Was denkt jemand der niemals eine Sprache hörte?

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Ähnliches wurde schon vor langer Zeit versucht:

Bei seinem Experiment wollte Friedrich II. feststellen, welche Sprache Kinder entwickeln, wenn sie ohne Ansprache und Zuneigung aufwachsen. Über den genauen Hergang des Experiments ist wenig bekannt. Das Ergebnis seines Experiments war allerdings niederschmetternd: Alle Kinder starben, wohl auf Grund fehlender sensorischer Stimulation. Er schrieb dazu: »Sie vermochten nicht zu leben ohne das Händepatschen und das fröhliche Gesichterschneiden und die Koseworte ihrer Ammen.«
Ein ähnliches Experiment hatte übrigens schon vor rund 2500 Jahren der ägyptische König Psammetich I. durchgeführt. Er setzte zwei neugeborene Kinder bei einem Ziegenhirten in der Wildnis aus, um die menschliche Ursprache zu erforschen. Der Ziegenhirte durfte mit den Kindern natürlich kein Wort reden, so waren deren einzige »Ansprechpartner« die Ziegen. Nach zwei Jahren war das einzige Wort, das die Kinder sprachen »bek bek« - eine Nachahmung des Meckerns der Ziegen.

https://www.wissen.de/welche-sprachexperimente-machte-friedrich-ii-mit-kindern

Kinder müssen intensiv mit anderen Menschen interagieren, sonst können sie sich nicht normal entwickeln:

https://www.deutschlandfunk.de/studie-ueber-rumaenische-heimkinder-psychologin-gehirne-100.html

Sprache zeichnet sich durch Bezüge aus, d.h. man hat sich und (abstrakten) Objekten einen Namen gegeben. In einem weißen Raum gäbe es keine Bezugspunkte, höchstens der Raum selbst. Ich denke, es liegt in der Natur des Menschen, in einer Sprache zu denken, um zB Gefühle oder Bedürfnisse auszudrücken. Wahrscheinlich wird er sich seine eigene Sprache basteln, die aber nicht diese Komplexität hätte wie unsere.


Lebenskritik440 
Beitragsersteller
 02.10.2023, 23:30

Aber wie du sagst formt sich die Komplexität der Sprache durch die Komplexität der Umgebung, aber in einem weißen unendlichen Raum ist ja gar nichts gegeben. Müsste das dann bedeuten, dass die Sprache sich dann nicht bilden würde?

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Hearties  02.10.2023, 23:37
@Lebenskritik440

Das wäre wahrscheinlich! Sein Vokabular wäre beschränkt, weil er gar nicht so viele Wörter braucht, um seinen Raum zu beschreiben. Dazu hat er kein sprachliches Gerüst, das ihm vorgelebt oder beigebracht wird. Es wäre demnach fraglich, ob er überhaupt seine Stimme benutzt oder sich mit Handzeichen bedient. Er kann sich nämlich mit niemanden unterhalten, was das Kernstück von Sprache ist, nämlich Kommunikation. Nichtsdestotrotz sieht man in anderen Sprachen, dass es Begriffe für Phänomene gibt, die es im Deutschen nicht gibt (zB serendipity). Dementsprechend kann es sein, dass er sich Wörter ausdenkt, die von ihrer einzigartigen Bedeutung her nicht im Deutschen existieren.

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Diese Person würde so gut wie nichts denken. Sie würde eher nur reagieren. Also braucht es Reize, Veränderungen.

Könnte mir vorstellen, dass so ein Mensch der keinerlei Bezugspunkte hat, auch keine Sprache im eigentlichen Sinne entwickeln würde.

Er könnte zwar Laute von sich geben, z. B. wenn er einen Schmerz verspürt. Was so ein Mensch denken würde, können wir nicht wissen, weil er sich uns nicht mitteilen könnte. Er hat ja nie etwas erlebt, um darauf reagieren zu können.

Ich denke, dass so ein Mensch ähnlich wie ein Tier, sich dem Instinkt gehorchend, verhalten wird.

Ich denke, dass er ganz normal denken würde. Zum denken braucht man keine Sprache


Bowtruckle111  02.10.2023, 23:26

Er lebt ja aber in einem weißen Raum... Dann kann er sich ja nicht einmal in Bildern ausdrücken, höchstens in Nachklängen von Gefühlen, oder nicht?

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Lebenskritik440 
Beitragsersteller
 02.10.2023, 23:25

Wie würde ganz normal definiert werden? Also die Person hat ja nichts gesehen um darüber nachdenken zu können?

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