Was bedeutet die Aussage von Jean-Paul Sartres "Der Mensch ist dazu verurteilt, frei zu sein"?

3 Antworten

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Jean-Paul Sartre war Existenzialist. Seine Philosophie beruht auf der Annahme, dass es keinen Gott gibt.

Dann sind wir in so weit zur Freiheit verurteilt, als dass wir für unser eigenes Handeln verantwortlich sind und damit auch eine Verantwortung gegenüber allen anderen mit unserem Handeln, unseren Wertvorstellungen, unserer Moral,... haben. Diese doppelte Verantwortung führt dann zu einer gewissen Überforderung und Angst und dementsprechend sind wir zur Freiheit verurteilt.

Das ist soweit die Kurzform.

Gruß Kevidiffel

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Intensive Recherche über mehr als 11 Jahre

iQPlawopf 
Beitragsersteller
 01.11.2018, 00:45

Ein Dankeschön für Deine Antwort auf meine gestellte Frage.

Zumindest glaube ich , das ich es richtig verstanden habe, was Du mir in Deiner Kurzform sagen willst.

Die Freiheit des Menschen befiehlt uns, uns selbst zu definieren, etwas aus uns zu machen und der Mensch sei auch nichts anderes als das, wozu er sich selber macht.

Wir selbst müssen den Sinn für unser eigenes Leben schaffen und sind auch für alles verantwortlich, WAS WIR TUN.

Ganz sicher sagt die Antwort von "Albrecht, unter Dir" ähnliches aus, aber diese lange Antwort erschlägt einen förmlich.

Kevidiffel  05.11.2018, 22:49
@iQPlawopf

Entschuldige, dass ich bisher noch nicht reagiert habe!

Danke erstmal für den Stern!

Zumindest glaube ich , das ich es richtig verstanden habe, was Du mir in Deiner Kurzform sagen willst.

Jean-Paul Sartre ist ein sehr interessantes Thema und ich empfehle nicht einfach bei der Kurzform zu bleiben!

Die Freiheit des Menschen befiehlt uns, uns selbst zu definieren, etwas aus uns zu machen und der Mensch sei auch nichts anderes als das, wozu er sich selber macht.

Das ist soweit schon mal richtig.

Wir selbst müssen den Sinn für unser eigenes Leben schaffen und sind auch für alles verantwortlich, WAS WIR TUN.

Richtig, denn wenn es keinen Gott gibt, der uns in die Wiege legt, wie wir handeln (werden), kommen unsere Handlungen von uns.

Was jetzt eben noch wichtig ist, ist diese doppelte Verantwortung und damit das entstehende Gefühl von "Angst".

Gruß Kevidiffel

Philosophieren wir darüber..

man ist verurteilt frei zu sein.. also ob du es willst oder nicht wirst du sterben um dann frei sein zu können. Denn wir sind nicht frei, wir werden immer konditioniert.


Kevidiffel  30.10.2018, 23:47

Das ist nicht das, was Sartre meinte...

zur These

Die Aussage „Der Mensch ist zur Freiheit verurteilt („L'homme est condamné à être libre.“) weist auf eine für den Menschen bestehende Unausweichlichkeit hin, eine Wahl zu treffen.

Die These, Freiheit gebe nur in der Situation und die Situation nur in der Freiheit, ist nachvollziehbar, wenn überlegt wird, wie sie von Jean-Paul Sartre gemeint ist.

Der Ausdruck „nur in der Situation“ kann den Eindruck erwecken, Freiheit habe nach Auffassung von Sartre wenig Reichweite, was aber eine irrige Folgerung wäre.

Eine Situation ist die Lage/der Platz, in der/an dem sich Menschen befinden, wobei eine Umgebung mit Umständen/Bedingungen gegeben ist, also eine Faktizität Grenze von Freiheit ist. Die Situation bedeutet Auseinandersetzung mit den Umständen/Bedingungen. Die Menschen müssen eine Einstellung zu der Situation einnehmen, wie immer sie sich verhalten (die Situation anerkennen, leugnen, hinnehmen, sich ihr widersetzen, sie überschreiten oder noch anders mit ihr umgehen). Es handelt sich insofern um eine relative Freiheit, als Sartre zwar eine offene Zukunft zugrundelegt, aber eine Einschränkung der Freiheit durch Umstände/Bedingungen annimmt.

Die These bezieht sich auf empirische Freiheit in der Praxis des Lebensvollzugs. In diesem Bezug genommen ist die These richtig.

Die Auffassung, die Situation gebe es nur in der Freiheit, bedeutet die Unmöglichkeit, daß ein Mensch ist und nicht (in einem bestimmten grundsätzlichen Sinn) frei ist. In der Situation steckt, sich Umständen/Bedingungen auseinandersetzen und eine Wahl treffen zu müssen. Auch wenn die Handlungsfreiheit äußerst stark eingeschränkt, hat ein Mensch immer die Wahl, welche Einstellung zur Faktizität er einnimmt, und kann versuchen, sich gegen die gegenwärtigen Gegebenheiten aufzulehnen.

Die These stimmt, wenn es zutrifft, daß Willensfreiheit (eine Person ist in ihrem Wollen/ihrer Willensbildung frei) existiert. Das Thema ist umstritten, aber nach meiner Einschätzung kann die Auffassung der Existenz von Willensfreiheit (wobei diese mit dem Vorhandensein von Einflüssen vereinbar ist) mit guten Begründungen vertreten werden. Zweifelhaft ist, ob die von Sartre vorgelegte Argumentation für die Existenz von Willensfreiheit schon allein ausreichend ist. Sartre bezieht sich vor allem auf das Bewußtsein und die Differenz der Seinsweisen des An-sich und des Für-sich, wobei im Für-sich eine Nichtung steckt, eine verneinende Distanzierung von etwas Gegebenen.

existentialistischer Ansatz von Jean-Paul Sartre

Jean-Paul Sartre vertritt als einen wichtigen Grundsatz seines Existenzialismus die Aussage: Die Existenz geht der Essenz voraus.

