Warum stört es mich, dass ein Arbeitskollege ein Geschenk ablehnte?

10 Antworten

Jedes Geschenk bedeutet, dass du etwas in das Geschenk investiert hast. Entweder Zeit oder Geld oder beides. Es wäre schon komisch, wärest du nicht enttäuscht, dass deine Mühe vergebens war oder wenigstens in geringem Maße wertgeschätzt wird.

Freundin war am Wochenende bei ihrer Nichte. Sie übergibt ihr (12 Jahre) das Geschenk. Die Oma sagt dreimal Danke, um das Kind darauf aufmerksam zu machen, dass man Danke sagt. Das Kind ist beschäftigt mit dem Geschenk. Beiläufig, ohne meiner Freundin in die Augen zu schauen, sagt sie Danke.

Das tut schon ein bisschen weh, aber wenigstens konnte sie mit dem Geschenk etwas anfangen. Sie hat es sich aber auch schließlich gewünscht.

Will nur sagen, dass diese Wertschätzung schon erwartet wird und meiner Meinung nach zurecht. Es handelt sich sogar um ein Beispiel für eine Situation, in der man ruhig ein bisschen beim Senden von Signalen übertreiben kann, also eine, in der die Wahrheit ein bisschen Übertreibung verkraften kann.


Darkrider280  01.07.2024, 08:21

Wobei das bei Kindern noch etwas anderes ist, finde ich. Es kommt nicht selten vor, dass man da das Danke vergisst über die Freude und die Neugierde über das Geschenk. Natürlich sollte es dann im Anschluss trotzdem ein Dankeschön geben.

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Suboptimierer  01.07.2024, 08:23
@Darkrider280

Das stimmt. 12 ist aber schon so ein grenzwertiges Alter, bei dem man fast schon sagen kann, dass wenn sie es bis dahin nicht gelernt hat, sich zu bedanken, es schwer werden wird, sich daran zu gewöhnen.
Es gibt 6jährige Kinder, die das gut hinbekommen. Das Alter ist keine Entschuldigung für alles.

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Darkrider280  01.07.2024, 08:28
@Suboptimierer

Ein Dankeschön sollte immer erfolgen. Da gebe ich Dir recht. Aber ich finde, dass man bei Kindern bezüglich des Zeitpunktes etwas "gnädiger" sein kann als bei Erwachsenen. Ich kenne es bspw. aus meiner Kindheit so, dass man an Geburtstagen oder Weihnachten erstmal alle Geschenke auspackte und sich dann bedankte.

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TimeosciIlator 
Beitragsersteller
 01.07.2024, 08:17

Ja das ist richtig.

Mich interessieren die Hintergründe. Das ist sicherlich eine hochpsychologische Angelegenheit. Warum ist ihm so etwas unangenehm? Vielleicht wegen den Kollegen aus seinem Arbeitsbereich, die das ja mitbekommen?

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Suboptimierer  01.07.2024, 08:21
@TimeosciIlator

Es dreht sich meistens um den einen Punkt, den wir alle gemeinsam haben: Wir alle möchten anerkannt werden.

Ein Geschenk abzuweisen ist so ähnlich wie würde man dich abweisen. So kann es sich jedenfalls anfühlen.

"Geschenk" suggeriert, dass es unidirektional ist. Ist es aber nicht, selbst wenn der Kollege dir nicht vorher einen Gefallen getan hätte.

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Geschenke ablehnen wird in manchen Kulturen gar nicht akzeptiert, als respektlos angesehen. Es ist im Prinzip wie eine Art Korb, wie abgelehnte Liebe. Ich habe das so beigebracht bekommen, dass man so etwas nicht macht. Man muss es aber auch nicht persönlich nehmen, wenn Menschen etwas ablehnen - dahinter stecken oft eigene Probleme, wie Ängste, Depressionen oder ein Versuch Distanz zu anderen zu schaffen, weil man Leute nicht so nah an sich heranlassen will.

