Warum spricht man von Double Binding wenn man jemandem seinen Willen aufdrängt?

2 Antworten

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Das von dir geschilderte Beispiel ist eigentlich nicht besonders typisch für eine Doppelbindung.

Typischer wäre diese Situation: Die Mutter kauft ihrem Sohn zwei T-Shirts. Ein rotes und ein blaues. Am nächsten Morgen trägt der Sohn das rote T-Shirt. Die Mutter darauf: "Das blaue Shirt gefällt dir wohl nicht?!"

Klar, hätte er das blaue angezogen, hätte sie gesagt: "Das rote gefällt dir wohl nicht?!"

Ein etwas plumpes Beispiel, das aber verdeutlicht, dass der Sohn es der Mutter nicht recht machen kann, egal, was er tut.

Nicht ganz so platt: die Ehefrau beschwert sich bei ihrem Mann, dass er ihr lange keine Zeichen seiner Liebe gezeigt hat. - Durchaus real und seitens der Frau auch legitim, das zu äußern. Ihr Mann lässt sich daraufhin etwas einfallen: Er überreicht seiner Liebsten am folgenden Tag einen Strauß roter Rosen und eröffnet ihr, dass er in einem Restaurant für Samstagabend einen Tisch für ein Candlelight-Dinner reserviert hat. Die Frau darauf: "Wieso kommst du plötzlich mit diesem Gemüse an, das ist ja doch nicht ehrlich. Und wieso Essengehen? Viel zu teuer! Du willst mir damit wohl sagen, dass ich nicht kochen kann!"

Zeichen der Liebe verlangen, diese aber nicht zulassen. Egal was der Mann macht, er hat gefälligst ein schlechtes Gewissen zu haben. Das ist in diesen Beispielen von der Mutter/Ehefrau ganz gezielt so konstruiert. Das Ziel ist, Macht auszuüben und diese auch auszukosten, in dem Frau (es ist eine typische Kommunikationsweise von Frauen) ihr Gegenüber in einem Zustand der Handlungsunfähigkeit bugsiert. Der Andere hat keine Chance, "richtig" zu handeln.


Aleqasina  12.01.2019, 14:54

Übertragen auf die Geschichte mit dem Eis ginge das so:

Sarah kommt mit ihrer Mutter an einem Eisverkäufer vorbei.

Mutter: "Magst du ein Eis?"

Sarah: "Ja Mama, ein Eis wäre toll!"

Mutter (streng): "Aber du weißt doch, dass das nicht gesund für dich ist!"

Sarah (bekümmert): "Ja, du hast recht Mama."

Mutter (gereizt): "Nun also doch nicht? Eben wolltest du noch eines. Hin, her, ja, und nun doch wieder nein... Du weißt auch nicht, was du willst!"

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Hallo :)

Tatsächlich hat "Double Binding" eher weniger etwas mit "seinen Willen aufzwängen" und gar nichts mit "an jemanden doppelt gebunden sein" zu tun.

"Double Binding" oder "Double Bind" bedeutet zu deutsch "Doppel-Bindung" oder "Doppel-Botschaft".

[Sie] bezeichnet eine Theorie über Kommunikation in Beziehungen. Beim Double-Bind drückt sich jemand doppeldeutig aus, etwa wenn die Worte des Ehemanns „Alles in Ordnung“ in krassem Widerspruch zu seiner wütenden Mimik stehen.

Diese Art der Kommunikation wird durch "widersprüchlich" und "paradox" unterschieden:

Der Unterschied zwischen "Widerspruch" und "Paradoxon" ist, dass ein Widerspruch für den Adressaten durch Entscheidung für die eine oder andere Möglichkeit auflösbar ist. Ein Paradoxon ist gerade nicht auflösbar, weil es nur aus Scheinalternativen besteht. Es führt dadurch geradewegs in eine unaushaltbare Situation.

Diese Art der Kommunikation wurde auch bei Schizophrenie-Patienten betrachtet.

Es ist möglich, dass man mit dieser Kommunikationsart jemandem seinen Willen aufzwingt bzw. damit bewirkt, dass der "ausführende Dritte" nicht weiß, wie er handeln soll und so lieber nicht handelt, anstatt Ärger zu kassieren.