Die Existenz ist das Dasein. Dies wird auf das Dasein eines Menschen als Individuum mit seiner Subjektivität bezogen. Bei der üblichen Reihenfolge geht die Essenz der Existenz voraus. Nach Auffassung von Sartre ist die Reihenfolge umgekehrt. Die Existenz (die Tatsache, dazusein) der Menschen geht ihrer Essenz (dem Wesen; als das, was der Mensch ist) voraus. Daher müssen sie sich durch ihr Handeln in einem Entwurf immer wieder erschaffen. Sartre hält den Menschen für undefinierbar. Es gibt kein fest bestehendes Wesen des Menschen (als Gattungswesen), keine allgemeine Natur des Menschen, sondern der Mensch ist, was er aus sich macht. Der Menschen existiert zuerst, begegnet sich in seinem Dasein, tritt in die Welt ein und taucht in ihr auf und definiert sich danach. Der Mensch überschreitet ständig seine gegenwärtige tatsächliche Situation, in der er sich befindet (Ist-Zustand), mit einem Entwurf für die Zukunft, an dem er sein Handeln ausrichtet. Insofern erfindet sich der Mensch immer wieder neu. Der Mensch existiert in dem Ausmaß, in dem er sich verwirklicht und ist nichts anderes als sein Leben, die Gesamtheit aller Handlungen. Er muß seine Existenz in einem freigewählten Entwurf wählen und ist zur Freiheit verurteilt. Der Existenzialismus nimmt - in Entgegensetzung zu bestimmten metaphysischen und religiösen Ansätzen - keinen vorgegebenen Sinn des Lebens und keine festen Wesenheiten an, will aber dennoch zu einer Essenz (die nicht einfach nur subjektiv sein kann) kommen.

Das Leben hat nach Meinung Sartres an sich keinen Sinn und die Menschen sind äußeren Zufällen ausgeliefert. Aber sie tragen eine totale Verantwortung für ihre Existenz. Sie besteht darin, das Gegebene auf sich zu nehmen und gleichzeitig zu überschreiten. Menschen können sich über ihre jeweilige Lage hinaus entwerfen, auch wenn sie dabei scheitern. Freiheit ist die kleine Bewegung in einem selbst ausgedachten Entwurf über die eigenen Bedingtheiten hinaus.

Sartre vertritt eine Selbstwahl. Sie besteht darin, daß der Mensch einen Entwurf von sich selbst in eine offene Zukunft hat. Da nach Sartres Auffassung der Mensch kein festes Wesen hat, gibt es kein vorgegebenes Selbst. Grundbedingung des menschlichen Daseins ist, mit einem Entwurf eine Wahl zu treffen.

Verurteilung des Menschen, frei zu sein

Jean-Paul Sartre, L'existentialisme est un humanisme („Der Existenzialismus ist ein Humanismus“), erklärt: „der Mensch ist dazu verurteilt, frei zu sein. Verurteilt, weil er sich nicht selbst erschaffen hat, und dennoch frei, weil er, einmal in die Welt geworfen, für all das verantwortlich ist, was er tut.“

Der Mensch findet sich in das Dasein geworfen vor. Dies ist keine von ihm selbst geschaffene, seiner Verfügungsgewalt unterstehende Gegebenheit. Die Notwendigkeit, allgemein in seinem Verhalten in einer Situation eine Wahl treffen zu müssen, ist ihm vorgegeben, insofern besteht ein Verurteiltsein. Zugleich ist der Menschen frei und trägt daher Verantwortung für seine Entscheidungen und Handlungen.

Dieser Freiheit kann sich ein Mensch nicht entziehen. Sogar eine Entscheidung, sich nicht zu entscheiden, wäre eine Entscheidung und ein Umgang mit Freiheit. Der Mensch kann sich also nicht aussuchen, ob er in diesem grundsätzlichen Sinn frei ist oder nicht. Er kann diese Freiheit nicht (z. B. weil er sie als Belastung empfindet) loswerden.


iQPlawopf 
Beitragsersteller
 01.11.2018, 00:49

Das ist garantiert eine recht gute Antwort von Dir, aber der viele und lange Text, verwirrt einen eher, als das man den Inhalt verarbeiten kann.

Doch trotzdem Danke für Deine Mühe.

iQPlawopf 
Beitragsersteller
 02.11.2018, 10:35
@iQPlawopf

Noch zu Deinem doch eher unberechtigten Vorwurf "Ich hätte dazu schreiben sollen, das ich zu faul wäre so viel lesen zu müssen." Das hat ja wohl nichts mit Faulheit zu tun, als ich das erwähnte.

Mir ging es lediglich darum, eine Antwort auf meine Frage zu erhalten, die auch mir als Laien anschließend verständlich ist, da ja nicht jeder ein " EXPERTE in PHILOSOPHIE" sein kann.

Albrecht  03.11.2018, 03:10
@iQPlawopf

Ich weise die ungerechte Bewertung meiner Antwort zurück.

iQPlawopf 
Beitragsersteller
 03.11.2018, 07:52
@Albrecht

Ich glaube, das wir das Thema hier beenden sollten.

Von ungerechter Bewertung Dir gegenüber war nie die Rede, ich habe Dir nur meine Ansicht darlegen wollen, und wenn Du das anders siehst und verstehst, dann tut mir das leid. Auf weitere Kommentare von Dir kann ich jetzt wirklich gerne verzichten.