Was ist eine universelle Eigenschaft?

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Sinn einer universellen Eigenschaft ist es, etwas abstrakt zu definieren. Beim Tensorprodukt beispielsweise. Man möchte Einen Vektorraum oder einen Modul haben, der eine ganz bestimmte Eigenschaft hat - nämlich die universelle Eigenschaft. Anstatt nun diesen Vektorraum oder Modul konkret anzugeben, sagt man einfach, jeder Vektorraum/Modul der diese universelle Eigenschaft erfüllt heißt halt Tensorprodukt. Anschließend gibt man einmal konkret an, dass es so einen Vektorraum/Modul auch gibt (Existenzbeweis). Anschließend kann man aber mit dem Tensorprodukt arbeiten, in dem man einfach nur die universelle Eigenschaft anwendet. Man muss nicht genau verstehen, was das konkret ist, man muss einfach nur wissen, dass es diese universelle Eigenschaft erfüllt, daraus ergeben sich dann alle Dinge, die man über das Tensorprodukt wissen muss. Alle Vektorräume/Moduln die dann die universelle Eigenschaft erfüllen sind isomorph, daher kann man einfach von dem Tensorprodukt reden und abstrakt die universelle Eigenschaft anwenden.

Und so ist eben der allgemeine Sinn von universellen Eigenschaften.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Habe ich studiert.

kreisfoermig  06.08.2018, 08:45

Du hast die universelle Eigenschaft bzgl. universeller Eigenschaft definiert, ohne diese näher zu legen.

SarieI  06.08.2018, 14:28
@kreisfoermig

Tut mir leid, aber ich verstehe nicht genau, was du sagen möchtest. Magst du vielleicht näher erläutern, was das Problem in meiner Antwort ist?
In unserer Linearen Algebra Vorlesung ist das Tensorprodukt von V und W als K-VR eben definiert worden, als ein Paar (T,t) aus einer multilinearen Abb. t:VxW -> T und einem K-VR T, so dass die universelle Eigenschaft des Tensorprodukts erfüllt wird. Und diese Eigenschaft ist (nach unserem Skript) eben, dass es für jeden K-VR Z und jede bilineare Abb. f:VxW -> Z es genau eine lin. Abb. g:T -> Z gibt, so dass das eine Diagramm, bei dem ich nicht weiß, wie ich es hier darstellen soll (aber ich denke, du weißt welches ich meine), kommutiert.

Was genau ist an dieser Antwort falsch, oder nicht gut?

Kingworld 
Beitragsersteller
 05.08.2018, 22:43

Was wäre denn die universelle Eigenschaft bei Tensoren ? Irgendwie kann ich mir darunter nichts vorstellen. Ist diese universelle Eigenschaft für Tensoren einfach nur die Tatsache, dass es für jedes Tensorprodukt eine bilineare Abbildung und genau eine lineare Abbildung gibt, sodass dieses Diagramm kommutiert ?

SarieI  05.08.2018, 23:00
@Kingworld

Ich glaube du meinst das richtige, ist aber halt sehr schwammig angegeben, daher hier mal ausführlicher.

Jetzt mal für Vektorräume:

Sei K ein Körper, seien V, W, T K-Vektorräume. Sei t:VxW -> T eine bilineare Abbildung. Dann heißt das Paar(T, t) das Tensorprodukt von V und W, wenn es folgende universelle Eigenschaft erfüllt:

Für JEDEN K-Vektorraum L und JEDE bilineare Abbildung f:VxW -> L existiert genau eine lineare Abbildung g: T -> L, so dass das Diagramm was du nennst, kommutiert
(das bedeutet es gilt für v aus V und w aus W: f(v,w) = g(t(v,w)).

Das ist also die universelle Eigenschaft. Einfach diese Definiton, nichts weiter. Und so definiert man das Tensorprodukt, ohne das Tensorprodukt explizit anzugeben. Anschließend kann man noch einmal zeigen, dass es immer ein Tensorprodukt gibt, und dass das Tensorprodukt von V und W bis auf Isomorphie eindeutig bestimmt ist. Und dann kann man einfach mit dem Tensorprodukt von V und W rechnen und dabei einfach nur diese universelle Eigenschaft anwenden.

Beispielsaufgabe:

Zeigen Sie: Es existiert genau eine lineare Abbildung g:IR^2 (x) IR^2 -> IR mit g(v(x)w) = v*w^tr
Hier soll (x) das Symbol für das Tensorprodukt sein.

Lösung: Konstruiere f:IR^2xIR^2 -> IR mit (v,w) -> v*w^tr und zeige, dass die Abbildung f bilinear ist. Und nun gibt es nach der universellen Eigenschaft des Tensorprodukts genau eine lineare Abbildung g:IR^2 (x) IR^2 -> IR mit g(v(x)w) = v*w^tr. Und somit ist die Aufgabe gelöst.

