Warum steht in der Bergbpredigt selig, und nicht glücklich?

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Selig bedeutet doch soviel, wie:
- erlöst von allen irdischen Übeln und des Himmelreiches teilhaftig.

Es mag sein, dass jemand, der selig ist, deshalb auch glücklich ist. Aber nicht jeder, der glücklich ist, ist deshalb auch selig.

So bin ich als Atheist zwar durchaus glücklich, doch selig bin ich ganz bestimmt nicht. :-))


PeVau  18.09.2013, 16:33

Danke für den Stern!

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MeisterGlanz  11.09.2013, 09:48

Ein Atheist der keine Hasspredigt schreibt UND eine gute Antwort schreibt. - NIcht schlecht.

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Hallo - kein Mensch weiß, welche Worte Jesus wirklich gebraucht hat. Wie arevo schon erwähnt, hat er aramäisch gesprochen, die Evangelien wurden aber Jahrzehnte nach seinem Tod auf griechisch verfasst.

Gerade die Bergpredigt gehört zu den sogenannten "Spruchevangelien", einer Sammlung von Sprüchen oder Aussagen, die Matthäus und Lukas kannten, der erste Evangelist Markus jedoch nicht. Es gibt keinerlei schriftliche Belege dieser "Sprüche", sie sind lediglich eine mündliche Quelle. Schon allein deshalb ist es nach Jahrzehnten (40-50 Jahre nach Jesu Tod) recht unwahrscheinlich, dass die Schreiber genau wiedergeben, was Jesus angeblich gesagt hat ... keine von ihnen war dabei.

Hinzu kommt, dass es als unwahrscheinlich gilt, dass diese Predigt je wirklich stattgefunden hat. Wahrscheinlicher ist, dass Menschen verschiedene Aussprüche gesammelt haben - von verschiedenen Wanderpredigern und deren Anhängern - und sie weitergegeben haben ...bis eben Matthäus einige von ihnen als sogenannte "Bergpredigt" aufschrieb. Der Jude Jesus war damals schon lange tot.

Selig bedeutet in gewisser Hinsicht glücklich, aber es gibt einen Unterschied. Dieser Unterschied ist wie zwischen Freude und Spaß. Das eine ist geistiger Natur und dauerhaft, während das andere nur vorübergehend ist. Selig und Freude sind geistig und dauerhaft.

Hallo mafie98,

im griechischen Text gemäß Matthäus 5:3-11 steht das Wort:

makarioi

welches die Hauptbedeutung "glücklich" hat. Latein ist ja bei uns in den Schulen geläufiger, deshalb ein Auszug aus der lateinischen Übersetzung Vulgata, welche "makarioi" mit "beati" übersetzt, was ebenfalls die Hauptbedeutung "glücklich" hat.

1 Videns autem Jesus turbas, ascendit in montem, et cum sedisset, accesserunt ad eum discipuli ejus, 2 et aperiens os suum docebat eos dicens : 3 Beati pauperes spiritu : quoniam ipsorum est regnum cælorum. 4 Beati mites : quoniam ipsi possidebunt terram. 5 Beati qui lugent : quoniam ipsi consolabuntur. 6 Beati qui esuriunt et sitiunt justitiam : quoniam ipsi saturabuntur. 7 Beati misericordes : quoniam ipsi misericordiam consequentur. 8 Beati mundo corde : quoniam ipsi Deum videbunt. 9 Beati pacifici : quoniam filii Dei vocabuntur. 10 Beati qui persecutionem patiuntur propter justitiam : quoniam ipsorum est regnum cælorum. 11 Beati estis cum maledixerint vobis, et persecuti vos fuerint, et dixerint omne malum adversum vos mentientes, propter me : 12 gaudete, et exsultate, quoniam merces vestra copiosa est in cælis. Sic enim persecuti sunt prophetas, qui fuerunt ante vos.

Bei: http://www.bibleserver.com/text/Ne%C3%9C/Matth%C3%A4us5 kannst Du mal die verschiedenen Übersetzungen durchsehen. Meist wird "glücklich" gebraucht, aber auch "glückselig" oder "gesegnet".

Warum steht in der Bergbpredigt selig, und nicht glücklich?

Steht's doch:

Glückselig sind die geistlich Armen, denn ihrer ist das Reich der Himmel! (Schlachter-Bibel)

.

Glücklich sind, die erkennen, wie arm sie vor Gott sind, denn ihnen gehört die neue Welt Gottes. (Hoffnungs-Bibel)

.

Glücklich zu preisen sind die, die arm sind vor Gott; denn ihnen gehört das Himmelreich. (Neue Genfer Bibel)

.

Freuen dürfen sich alle, die nur noch von Gott etwas erwarten – mit Gott werden sie leben in seiner neuen Welt. (Gute Nachricht Bibel)

.

Wie glücklich sind die, die ihre Armut vor Gott erkennen! Ihnen gehört das Reich, das der Himmel regiert. (Neue evangelische Bibel)


Die Bibel-Zitate wurden von Jesus "vorgesprochen". Und der sprach Aramäisch (die damalige Umgangssprache in der Gegend, in der er lebte). Ich kann kein einziges Wort dieser Sprache verstehen, aber im folgenden Video soll es angeblich gesprochen werden (also das ist wohl eher Sprechgesang; dafür ist es aber das "VaterUnser", also das einzige Gebet, das Jesus zuließ):

Niedergeschrieben wurde die Bibel in Hebräisch, Aramäisch und Altgriechisch.

Bei jeder Übersetzung ergibt sich nun die Schwierigkeit, dass Sprache auch in den Kulturraum befördert werden muss. So ist bei uns beispielsweise "Schwein" ein mehrdeutiger Begriff, der sowohl für das Haustier, als auch für ein Schimpfwort steht.

Holt man nun den Begriff "nguruwe" aus dem Suaheli (wo es einfach nur "Schwein" und sonst nix heißt) ins Deutsche, kann es passieren, dass im Kontext eine ganz neue Bedeutung entsteht, die in weiteren Übersetzungen - aber auch in Interpretationen - dann auch die Botschaft und den Kontext transformiert.

Beispiel: So wurde etwa aus der "jungen Frau" (Originaltext der hebräischen Fassung - Erstbezug: Jes 7,14) eine "Jungfrau" (Übersetzung ins Griechische), die dann in alle weiteren Übersetzungen eingeschleift wurde und uns folglich erhalten blieb.

Bleibt man im zeitlichen Kontext, ist dieser Wechsel leicht zu verstehen: Damals war es nicht unüblich, Königen und anstehenden Herrschern eine göttliche Zeugung unterzujubeln, um so ihren Herrschaftsanspruch zu legitimieren. Folglich war es etwa so, wie wenn du heute "Guten Tag" sagst: Du wünschst dem Anderen nicht zwingend einen "guten Tag", sondern es ist eine gesellschaftskonforme Begrüßungsformel, die schlicht erwartet wird und deren Fehlen anstößig wäre...

Wie auch immer: Heute ist es eine Jungfrau. <- Punkt