Warum sollten reiche den Solidaritätszuschlag bezahlen und nicht die Mittelschicht und die armen?

8 Antworten

Augenscheinlich hast du dir noch nie wirklich tiefgründige Gedanken zu sozial ausgerichteten Gesellschaftssystemen gemacht.

Wir leben in einem sozialen Staat, der Kernwerte und -überzeugungen vertritt. Einer dieser Kernwerte ist soziale Gerechtigtkeit. Wie gerecht ist also der Mensch im Naturzustand? Null. Dazu könntest du dir Thomas Hobbes' Leviathan durchlesen.

Was tut man dagegen? Vieles aber unter anderem auch "Umverteilung".

Mit welcher Begründung? Die Chancen in einer Gesellschaft sind nicht gleich verteilt, da alleine schon die Startbedingungen unterschiedlich sind. Eine Gesellschaft bevorteilt aber auch immer automatisch gewisse Gruppen (häufig Mehrheiten), weil die Strukturen, Regeln etc. auf eben diese ausgerichtet sind (z. B. Bildungssystem). Andere fallen dabei hinten rüber und werden systematisch benachteiligt.

Was bedeutet das und was folgt daraus nun konkret? Wer in diesem Land einen extrem gut bezahlten Job erhält und dadurch Reichtum anhäufen kann, tut dies sinngemäß auf Kosten (Chancen) anderer und mit den Mitteln, die ihm die Gesellschaft zur Verfügung gestellt hat (Bildung, Wirtschaft, Sozialisation etc.). Er gehört also zu der Gruppe 'Glück gehabt'.

An dieser Stelle kann die Gesellschaft durchaus fordern: Gib etwas an diejenigen zurück, denen dieses Glück nicht zuteil wurde, weil sie womöglich systematisch benachteiligt wurden und ggf. von Anfang an nie die selben Chancen hatten.

Das Ganze ist noch eine ganze Ecke tiefgründiger. Als kurzer Abriss, sollte es aber eine neue Perspektive eröffnen können.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung

Habe ich bisher noch nicht gehört, dass sich da was ändern soll. So reich sind die Leute nun wieder nicht, die den Soli zahlen müssen. Jeder hat einen Freibetrag auch bei der Lohn-oder Einkommensteuer. Bei der Lohnsteuer sind ca. 12000 im Jahr steuerfrei, alles was darüber geht wird stufenweise versteuert. Da zahlen die "Reichen" dann mehr als die weniger gut verdienenden. Beim Soli und der Kirchensteuer ist der Freibetrag allerdings höher. Deshalb müssen viele die eben nicht viel verdienen gar keinen Soli zahlen, zumal bei der Steuererklärung noch einiges abzusetzen ist, somit auch das zu versteuernde Einkommen geringer ist, als das tatsächliche Einkommen.

Ich habe ja Respekt davor, wenn jemand sich ein eigenes Geschäft aufgebaut hat mit harter Disziplin. Dennoch leisten sie nicht mehr und sind auch nicht wichtiger, als bspw. der Müllmann, der deinen Müll morgens weg bringt, damit wir ihn nicht einfach in den Wald kippen. Dies ist genauso systemrelevant. Und ich finde auch, gemessen an der Gerechtigkeit, kann man dabei auch Superrreiche schon mehr in die Pflicht nehmen. Das sage ich als Rechter.

Von Experte vanOoijen bestätigt

Die Reichen werden nicht bestraft, sondern lediglich hinsichtlich dieses einen Aspekts Soli etwas angemessener am Tragen des Gemeinwohles beteiligt. Wenn du die Abgaben in Relation zu Vermögen und Einkünften stellst, die Menschen beitragen, sind Reiche und Superreiche die, die sich am Wenigsten einbringen - jede entsprechende Umskalierung der Lasten ist also ein Schritt zu mehr Fairness, jede entgegengesetze Maßnahme einer zu weniger.

Die meisten Reichen sind nicht reich, weil sie hart schuften, sondern weil sie Vermögen geerbt haben...

Abgesehen davon ist der Soli ein prozentualer Anteil (gewesen), also wer wenig verdient, hat auch wenig gezahlt.
Jedoch ist die Wende jetzt schon über 30 Jahre her, das Geld war ua dazu da, den Osten an den Westen anzugleichen.
Haben sie Phasenweise gemacht, Stelleweise aber komplett verbumfiedelt und das Geld sonst wo hin gepufft.
Das, was Ost und West jetzt noch immer trennt ist nicht mit Geld auszugleichen.

Den Soli an die Einkommenshöhe zu koppeln und dabei stufenweise ausschleichen zu lassen, erachte ich als richtig. Wenn es schon keine Reichensteuer gibt ;)