Warum sind Saugmotoren so lahm?

4 Antworten

Hahaha zum ersten Mal Turbo gefahren und direkt Erweckungserlebnis :)

Erst mal muß man schon unterscheiden zwischen dem subjektiven Eindruck und den tatsächlich gemessenen Werten. Mazda hält als einer der ganz wenigen Hersteller eisern am Benzin-Saugmotor fest. Ein solcher 2-Liter Saugmotor wäre bzgl. der reinen Fahrleistungen mit einem 1.2-Liter-oder 1.4-Liter-Turbo gleicher Leistung durchaus auf Augenhöhe, aber die Art und Weise der Kaftentfaltung ist eine völlig andere.

Den Saugmotor muß man beim Überholen auf der Landstraße durch Zurückschalten um ein oder sogar zwei Gänge mit hohen Drehzahlen quälen um vorwärts zu kommen, beim Turbo ist einfach lässig Power zwischen 2000-4000 U/min. vorhanden, was den subjektiven Eindruck von Kraft verstärkt.

Technisch gesehen ist es einfach so, dass durch den Turbo-Ladedruck schon bei niedrigeren Drehzahlen ein hoher Füllungsgrad im Brennraum erreicht wird. Hoher Füllungsgrad= viel Luft-Kraftstoff-Gemisch= hohes Drehmoment. Das maximale Drehmoment wird daher bei Turbomotoren typischerweise schon 1000-1500 U/min. früher erreicht als bei gleich starken Saugmotoren, die darum viel höher gedreht werden müssen.

Dass der Turbo-Schub plötzlicher einsetzt als im Sauger ist prinzipbedingt und verstärkt den kraftvollen Eindruck. Ganz verzögerungsfrei ist der Turbo-Schub allerdings nie. Außer wenn zusätzlich ein elektrisch angetriebenen Zusatzverdichter wie z.B beim Audi Q7 eingebaut ist, der blitzartig in Millisekunden anspringt um das sog. "Turbo-Loch" zu überbrücken, d.h. die Phase wenn sich mangels Turbo-Drehzahl noch kein ausreichender Ladedruck aufgebaut hat.

Auf hohe Leistung getrimmte Sport-Motoren haben größere Turbolader, bei denen der Turbo-Schub erst mit größerer Verzögerung, dafür umso heftiger einsetzt, der sprichwörtliche "Tritt ins Kreuz". Hier wird dies eindrucksvoll demonstriert:

https://www.youtube.com/watch?v=VVt1IjIdLxY&t=3s

Übliche Turbomotoren von Volumenmodellen besitzen dagegen kleine Turbolader, die schneller ansprechen, deren Leistung jedoch bei hohen Dehzahlen rasch abfällt.

Will man ein frühes Ansprechen des Turboladers bei niedrigen Drezahlen mit einer hohen Leistung bei hohen Dehzahlen kombinieren, wird es technisch sehr aufwendig:

  • der Toyota Supra Mk.4 besass einen kleinen Turbolader für niedrige Drehzalen und einen großen Turbolader für hohe Dehzahlen. Ähnliches findet sich im Bugatti Chiron (Registerauladung).
  • Ein so genannter Lader mit variabler Turbinengeometrie (VTG-Lader) besitzt bewegliche Leitschaufeln, die bei niedrigen Drehzahlen den Laderquerschnitt verringern und bei hohen Drehzahlen weit öffnen. Aufgrund der höheren thermischen Belastung im Benzinmotor sind VTG-Lader allerdings fast ausschließlich Dieselmotoren vorbehalten, Ausnahmen sind der Porsche 911 Turbo und als einzige Großserienanwendung der aktuelle VW Golf 1.5 TSI.

Hoch drehende Saugmotoren haben unter US-Car-, Honda-, Ferrari- und Lamborghini-Fahrern eingefleischte Fans. Man sagt, sie "hängen gut am Gas", jede noch so kleine Gaspedalbewegung wird feinfühlig umgesetzt, mit Turbolader kaum realisierbar. Auch die früheren Mercedes AMG-Modelle oder der BMW M5 Zehnzylinder hatten ein Turbo-freies Hochdrehzal-Saugmotorkonzept.

Dass ausgerechnet die sportivsten Porsche GT.R Modelle Saugmotoren implantiert haben ist kein Zufall, sie sind dadurch am Limit besser kontrollierbar. Sie holen ihre Leistung über sehr hohe Drehzahlen, die Turbomotoren in den meisten Fällen gar nicht erreichen. Deren Leistung fällt bei hohen Drehzahlen früher wieder ab.

Dann bist du mit zwei verschieden stark motorisierten fahrzeugen gefahren. Fahr mal einen 200ps sauger und einen 200ps turbo. Dann merkst du dass der sauger viel direkter ist. Außer du bist einen diesel gefahren da fühlt es sich so an weil der mehr Drehmoment hat als ob er stärker ist. Jedoch ist auch dieser nicht direkt.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – ehem. Mechatroniker

checkpointarea  10.03.2022, 22:49
Außer du bist einen diesel gefahren da fühlt es sich so an weil der mehr Drehmoment hat als ob er stärker ist. 

Bin mal einen VW Caddy SDI gefahren. Trotz 2 Litern Hubraum nur 140 Newtonmeter Drehmoment - ich kenne keinen Ottomotor mit dem Hubraum, der nur so wenig schafft.