Analog (oder verallgemeinert) geht das ganze auch für Moduln, falls ihr Moduln behandelt. Dann betrachtet man halt keine K-Vektorräume sondern R ist ein Ring und man betrachtet R-Moduln.

kreisfoermig  06.08.2018, 09:01
@Kingworld

Die EIGENSCHAFT (nicht universelle) für TP ist folgende: Seien U1, U2, …, Un Vektorräume (eigentlich kann man dies für unendlich/beliebig viele VR machen). Sei W ein Objekt in der Kategorie VR. Betrachte eine Abbildung

 t : U1 x U2 x … x Un ⟶ W

Dann haben (⟨U1, U2, …, Un⟩, t, W) die TP-Eigenschaft, wenn

  • t multilinear ist, d. h. t(…,α·ui+vi,…) = α·t(…,ui,…) + t(…,vi,…);
  • und wenn wir stattdessen in der Kategorie der *-Algebren arbeiten, verlangen wir auch t(…,ui*,…) = t(…,ui,…)*.

„DAS“ Tensorprodukt ist eben ein solches Tupel

(⟨U1, U2, …, Un⟩, t₀, W₀),

mit das universell ist bzgl. der TP-Eigenschaft. D. h. es genügt der TP-Eigenschaft und für alle (⟨U1, U2, …, Un⟩, t, W) mit der TP-Eigenschaft, existiert ein eindeutiger Homomorphismus ƒ : W₀ ⟶ W in der Kategorie VR (oder evtl. in der Kategorie der *-Algebren), so dass

ƒ(t₀(u1,u2,…,un)) = t(u1,u2,…,un).

Wegen Eindeutigkeit bis auf Isomomorphismus (siehe Post oben) schreiben wir nicht ohne Grund W₀ als U1⊗U2⊗ …⊗Un und t₀  als die Operation ⊗.

Dies ist was „das“ TP erfüllen soll, liefert aber längst keine konkrete Darstellung dafür, noch besagt dies, ob eines überhaupt existiert. Um beides zu erledigen gibt es traditionell zwei Konstruktionen. Die eine ist allgemein gültig (d. h. für beliebig große Tensorprodukte) un die andere nur für endliche Tensorprodukte anwendbar, jedoch viel anschaulicher.

Motivation: du betrachtest eine (topologische/metrische/algebraische/…) Vervollständigung eines Raums… machst dir aber Sorgen, ob die spezifische Darstellung eine Rolle spielt. Vielleicht benutzt du in einem Beweis eine Konstruktion, und in einem anderen eine andere, und machst dir Sorgen, ob die Aussagen der Beweise kompatible sind—sprich, bei beiden Konstruktionen gelten.

Auftritt: universelle Objekte…

Unter universellen Eigenschaft versteht man Folgendes

seien X, Y Objekte in einer Kategorie und f ein Pfeil (Morphismus) von X nach Y. Dann ist dies universell gdw. für alle Morphismen g : X —> Z in derselben Kategorie ein Homomorphismus h : Y —> Z so dass das Diagramm kommutiert.

Beobachtung: betrachte den Fall g=f und Z=Y. Dann wegen Eindeutigkeit muss die Fortsetzung die Identität auf Y sein.

Folgerung: sei f‘ : X —> Y‘ auch universell. Dann wegen der univ. Eigenschaft von Y und Y‘ exisitieren h : Y —> Y‘ und h‘ : Y‘ —> Y mit h f = f‘ und h‘ f‘ = h. Es folgt dass h‘h : Y —> Y und hh‘ : Y‘ —> Y‘  Morphismen sind mit (h‘h)f = h‘(hf) = h‘f‘ = h und (hh‘)f‘ = h(h‘f‘) = hf = h‘. Wegen der o.s. Beobachtung folgt hieraus, dass h‘h = id_Y und hh‘ = id_Y‘. Darum sind h, h‘ Isomorphismen zwischen Y und Y‘.

D. h. X hat bis auf Isomorphismus höchstens 1 universelles Objekt, und zw. je 2 univ. Objekten ist das Isomorphismus sogar eindeutig.

DAS ist extrem nützlich! Es bedeutet bzgl. der Kategorienbrille ich mir gar keine Sorgen machen muss, mit welcher konkreten Darstellung eines univ. Objekts arbeite: das gilt mal bei dem kleinsten Körper, der IN enthält (auch als die rationalen Zahlen bekannt), bei dem kleinsten Dedekind vollständigen Körper, der die rationalen Zahlen enthält, beim „der“ Vervollständigung eines metrischen Raums, usw.