Was ist der Unterschied zwischen Hermeneutik und Exegese?
Im Zusammenhang mit biblischen Auslegungen begegnen einem häufig die Begriffe Hermeneutik und Exegese. Wodurch unterscheiden sie sich und wie verhalten sie sich zueinander?
2 Antworten
Hermeneutik ist die Methode (Regelwerk für die Textinterpretation) der Textauslegung (Exegese).
Die Exegese ist also die eigentliche Auslegung, die Praxis. Hermeneutik beschreibt die Methode bzw das Schriftverständnis dahinter.
Schon Kirchenväter wie Origenes und Augustinus entwickelten eine differenzierte Methodik, wie biblische Texte verstanden werden könnten.
Biblische Exegese bezeichnet die konkrete Auslegung eines bestimmten biblischen Textes, Hermeneutik dagegen beleuchtet die Voraussetzungen und Ziele der Auslegung.
Die beiden verhalten sich ähnlich wie Sprache und Grammatik.
So kommt man mit unterschiedlichen Methoden zu unterschiedlichen Auslegungen:
Wenn Philippus im obigen Beispiel dem Kämmerer den Text erklärt, betreibt er Exegese; dabei hat seine Erklärung eine bestimmte Hermeneutik zur Grundlage: Ein alttestamentliches Prophetenwort ist für ihn von Christus her zu verstehen. Ein rabbinischer Jude sähe das anders und würde daher den Text anders auslegen.
Mit unterschiedlichem Schriftverständnis zu unterschiedlichen Auslegungen:
- Befreiungstheologisches Schriftverständnis
- Dialektisch-theologisches Schriftverständnis
- Evangelikales Schriftverständnis
- Existenzialistisches Schriftverständnis
- Feministisches Schriftverständnis
- Fundamentalistisches Schriftverständnis
- Lectio divina (vierfacher Schriftsinn)
- Sozialgeschichtliches Schriftverständnis
- (Tiefen)psychologisches Schriftverständnis
Hermeneutik ist die Lehre der Exegesen.
Verhält sich so wie Ethik zu Moral
Man könnte es auch so ausdrücken: Exegese ist die konkrete Auslegung eines Textes, die Hermeneutik beleuchtet die Voraussetzungen und Ziele einer Auslegung.