Warum werden Jungen nicht schon mit tiefen Stimmen geboren?

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Warum Jungen nicht mit einer tiefen Stimme geboren werden, hat proximat einen recht simplen Grund: ihre Stimmbänder sind noch kurz, da der Kehlkopf ziemlich weit oben liegt. Je kürzer die Stimmbänder sind, umso schneller schwingen sie und umso höher ist der Ton. Das ist vergleichbar mit den Saiten einer Violine, die sind auch kurz, daher ist der Ton höher. Ein Kontrabass hat viel längere Saiten, deshalb klingt es viel tiefer. In der Pubertät ändern sich die Längenverhältnisse der Stimmbänder. Physiologisch "wandert" der Kehlkopf tiefer, die Stimmlippen werden dadurch länger. Das betrifft nicht nur die Männer, auch bei Frauen werden die Stimmbänder in der Pubertät länger und die Stimme daher dunkler. Weil der Kehlkopf bei den Männern aber tiefer verlagert wird als bei den Frauen (er ist dann als Adamsapfel sichtbar), sind die Stimmen der Frauen nach dem Stimmbruch nur etwa eine kleine Terz tiefer, bei Männern etwa eine Oktave.

Man kann aber auch nach den ultimaten Ursachen fragen, also danach, worin der Anpassungswert einer hohen Knabenstimme besteht. Auch hier ist der Grund recht einfach: eine hohe Stimme entspricht dem Kindchenschema. Wir erkennen daran, dass die Stimme zu einem Kind gehört, das schutzbedürftig ist. Aus genau dem gleichen Grund haben Kinder (und v. a. Babies) im Verhältnis zum Körper einen großen Kopf, kleine Gliedmaßen, riesengroße Augen, eine hohe Stirn und eine kleine Nase. Das Kindchenschema wirkt also als Schlüsselreiz, um bei den Erwachsenen das natürliche Brutfürsorgeverhalten auszulösen. Erwachsene brauchen den Schutz der Eltern nicht mehr, deshalb wachsen sie mit zunehmendem Alter aus dem Kindchenschema heraus. Auch die hohe Stimme brauchen sie als Erwachsene nicht mehr. Im Gegenteil, eine tiefere Stimme ist dann ein Zeichen auch für ihre körperliche Reife.

Nun kann man sich natürlich fragen, warum dann aber nicht bei beiden Geschlechtern die Stimme gleichermaßen tiefer wird. Proximat liegt die Ursache darin, dass die physiologische Verlagerung des Kehlkopfs v. a. durch das männliche Sexualhormon Testosteron ausgelöst wird. Männer haben davon mehr, deshalb wandert der Kehlkopf tiefer. Frauen haben weniger, deshalb rutscht der Kehlkopf auch nicht so tief. Früher war es v. a. in Italien üblich, Knaben noch vor Beginn der Pubertät zu kastrieren. Weil die Hoden Testosteron produzieren, bleibt der Stimmbruch dann aus. Einige dieser Kastraten wurden dann aufgrund ihrer hellen Stimme zu gefeierten Opern-Stars (früher wurden alle Rollen, auch die weiblichen, von Männern gespielt).
Und der ultimate Wert? Vermutlich liegt es einfach an der sexuellen Selektion. Eine tiefe Männerstimme wird von Frauen als besonders anziehend empfunden. Sie kann womöglich indirekt Rückschlüsse auf den Testosteronlevel des Mannes geben. Ein hoher Testosteronspiegel wiederum ist ein recht gutes Zeichen für die Tauglichkeit als Vater. Männer mit viel Testosteron sind beispielsweise oft risikobereiter und damit potentiell gute Beschützer der Familie. Sie treten auch dominanter auf, haben deshalb meist einen höheren sozialen Status und bessere Versorgerqualitäten.
Bei der Partnerinnenwahl stehen meist andere Faktoren im Vordergrund, so z. B. Eigenschaften, die mit Jugend in Verbindung gebracht werden wie z. B. eine glatte, haarlose Haut oder eben eine hohe Stimme. Warum? Weil Frauen, anders als Männer, nur in jungen Jahren Kinder kriegen können, nämlich nur bis zu ihren Wechseljahren. Und auch davor nimmt die Fruchtbarkeit der Frau mit jedem Jahr schon allmählich ab. Ein Mann war evolutionär betrachtet also gut beraten, sich eine Partnerin für den gemeinsamen Nachwuchs zu suchen, die auch mit hoher Wahrscheinlichkeit frucvhtbar war.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Biologiestudium, Universität Leipzig

Heiko27 
Beitragsersteller
 01.07.2021, 19:22

Das hast du gut erklärt :) In etwa denke ich so auch. Wobei ich manchmal auch schon richtige KINDER mit Männerstimme rumlaufen sehe. Die sehen so aus, als bräuchten sie selbst noch Schutz und haben schon tiefe Stimmen wie 16-jährige. Auch wenn es wirklich SEHR selten ist. Ich kenne da auch einige YouTuber, z.B.: https://www.youtube.com/watch?v=ZHZ60DjPnnY&t

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typisch männliche Merkmale entwickeln sich erst in der Pubertät, unter dem Einfluss männlicher Sexualhormone (Testosteron), die dann ausgeschüttet werden. Daher kommt der Stimmbruch auch erst in der Pubertät. LG


Heiko27 
Beitragsersteller
 27.06.2021, 15:58

Das ist mir schon klar. Aber welcher evolutionäre Grund steckt dahinter, dass die Natur Frauen und Kinder mit hohen Stimmen und NUR Männer mit tiefen Stimmen ausgestattet hat? Das war meine Frage.

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CliffBaxter  27.06.2021, 16:08
@Heiko27

Warum werden Jungen nicht schon mit tiefen Stimmen geboren?

das war deine Frage.

Nun, es ist ein typisch männliches Attribut. Deswegen haben es keine Kinder oder Frauen. Ähnlich wie breite Schultern oder einen kräftigen Körperbau, imposantes, Eindruck hinterlassendes Auftreten, um bei den Mädels zu punkten, sich zu behaupten, etc. LG

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Naja denke weil die Stimmbänder sich verändern 😂 .. ein Kleinkind redet anders als ein Jugendlicher und ein Senior redet anders als ein Jugendlicher

Möglicherweise um Mutter Instinkte zu wecken.

Baby schreien lässt Milch einschiessen und Beschützer Instinkt wach werden.

Der Grund ist schlicht und ergreifend physikalisch und nicht biologisch. Um tiefe Töne zu erzeugen, müssen die Stimmbänder eine bestimmte Größe und Form haben.


Heiko27 
Beitragsersteller
 27.06.2021, 15:49

Nicht unbedingt. Es gibt auch kleinwüchsige Erwachsene mit tiefen Stimmen!

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TMA01  27.06.2021, 15:50
@Heiko27

Ja. Und bei denen ist es genauso. Nur weil der REST des Körpers kleiner als durchschnittlich ist, gilt das nicht für die Stimmbänder.

Es gibt auch große Frauen mit tiefen Stimmen und große Männer mit hohen. Ausnahmen bestätigen die Regel.

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