Warum ist Japans Ostküste stärker besiedelt as die Westküste?
Wenn man sich auf Google Maps umschaut, dann sind die großen Städte wie Tokyo, Osaka oder auch kleinere Subzentren wie Okayama alle auf der östlich (südlichen) Küstenseite, während auf der anderen, westlich (nördlichen) praktisch keine besonders relevante Stadt ist (vielleicht noch Sapporo, Niigata und Fukuoka, aber das sind ja viel kleinere Größenordnungen . Das verwundert mich, dann das ist die Seite, die Korea (und China zum Teil) zugewandt ist.
Was sind die Gründe, dass sich das so ergeben hat?
2 Antworten
… und deshalb verläuft ja auch die Shinkansen-Route von Sapporo bis Fukuoka entlang der Pazifikküste bzw. Seto-Inlandsee, während auf der Küstenseite vom Japanischen / Chinesischen Meer alleine die Mini-Strecke Joetsu-Myoko bis Tsuruga mit dem Shinkansen bedient wird, und das auch erst seit diesem Jahr bis Tsuruga, davor nur bis Kanazawa. Und deshalb heißt die Touristen-Strecke Tokyo - Kyoto - Hiroshima ja auch „Golden Route“.
Geschichtlich betrachtet waren die Häfen an der Westküste mindestens genauso wichtig wie die an der Ostküste. Nur einmal ein Beispiel, weil ich gerade dieses Jahr erst dort war: der Hafen Obama (er heißt wirklich so) war in der Zeit, in der Kyoto Hauptstadt Japans war (Heian-Zeit) einer der wichtigsten Handelshäfen Japans und die Region Wakasa, in der er sich befindet, war ein „Miketsukuni“, also eine der Regionen, die für die Lebensmittelversorgung der Kaiserstadt zuständig war. So wie der Tokaido als ehemalige Handelsroute bis heute bekannt ist, so hatte auch Obama seine Route, über die die Waren, die im Hafen angekommen sind, sowie die Fischereierzeugnisse nach Kyoto transportiert wurden. Und zwar in einem dreitägigen Fußmarsch, weil da in der Tat ein bisschen Gebirge zwischen liegt, aber gut, man hatte eh nicht so viel Auswahl in den Transportmitteln.
Ein anderes Beispiel wäre die Stadt Hagi in Yamaguchi, die früher der Verwaltungssitz der dortigen Region war (heute ist die Präfekturhauptstadt Yamaguchi-Stadt).
Man kann vielen Orten an der Westküste aber bis heute anmerken, dass sie eine lange Geschichte haben. Es gibt dort oft erstaunlich alte buddhistische Tempel, shintoistische Schreine, alte Siedlungen und diverse Relikte wirtschaftlicher und kultureller Aktivität. Niigata, die Insel Sado, Kanazawa, Fukui und Tsuruga, Maizuru und Miyazu und Ine, Matsue mit Sakaiminato, Izumo, Hagi wie gesagt…. das sind so Orte, denen man anmerkt, dass da früher mal „was los war“.
Warum die Westküste mit der Zeit an Bedeutung verloren hat und die Ostküste einen Bedeutungszuwachs erfahren hat, nun ja… Zum Einen wurde die Hauptstadt dann halt nach Edo verlegt und damit hatte die „Zentralregion“ des früheren Yamato (die heutigen Präfekturen Kyoto, Nara, Mie und Wakayama) dann erstmal das Nachsehen. Ein wichtiger Grund ist aber auch, dass das Wetter zum Pazifik hin sehr viel freundlicher ist (weniger Niederschlag), die Temperaturen milder (Stichwort Landwirtschaft) und der Kuroshio-Strom für gute Fischgründe sorgt. Dass dann auch irgendwann die Industrialisierung einsetzte (und zum Beispiel der Bau von Eisenbahnstrecken in eher flachen Küstengebieten einfacher ist) und sich zunehmend Amerika als wichtiger Handelspartnerkontinent entwickelte, kam dann noch hinzu.
In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts war das Bedeutungsgefälle so groß, dass sich die Bezeichnungen 表日本 (Vorder-Japan) und 裏日本 (Hinter-Japan) im Sprachgebrauch durchsetzten. Mittlerweile sind diese Bezeichnungen wieder verpönt - zu Recht, weil das sogenannte „Hinter-Japan“ sehr wohl etwas zu bieten hat und geschichtlich eh wichtig ist. Einige Orte und Regionen haben sich zumindest touristisch wieder „konkurrenzfähig“ gemacht, so zum Beispiel die Hokuriku-Region. Andere haben leider ein wenig den Aufsprung verpasst, aber dennoch kann ich jedem, der die Golden Route bereits hinter sich hat, die Westküste wärmstens empfehlen.
Die Ostküste bot bzw. bietet (aus geologischen Gründen) mehr Anbau- und Siedlungsflächen.