Was ist ein Beispiel für das Naturrecht?

8 Antworten

Das ist schwer.
Wenn ich es richtig verstehe, steckt hinter demBegriff die Beobachtung, dass das tatsächliche Recht irgendwie immer ungerecht ist und Mängel hat.

Daher sehnt man sich nach einem Rechtsprinzip, das wirklich gerecht ist, und dass es irgendwo ganz natürlich und unabhängig von konkreten Menschen muss.

Das ist aber wiederum eine Utopie, die nirgendwo wirklich realisierbar ist.

Darum wird im Grunde immer das als Naturrecht bezeichnet, was jemand für wichtig und richtig hält.

Ist jemand stark, hat er viel Macht und vertritt vielleicht als Naturrecht das Recht des Stärkeren. (So wie es auch in der Antike geschehen ist, wo man z.B. daraus ableiten konnte, dass es halt starke Männer und schwache Frauen geben muss und Herren und Sklaven.)

Ist jemand der Auffassung, dass auch der Schwache dieselben Rechte haben soll wie ein Starker, vertritt er als Naturrecht die allgemeinen Menschenrechte.

Man will also mit dem Naturrecht die Willkür eines jeden menschlichen Rechts eindämmen. Da aber niemand direkten Zugang zum "natürlichen Recht" hat, sondern dieses immer wieder interpretiert werden muss, sind die Beispiele abhängig von denen, die da interpretieren. Und darum wird es keine guten verbindlichen Beispiele geben können. Sondern immer nur Beispiele, die ein anderer mit dessen Rechtsauffassung wieder bestreitet.

Naturrecht erscheint mir als ein schöner Versuch, ein absolutes Recht zu finden, der wie die Quadratur des Kreises zum Scheitern verurteilt ist.

In der christlichen Kirchengeschichte hat man diese Problem dadurch zu lösen versucht, dass man dieses Naturrecht an Christus knüpft und von daher ableiten kann. Da aber niemand kausal Zugriff auf Christus hat, bleibt das Interpretationsproplem. Auch ein netter Versuch, ebenfalls gescheitert.
Wenn diese Versuche immer wieder scheitern, ist es schwer, gute Beispiele zu finden.

Ich schaue mir z.B. https://naturrecht.ch/das-naturrecht-als-grundlage-fuer-ein-friedliches-und-gerechtes-zusammenleben-der-menschen/ an: Da kann man das Scheitern bei Nachlesen hübsch nachvollziehen.


Beispiel:

Positives Gesetz sagt: Reiseverbot ohne Impfpass (widerspricht Nürnberg Kodex im Zusammenhang mit covid)...

Natürliches Gesetz sagt: Der Mensch ist frei sich zu bewegen und hat das Recht darauf zu reisen.

Zuerst steht das natürliche Gesetz

Dann kommt der Mensch

Danach die Regierung die der Mensch ins Leben gerufen hat.

Das Naturrecht ist eine Art Widerstandsrecht gegen ungerechte Gesetze. Besonders im 3. Reich konnten sich die Menschen auf ein natürliches Widerstandsrecht gegen die Gesetze berufen.

https://www.deutschlandfunkkultur.de/wenn-gesetz-und-gerechtigkeit-kollidieren.1005.de.html?dram:article_id=224026

>Das Beispiel des Dritten Reichs zeigt, wie Gesetze zu menschenverachtenden Zwecken missbraucht wurden. Dennoch haben die meisten Juristen in jener Zeit nicht rebelliert, sondern das nationalsozialistische Regime mitgetragen und auch dessen Unrechtsgesetze ausgeführt.
In der frühen Bundesrepublik kam es aufgrund dieser Erfahrung zumindest in Teilen der Rechtswissenschaft zu einem Umdenken: Sturer Gesetzesvollzug ohne Rücksicht auf die Inhalte der Gesetze galt nun als der eigentliche Fehler des Juristenstandes. „Gesetz ist Gesetz, Befehl ist Befehl“, diese Auffassung wurde mit der Denkschule des Rechtspositivismus in Verbindung gebracht.
Dem Rechtspositivismus stellte man nun das Naturrechtsdenken gegenüber. Ihm zufolge sollten Gesetze stets mit höherrangigem Naturrecht abgeglichen werden, das von der Vernunft oder der Natur vorgegeben sei. Tatsächlich kam es denn auch zu einer Renaissance des Naturrechts, was sich gerade in der frühen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs niederschlug.
Berühmt wurde vor allem die Radbruch'sche Formel, die der Rechtsphilosoph und ehemalige Reichsjustizminister der Weimarer Republik, Gustav Radbruch, 1946 prägte. Es sei stets zu fragen, ob „der Widerspruch des positiven Gesetzes zur Gerechtigkeit ein so unerträgliches Maß“ erreiche, „dass das Gesetz als ,unrichtiges Recht‘ der Gerechtigkeit zu weichen“ habe. Diese Formel wurde im bundesrepublikanischen Denken derart einflussreich, dass mit ihrer Hilfe noch in den 90er-Jahren die Mauerschützenprozesse entschieden wurden. 

In unserem Staat wäre z.B. das natürliche Recht von Geschwistern zu nennen, miteinander Geschlechtsverkehr zu haben, sofern dies beide wollen. Der Staat verbietet dies zwar noch immer in Deutschland, aber sein Verbot verstößt gegen das Naturrecht.

Naturrecht? Gibt es nicht. Die Natur ist die Natur sie gibt den Lebenszyklus vor.

Recht auf Leben. Recht auf Freiheit. Recht auf Eigentum.


ThanatosBell  22.11.2019, 16:50

"Recht auf Eigentum."

Ist unvorsichtig gewählt, finde ich. Man hat nicht universell Recht auf Eigentum, sondern das Recht darauf, dass das eigene Eigentum auch das eigene bleibt.

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NewKemroy  22.11.2019, 16:58
@ThanatosBell

Das Recht auf Eigentum wird kritisch gesehen und bedarf der Auslegung, sicher. Aber es zählt im Allgemeinen dazu.

Den gleichen Einwand kannst du bei dem Punkt Freiheit führen.

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ThanatosBell  22.11.2019, 17:01
@NewKemroy

Zum ersten Absatz ja, zum zweiten Nein.

Freiheit hat man von Anfang an, damit hast du ein Recht darauf. Beim Eigentum ist es nicht so. Du hast nicht zwingend von Anfang an Eigentum und auch kein Recht darauf, Eigentum zu besitzen. Du hast aber das Recht darauf, dein Eigentum - solltest du welches haben - zu behalten.

Zumindest wäre das meine Auslegung.

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NewKemroy  22.11.2019, 17:22
@ThanatosBell

Inspiriert von schoschi06 sag ich mal: Jeder hat von Anfang an Urin. Willst du mir absprechen, dass dieser mein Eigentum ist?

Und von der individuellen Freiheit, weiß man, dass sie dort endet, wo sie die Freiheit anderer einschränkt, oder?

Eigentumsfähigkeit spricht man z.B. Flüssen und fließendem Grundwasser ab.

Auch gewisse Teilaspekte des Eigentums an Boden werden zunehmend kritisch gesehen.

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ThanatosBell  22.11.2019, 17:31
@NewKemroy

Ich würde den Urin als Teil des Körpers betrachten und den eigenen Körper würde ich nicht unbedingt als Eigentum sehen. Wenn man den eigenen Körper aber so definiert, dann hat man von Anfang an Eigentum, ja.

Ja, das mit der Freiheit ist klar. Aber hätte ich angefangen, Kriterien aufzulisten, hätte das noch eine ganze Ecke länger werden können. Natürlich treffe ich hier Pauschalaussagen.

Ich habe auch nicht gesagt, dass man alles Besitzen kann. Und wenn es auf andere Art meinem Punkt widerspricht, könntest du es noch mal ausführlicher erläutern?

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NewKemroy  22.11.2019, 18:22
@ThanatosBell

Ich hab jetzt keine Widersprüche im Kopf. Ich hatte das mit Flüssen und Boden nur gesagt, weil ich es persönlich sehr interessant finde. Also quasi ein Ding was mir besonders ins Auge stach bei früheren Beschäftigungen dieser Art.

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ThanatosBell  22.11.2019, 19:21
@NewKemroy

Ah, verstehe.

Ja, es ist interessant. Und auch nicht ganz unlogisch, zumindest was die Flüsse angeht.

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