Bei deinem Beispiel: Sagen wir, dass Sarah und ihre Mutter vor einer Eisdiele stehen und der Eisverkäufer fragt, ob Sarah ein Eis haben möchte. Während Sarah daraufhin wohl freudig nicken wird, sagt die Mutter: "Sarah möchte kein Eis haben". Der Eisverkäufer steht nun in einem "Widerspruch" dieser beiden Aussagen: Ja oder nein? Er wird die Situation wohl so lösen, dass er Sarah kein Eis verkauft, weil die Mutter es ja "verboten" hat. Somit hätte sie ihren Willen durchgesetzt.

Jedoch ist zu sagen: Bei dem Verhältnis Eltern-Kind kann man nicht immer von Double Bind sprechen, da Eltern ihren Kindern auch verschiedene Dinge mal verbieten müssen. Solche Regeln (Erlaubnis, Verbot, Gebot: Du darfst, du darfst nicht, du sollst/du sollst nicht...) gehören zur Erziehung dazu. Hier könnte aber von Double Bind reden, wegen der Aussage "Sarah möchte kein Eis". Diese Formulierung stellt tatsächlich einen äußeren Willen dar. Aber das sagen Eltern eigentlich kaum/nie. Meistens erklären sie ihren Kindern, warum diese kein Eis haben dürfen ("Du hattest schon."/"Wir essen gleich."/"Später."/...) oder sagen es ihnen einfach direkt ("Du darfst jetzt kein Eis."). Somit besteht keine offene Aussage an die dritte, ausführende Person und auch kein Widerspruch.

Ich hoffe, dass ich mich halbwegs verständlich ausgedrückt habe. Bei weiteren Fragen stehe ich gerne zur Verfügung :)

Liebe Grüße!

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Quellen:

https://www.edarling.de/ratgeber/beziehung/double-bind

Traumatisierende Kommunikation (Double Bind) - Springer (PDF)

Woher ich das weiß:Recherche

johy84 
Beitragsersteller
 20.10.2018, 21:44

Aber irgendwie bezweckt es doch eine Bindung, oder?

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Reveka  20.10.2018, 22:04
@johy84

Die Bindung besteht nur soweit, dass eine angesprochene Person eine widersprüchliche oder paradoxe Aussage (verbunden mit einer Aufforderung) nur mit einer eigenen Entscheidung (widersprüchlich) oder überhaupt nicht (paradox) ausführen kann. Das Ende davon ist oft, dass die Person dann beschimpft wird, warum sie Aussage xy nicht korrekt ausgeführt hat. "Sarah möchte kein Eis" ist also hauptsächlich für den Eisverkäufer ein Problem, da es eine widersprüchliche Aussage darstellt. Eine Bindung im Sinne von "Du tust und lässt, was ich dir sage!!" besteht nicht, da man sich gegen das Double Bind als außenstehende Person immer "wehren" kann, indem man die Aussage verneint, sie einfach nicht ausführt oder solange nachfragt, bis die Sache klar ist. Eine unlösbare, feste Bindung an ein Individuum besteht dabei nicht. Bei deinem Beispiel sind diese drei Möglichkeiten schwierig, da die Mutter um Mutter-Tochter-Verhältnis entscheidet, was gut und schlecht für ihre Tochter ist. Wenn sie kein Eis bekommen soll, wird das einen Grund haben. Ob dieser nachvollziehbar ist, ist in diesem Moment erst einmal egal. Bei diesem Verhältnis gehe ich davon aus, dass die Tochter nicht älter als 14 bzw. 16 ist. Ab da könnte (!) man eventuell (!) von Double Bind sprechen, da die Tochter alt genug wäre, diese Entscheidung selbst zu treffen, wenn sie die finanziellen Mittel dazu hat. Damit wäre ich aber eher vorsichtig.

Der Begriff "Double Bind" wird auch eher weniger im normalen Alltag, sondern hauptsächlich bei Schizophrenie-Patienten angewendet und beobachtet.

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johy84 
Beitragsersteller
 20.10.2018, 22:06
@Reveka

Alles gut nochmals gelesen. Danke.

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Reveka  20.10.2018, 22:11
@johy84

Gerne :) Für weitere Informationen einfach nach "Double Bind" bei Google suchen und zum Lesen viel Zeit nehmen. Da es sich um eine Kommunikationstheorie handelt, sind die Quellen meist etwas schwieriger und länger. Da ist es besser, wenn man sich das in Ruhe durchliest und fremde/unbekannte Wörter nachsucht.

Liebe Grüße! :)

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johy84 
Beitragsersteller
 20.10.2018, 22:18
@Reveka

Danke. Habe das studiert und viel vergessen.

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