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checkpointarea  10.03.2022, 23:01
@WhereIsMyBox

Auch die haben nur marginal mehr Drehmoment (=Mitteldruck), wenn man nicht Leistungsklassen, sondern, ganz fair, Motorgrößen vergleicht. Sieh´ mal:

https://de.wikipedia.org/wiki/Mitteldruck#Typische_Werte_f%C3%BCr_den_Mitteldruck

29 zu rund 31 bar sind nun wahrlich kein großer Unterschied, zumal wenn man bedenkt, dass der hier zitierte Ottomotor hierfür nur einen Lader, und der genannte Diesel gleich vier benötigt. Außerdem dreht der Ottomotor höher, was bei entsprechender Getriebeauslegung bei gleichem Motordrehmoment zu mehr Raddrehmoment führt. So einfach ist das Ganze nicht. ;)

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WhereIsMyBox  10.03.2022, 23:22
@checkpointarea

Du weißt schon dass es um sauger ging im vergleich zu aufgeladenen ottos bzw diesel. Du vergleichst gerade zwei aufgeladene motoren das war nicht sinn der Diskussion.

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checkpointarea  11.03.2022, 08:55
@WhereIsMyBox

Weiß ich. Und ich vergleiche Sauger mit Saugern und Turbos mit Turbos. Bei Saugern verliert der Diesel deutlich, bei Turbos hat er einen kleinen Vorteil, wie man auf den Link sehen kann.

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WhereIsMyBox  11.03.2022, 13:42
@checkpointarea

Ich bin von aufgeladenen dieseln ausgegangen weil diese heutzutage die regel sind. Gegenüber saugern bei gleicher leistung

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checkpointarea  11.03.2022, 16:20
@WhereIsMyBox

Ach so. Dann bleibt allerdings immer noch die Sache mit der Getriebeübersetzung. Die Erhöhung des Drehmoments auf dem Weg vom Motor in Richtung Räder ändert sich nämlich um den gleichen Faktor, wie die Nenndrehzahl ansteigt, und da aktuelle Saugbenziner höher drehen als Turbodiesel...

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WhereIsMyBox  11.03.2022, 16:45
@checkpointarea

Der diesel hat jedoch eine höhere verdichtung und einen längeren hub also auch einen längeren hebel. Die drehzahl hat nichts mit dem drehmoment zu tun da M=r*f (einfach gesagt) Es geht lediglich um die krafteinwirkung und des hebels. Mehr drehzahl heißt dabei nicht unbeding mehr kraft. Ab einer bestimmten Drehzahl fällt das Drehmoment meist ab. Dazu kommt noch der turbo der dem motor nochmal hilft etwas mehr kraft aufzubringen. Schau dir mal die Kennlinien von dieseln mit turbos und sauger an und vergleiche. Da wird es deutlich. Grüße.

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Von einem Experten bestätigt

Welche 2 Fahrzeuge mit welchem Motor und Getriebe hast du verglichen?

Saugmotoren sind nicht grundsätzlich lahm. Hubraum ist durch nichts zu ersetzen, aus nicht durch einen Turbolader.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung

Tjrovennett 
Beitragsersteller
 10.03.2022, 00:41

998 ccm 3 Zylinder 86 PS Saugbenziner 5 Gang Schaltgetriebe

1200 ccm 3 Zylinder 110 PS aufgeladenen Benziner 6 Gang Schaltgetriebe

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ronnyarmin  10.03.2022, 00:48
@Tjrovennett

Du vergleichst unterschiedliche Motoren. Hättest du einen Saugbenziner mit ebenfalls 1200ccm und 110PS genommen, wäre dein Eindruck ein anderer gewesen. Ist doch logisch, dass der Motor mit mehr Hubraum, mehr Leistung und vermutlich auch einem höheren Drehmoment eine besser Anzug hat.

Beim Schaltgetriebe spielt die Übersetzung eine Rolle, zumales unterschiedlich viele Gänge gibt. Auch da müßte man gleiche Bedingen haben.

Und natürlich auch beim Gewicht des Autos. Und bei der Charakteristik des Gaspedals.

Äpfel mit Birnen kann man nunmal nicht vergleichen.

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Vando  10.03.2022, 08:19
@Tjrovennett

Siehst du. Dein Vergleich war also nicht Saugmotor vs. Turbo, sondern 86PS + Fünfganggebtriebe vs. 110 PS + Sechsganggetriebe. Das man damit keine Rückschlüsse auf Sauger und Turbos allgemein ziehen, sollte klar sein.

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checkpointarea  10.03.2022, 08:32
@ronnyarmin
Hättest du einen Saugbenziner mit ebenfalls 1200ccm und 110PS genommen, wäre dein Eindruck ein anderer gewesen.

Noch besser (und üblicher): Saugmotor mit 1,6 bis 2 Liter Hubraum. Fährt sich weitaus besser als diese kleinen, hochaufgeladenen Turbomotoren - u.a. Erfahrung aus meiner Tätigkeit bei einer Autovermietung.

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Warum sind Saugmotoren so lahm?

Fahr' mal einen Mercedes C/E/S 63 AMG, oder eine Chevrolet Corvette Z06, oder einen Porsche 911 GT 3, und wiederhole obige Aussage nochmals. Oder, wer's ein wenig bürgerlicher haben will: Ein Opel Kadett GSI zeigt auf, wie gut Saugmotoren sein können, wenn relativ viel Hubraum auf relativ wenig Masse trifft. Wer natürlich nur einen aktuellen Kleinwagen mit bis zu 1200 kg Leergewicht und 1,0 - Liter - Saugmotor kennt, und dann meint, dass alle Sauger deswegen grundsätzlich lahm wären, dem kann ich auch nicht mehr helfen.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

JS728  15.06.2022, 08:53

Eben

wenn, dann müssten schon etwa gleichstarke motoren und gleichschwere autos mit gleichartigen getrieben miteinander verglichen werden

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