unrecht ist? Welche Maßstäbe gibt es dazu und wer definiert sie? Oder mit Kant gefragt: Was ist der Mensch? Aber nicht nur als Individuum sondern als gesellschaftliches Wesen?

Es wird sich herausstellen, dass es zwischen den Erwartungen des Individuums und denen der Gesamtgesellschaft immer Konflikte gibt. Liberale neigen eher dazu, dem Individuum mehr Rechte zuzugestehen, Soziale entscheiden im Zweifel immer eher für die Gemeinschaft. Liberale nehmen eher mehr Ungleichheit in Kauf, wenn dadurch individuelle Rechte nicht beschnitten werden, letztlich ein Gesamtwohlstand erhöht wird. Soziale bringen Gerechtigkeit mit Gleichheit in Verbindung und sind eher bereit, individuelle Leistungserwerbe zu beschneiden, wenn dadurch gleichmäßigere Verteilungen zustande kommen, was sie mit mehr Wohlstand als sich wohl fühlen gleichsetzen. Zwischen beiden Polen gibt es eine ganze Bandbreite von Lösungsvorschlägen.

Im gesellschaftlichen Miteinander ist großenteils Recht in Gesetze gegossen, was manche damit verwechseln, dass auch damit eine immer „gerechte“ Rechtsprechung gesichert sei. Doch zwischen Gesetz und Richterspruch steht die Tatbestandsaufnahme und –Darstellung und deren Bewertung. Da ist die Qualität und Menge der Zeugen ausschlaggebend wie auch die Qualität der Rechtsvertreter. Evtl. Recht haben und sein Recht bekommen sind daher nicht das Gleiche. Da Recht wie Unrecht in der Regel eher komplexe Tatbestände darstellen, oft auch von der Perspektive der betroffenen Personen abhängig, werden auch künftig noch dicke Bücher dazu geschrieben.


berkersheim  13.09.2015, 21:48

Danke für den Stern.

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Eins steht fest: Ungerecht ist das Schicksal. Den einen überhäuft es mit blendenden Gaben, sodass er ein bedeutendes Leben führen kann; der andere muss sich mangels Begabung oder wegen schwerer Krankheit kümmerlich durchs Leben schleichen. Ungerecht ist es auch, wenn einer, der die Macht hat, einem ihm Untergebenen das vorenthält, was ihm eigentlich gebührt: z.B. eine Anstellung in einem Betrieb (die dann einem weniger Begabten (einem Verwandten des „Mächtigen“) zukommt (Vetternwirtschaft), oder – bei einer Prüfung – wird einer scharf geprüft und fällt durch, ein anderer bekommt ganz leichte Fragen gestellt und besteht die Prüfung u.ä.

Vorweg: Ich bin davon überzeugt, dass absolute Gerechtigkeit für jede Situation existiert, wir sie aber situationsabhängig identifizieren müssen. Tatsächlich passiert diese situationsabhängige Prüfung von Gerechtigkeit zu tausenden in deutschen Gerichtssälen. Unabhängig davon, dass geprüft wird, ist die Prüfung selber schwierig.

Ungerechtigkeit kann man nur im Zusammenhang mit Gerechtigkeit beschreiben.

"Gerechtigkeit" ist ein menschliches Konstrukt, welches der Mensch versucht in "Recht", "Pflicht" (z.B. BGB, HGB) und "Strafe" (StGB) zu formulieren.

Beispiel Kaufvertrag:

Der Verkäufer hat die Pflicht die verkaufte Sache zu übereignen und zu übergeben. Der Käufer hat die Pflicht den vereinbarten Kaufpreis zu zahlen und die Sache anzunehmen.

Sobald man eine Pflicht weglässt entsteht ein Ungleichgewicht, aber nur eventuell eine Ungerechtigkeit. Wenn ich eine Sache bezahle, diese aber nicht annehme, wird mir daraus keiner einen Strick drehen. Wenn ich dagegen eine Sache annehme aber nicht bezahle, müsste der Verkäufer auf die Bezahlung verzichten, damit es nicht ungerecht wird.

Das Verzichten auf ein "Recht" kann also eine theoretisch ungerechte Sache wieder "gerecht" machen. Es besteht also für denjenigen, der ein Recht hat, die Option es wahrzunehmen. Es hängt maßgeblich davon ab, welche Einstellung die Person zu einer Sache hat und wie wichtig dieser Person ihr Recht auf eine Sache sieht.

Derjenige, der dagegen eine Pflicht hat, kann meistens davon nicht entbunden werden.

Der Gesetzgeber versucht mit Hilfe von Gesetzen "Gerechtigkeit" zu formulieren und damit "Ungerechtigkeit" zu verhindern. Das funktioniert aufgrund der Manigfaltigkeit der Lebenssituationen meistens nicht zu 100%.

Es gab Gesetzesformulierungen aus grauer Vorzeit, die ungerecht waren, aber sich lange gehalten haben aufgrund von irrationalem Gedankengut. Erst 1994 ist z.B. der § 175 StGB (Unzucht zwischen Männern) in Deutschland weggefallen.

In der jüngsten Zeit wurde der Gesetzgeber dazu gedrängt, gegen Dumping-Gehälter vorzugehen. Der Mindestlohn wurde geboren, der dem folgenden Gerechtigkeitsempfinden entspringt: Wenn ich Vollzeit arbeite, muss ich von dem bezogenen Gehalt auch leben können. Diese Sichtweise ist nicht unumstritten was sowohl das "ob" und die Höhe angeht. Da wird sich in Zukunft noch eine Menge ändern.

Also: Ungerecht ist etwas was nicht gerecht ist. Was gerecht ist fühlt sich für jeden anders an. Der Gesetzgeber versucht ein Gleichgewicht zwischen Rechten und Pflichten für wichtige Bereiche in unserer Gesellschaft zu formulieren um festzuschreiben, was Gerechtigkeit ist. Für die Dinge, aus denen sich der Gesetzgeber raushält, obliegt es den Individuen "Gerechtigkeit" und damit auch Ungerechtigkeiten zu identifizieren.

Gerecht ist das, wenn jeder bekommt was er benötigt!
Muss nicht unbedingt das gleiche sein!
Wenn man einem Bettler und einem Millionär gerecht Geld verteilen muss , dann ist es nicht gerecht, wenn man beiden das gleiche gibt!
An dem bespiel erkennt man, dass gerecht nicht unbedingt das selbe sein muss, sonder einfach das ist, was man benötigt! :)


Patrickhennes  29.07.2021, 02:31

Ubd was wenn der Millionär Mehrwert schafft und der Penner ein soziales schwarzes Loch ist..m

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Wen der Lehrer dich beurteilt und ein mangelhaft verpasst, dann ist das gerecht. Wenn du den Lehrer beurteilst und ihm ein mangelhaft gibst, dann ist das ungerecht.