Ich verstehe dich, muss aber auch sagen - in einem Land wie Deutschland, wo die Leute regelrecht dazu erzogen werden "geduckt und demütig und bescheiden" zu sein und Komplimente oder auch Geschenke nicht anzunehmen, tief zu stapeln, nicht zu den eigenen Talenten zu stehen und sich für ein Geschenk eher zu schämen als es anzuerkennen, egal ob ein Gottesgeschenk/Charisma oder Talent oder auch eine gewisse Gabe oder ein Dankeswort, verwundert es einen nicht. Wer seit seiner Kindheit gesagt bekommt, es sei nicht gut, Geschenke zu bekommen und man solle "nichts von Anderen nehmen, weil das wie Betteln ist", der beherzigt das dann halt auch später oder ist so verunsichert, dass er ein Präsent eher ablehnt.

Ich selbst bin sehr sparsam mit Geschenken aus genau diesem Grund, wobei man es den Leuten teilweise nie Recht machen kann. Es gibt viele, die sagen würden, man solle ihnen nichts schenken, die dann aber doch beleidigt sind, wenn tatsächlich kein Präsent kommt oder das Präsent zu klein ist. Da kann ich Anekdoten von Weinflaschen und Sonstigem noch und nöcher erzählen aus meiner Heimat, wobei das mein Buchprojekt vorgreifen würde.

Ein Mensch mit seriösen Umgangsformen und guter Kinderstube ("mit dem Hut in der Hand kommt man durchs ganze Land") sowie einem Mindestmaß an Empathie wird ein Geschenk übrigens selbst dann mit dem passenden Dankeswort annehmen, wenn es ihm unangenehm ist oder ihn peinlich berührt, ohne dass er das zeigt. Mir hat neulich auch eine Kundin, die ich ehrlich gesagt total unsympathisch fand und in deren Auftrag ich nicht mehr Zeit als nötig investiert habe, als Zeichen ihrer großen Zufrieednheit eine Schachtel Pralinen und eine wirklich nette handschriftliche Karte gebracht bzw. für mich an der Pforte hinterlegt - da habe ich mich über die Geste gefreut, obwohl ich kein direkter Pralinen-Liebhaber bin, mich per Mail bedankt und es war gar keine Frage.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Es stört Dich, weil Du ihm eine Freude und Dankbarkeit zeigen wolltest mit dieser Geste des kleinen Geschenks.

Er wiederum war darauf nicht vorbereitet, und hat ablehnend reagiert, was ihm vielleicht im Nachhinein auch leid getan hat, da seine Reaktions spontan war.

Dass du das nicht musst ist ja klar gewesen, du hast es ja gern getan.

Ist mir aber auch schon so gegangen, dass ich aus reiner Freude ein Geschenk gemacht habe, und das war überhaupt nicht willkommen.

Man steht in niemandes Schuld, manches macht man doch gerne für Arbeitskollegen oder liebe Menschen, aber wenn man jemandem eine kleine Aufmerksamkeit zukommen lässt, so ist es immer eine liebevolle Geste, die nicht abgelehnt werden sollte.

Du hast nichts falsch gemacht, dein Kumpel kann einfach keine Geschenke annehmen.

Mir geht es mit solchen Dingen ähnlich wie Deinem Kollegen. Wenn ich im Job Kollegen helfe dann aus freien Stücken und ohne die Erwartung einer Gegenleistung.

Ein kleine Aufmerksamkeit als Geste des Dankes würde ich beim ersten Mal allerdings nicht ablehnen - eben aus dem von Dir geschilderten Grund. Du hast Dich gefreut das Dir der Kollege geholfen hat und wolltest Deinen Dank ausdrücken.

Das sich jemand für etwas bedankt oder jemand sofort bereit ist zu helfen ist in der heutigen Gesellschaft keine Selbstverständlichkeit mehr, daher sollte man beides auch wertschätzen. Ich denke das ist dann auch der Punkt der Dich stört.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung