Warum ist das Universum nicht leer?

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Ich bin mir sicher, dass hier einige Personen viel bessere Antworten geben werden und auch mehr Verständnis über diese Themen mitbringen, aber da diese Antworten zum Anfangszeitpunkt des Verfassens meiner Antwort noch nicht eingegangen sind, versuche ich mich mal als interessierter Laie (wenn ich überhaupt dieser Beschreibung entsprechen darf), indem ich auf "Quellen" verweise, die vielleicht als erste Station zu besseren führen können. (Ich sehe gerade, dass ich bedingt durch eine Pause um etwa 6 Stunden verspätet bin) :D

Warum ist das Universum nicht leer?

Eine der großen ungelösten Probleme der Physik: https://en.wikipedia.org/wiki/List_of_unsolved_problems_in_physics#Cosmology_and_general_relativity

https://en.wikipedia.org/wiki/Baryon_asymmetry

In the past few decades, particle-physics experiments have shown that the laws of nature do not apply equally to matter and antimatter. Physicists are keen to discover the reasons why. Researchers have observed spontaneous transformations between particles and their antiparticles, occurring millions of times per second before they decay. Some unknown entity intervening in this process in the early universe could have caused these "oscillating" particles to decay as matter more often than they decayed as antimatter.

https://home.cern/science/physics/matter-antimatter-asymmetry-problem

So solle etwa ein Milliardstel der heute "sichtbaren" Materie "überlebt" haben, also nicht Dunkle Materie, welche schätzungsweise etwa 84,5% aller Materie ausmachen soll, aber 26,8% der Masse-Energie, sondern solche, welche elektromagnetisch interagiert und 4,85% Masse-Energie ausmacht, wovon wiederum wohl etwa die Hälfte im "WHIM" vorhanden ist. https://en.wikipedia.org/wiki/Warm%E2%80%93hot_intergalactic_medium.

https://www.spektrum.de/lexikon/astronomie/baryogenese/30

Wieso gibt es das Universum Überhaupt?

Das wissen wir (noch) nicht. Wir können nur bis zu einem gewissen Punkt zurück berechnen. Vielleicht bleibt uns die Planck-Ära und die Singularität für immer unzugänglich.

https://en.wikipedia.org/wiki/Physics_beyond_the_Standard_Model

Falls die Frage metaphysischer Natur ist:

https://en.wikipedia.org/wiki/Why_there_is_anything_at_all

Wer o. Was hat bestimmt, wie viele Quarks / wie viel Materie und evtl. Antimaterie es gibt?

Nun, es sind immer Hochrechnungen nach bestem Wissensstand zum Zeitpunkt unter Zuhilfenahme der Methoden und Theorien (wissenschaftliche, keine umgangssprachlichen), welche bisher am besten das beschreiben, was wir gemessen und observiert haben (das am besten reproduzieren können). Oft werden diese durch weitere Messungen angepasst. Manchmal gestaltet es sich aber als schwer, da uns zu viel verborgen bleibt. In dem Fall kann man nur über den Teil des Universums Aussagen treffen, der einem "zugänglich" ist, ob nun durch unzureichende Technik, Herangehensweise, Perspektive oder gar durch (zum Zeitpunkt oder vielleicht irreversibel unüberwindbare) Grenzen der Natur des Kosmos verwehrt. https://en.wikipedia.org/wiki/Cosmological_horizon

Bisher wissen wir auch nicht genau über die Komposition (Wirkungsweise und Existenz postulierter Grundlagen) des "sichtbaren" Teils des Universum bescheid:

https://home.cern/science/physics/dark-matter

https://en.wikipedia.org/wiki/List_of_unsolved_problems_in_physics#Cosmology_and_general_relativity

Wer o. w hat den Aufbau von Atomen bestimmt, und das in jede Aussenschale 2 bzw. 8 Elektronen Passen?

Nun, Atommodelle wurden von unterschiedlichen Personen, Forschungsarbeiten und Überlegungen hervorgebracht.

Die Frage, wann zwei, acht oder achtzehn Außenelektronen angestrebt werden, kann an der Zugehörigkeit zu den Perioden oder Gruppen erkannt werden. Nur für die erste Periode und die ersten Metalle der zweiten Periode gilt die Zwei-Elektronen-Regel. Die meisten anderen Hauptgruppenelemente streben das Erreichen des Oktetts an. In den Nebengruppen gilt meistens die Achtzehn-Elektronen-Regel, obwohl die Edelgasregel für mehr Verbindungen Gültigkeit erlangt als die Oktettregel.

https://de.wikipedia.org/wiki/Edelgasregel

Das Bohrsche Atommodell (1913 und spätere Erweiterungen) ist nur eines der vielen Modelle, die es bisher gab. Charakteristisch sind hierbei Elektronenbahnen. https://de.wikipedia.org/wiki/Bohrsches_Atommodell

Tatsächlich gibt es seit mindestens 1924 bessere Beschreibungen durch das Orbitalmodell, das neuere Erkenntnisse miteinbezieht:

https://de.wikipedia.org/wiki/Atomorbital

https://de.wikipedia.org/wiki/Block_des_Periodensystems

Durch Einbezug der Dualität des Teilchen-Wellencharakters von Elektronen, wobei eine "Wolke" um den Nukleus existiert, in der sich Elektronen mit bestimmten Wahrscheinlichkeiten an bestimmten Punkten aufhalten. Siehe u.a. Schrödingergleichung 1926:

https://de.wikipedia.org/wiki/Schr%C3%B6dingergleichung#Allgemeine_Erl%C3%A4uterungen

Elektronenimpuls und Position sind unmöglich gleichzeitig zu bestimmen. Siehe Heisenberg'sche Unschärferleation von 1927 bei "Elektron im Atom" unter "Alltagserfahrung": https://de.wikipedia.org/wiki/Heisenbergsche_Unsch%C3%A4rferelation#Unsch%C3%A4rferelation_und_Alltagserfahrung

Heute wird oft das Schalenmodell in einer abgewandelten Form (mit Neutronen, welche erst 1932 nachgewiesen wurden) zur vereinfachten Darstellung genutzt.

Guten Abend,

das Universum bietet erstaunlich viel Raum. Es mag manchmal so aussehen, als wäre der Sternenhimmel voller Sterne-doch man sollte sich dem mächtigen Raum zwischen diesen Sternen bewusst werden, um zu verstehen, wie viel Raum, wie viel "Leere" es doch in diesem Universum gibt.

Das Universum ist natürlich alles andere als "leer", allerdings ist es auch weit davon entfernt, "voll" zu sein. Der Raum überwiegt die Sterne um ein vielfaches.

Grüße

Hallo Boka1,

der Urknall ist ein Wissenshorizont.

Das liegt daran, dass mit dem Urknall Raum, Zeit und unsere Physik, wie wir sie heute untersuchen können, erst beginnen. Über den Urknall hinaus ist keine Beobachtung möglich.

Weil naturwissenschaftliches Arbeiten aber immer ein Wechselspiel von Modellbildung und Test der Modelle an der Beobachtung ist, MUSS der Urknall die naturgegebene Grenze unseres durch Tests bestätigten und gesicherten Wissens über die Natur sein.

Wir haben einige hypothetische Modelle, extrapoliert aus gesicherter Physik, die die Vorgänge beim Urknall zumindest im Rahmen der messtechnisch zugänglichen Daten sehr gut beschreiben.... ob sie historisch zutreffend sind, muss wie gesagt spekulativ sein.

Mit diesem Hinweis auf den spekulativen Charakter der folgenden Aussagen nun im Detail zu Deinen Fragen:

Wieso gibt es das Universum überhaupt?

Die gängige wissenschaftliche Ansicht ist, dass die Natur nicht anders kann. Während "absolute Nichtexistenz" ein scharf umrissener Spezialfall ist, sind unter dem Gegenpol der "Existenz" praktisch unbegrenzte Realisierungsmöglichkeiten denkbar.

Der Urknall kann aufgrund der beteiligten Energiedichten nur mit einer quantisierten Theorie angemessen beschrieben werden. In quantisierten Modellen schlägt aber der gute alte Heisenberg zu: Die Natur ist auf unterster Ebene unscharf und unbestimmt. - und entsprechend unmöglich wäre der Natur die Einhaltung eines beliebig scharf begrenzten Spezialfalles.

Seeeeehr knapp beschrieben ist in einigen Modellen eine "geeignete" Quantenfluktuation der Ausgangspunkt für den Beginn der Ausdehnung unseres beobachtbaren Universums. "Geeignet" bedeutet hierbei bestehend aus Inflatonfeld und GUT-Kraft. Warten kann man praktisch ohne sinnvolle Zeitdefinition beliebig lange auf eine solche "geeignete" Quantenfluktuation.

Das Inflatonfeld wird hier als Phasenübergang beschrieben, der mehr Energie frei setzt, als zur Entstehung der Quantenfluktuation notwendig war: Nach 10 ^-35 Sekunden beginnt ein Phasenübergang. Die dazugehörige Symmetriebrechung bedingt eine zeitliche Verzögerung um ca. 10^-32 Sekunden, in der sich das quantenmechanische Nichts - vergleichbar unterkühltem Wasser - in einem falschen Zustand befindet, dem sogenanntem falschen Vakuum. Solange der Phasenübergang nicht vollzogen ist, schwankt die Nullpunkt-Energie dieses falschen Vakuums zm einen falschen, höheren Wert.

Die antigravitative Expansion des quantenmechanischen Vakuums verstärkt sich immer weiter. (Casismir-Effekt) Dieses exponentielle Wachstum bläht tatsächlich das Universum innerhalb der unvorstellbar kurzen Zeit von 10^-32 Sekunden um den noch unvorstellbareren Faktor 10^+50 auf.

Ich habe das hier in dieser älteren Antwort einmal etwas genauer erklärt und auch einen sehr guten Vortrag von Josef Gaßner dazu verlinkt:

https://www.gutefrage.net/frage/was-hat-den-urknall-ausgeloest

Warum ist das Universum nicht leer?

Das ist nicht genau verstanden.

Bei symmetrischer Paarbildung hätten sich Materie und Antimaterie gegenseitig vollständig vernichten müssen. De facto hat so ungefähr jedes zig-Milliardste Materieteilchen keinen Antimateriepartner mehr zum Zerstrahlen gefunden.

Der Grund für diese sogenannte CP-Verletzung liegt sehr wahrscheinlich in den Eigenschaften der Schwachen Wechselwirkung, die zum Beispiel auch beim Beta-Zerfall die entscheidende Rolle spielt.

Wer o. Was hat bestimmt, wie viele Quarks / wie viel Materie und evtl. Antimaterie es gibt? Wer o. w hat den Aufbau von Atomen bestimmt, und das in jede Aussenschale 2 bzw. 8 Elektronen Passen?

Was. Nicht wer...

Und zwar das Verhältnis der vier grundlegenden Wechselwirkungen der Physik. Die frieren unmittelbar nach dem Urknall aus und bilden in den ersten Sekunden die Elementarteilchen. Der Aufbau von Atomen wird zum Beispiel ausschließlich durch die elektromagnetische Wechselwirkung bestimmt.

Grüße

P.S.: Die Themen "Philosophie" und "Astrologie" mache ich mal weg... die haben mit der Frage nichts zu tun. Es ist nicht die Philosophie, die dort anfängt, wo unser naturwissenschaftliches, heute als gesichert geltendes Wissen endet... sondern die Spekulation. Philosophie greift - etwa über die Disziplin der Erkenntnistheorie (das ist die Frage "wie sicher kann sicheres Wissen eigentlich sein und wie kommt man dahin?") in alle Erkenntnisprozesse des Menschen. Astrologie hat nüscht mit dem Universum zu tun, sondern ist der alte Horoskopaberglauben. Dein Horoskop hat mit der Materie im Universum aber nun wirklich nichts zu tun...

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Diplom in Physik, Schwerpunkt Geo-/Astrophysik, FAU

VortexDani  09.10.2019, 02:30

Ich habe mich mal an einer "Antwort" versucht (mithilfe von Links womöglich nicht immer als seriös annehmbaren oder aktuellen Quellen und habe bestimmt den ein oder anderen Fehler/Ungenauigkeit begangen). Vom Anfang bis zum Absenden ist leider ein bisschen viel Zeit verstrichen. Hätte ich deine Antwort zu Beginn gesehen, natürlich von meiner abgesehen. Immerhin bist du nicht auf sowas angewiesen und verstehst wenigstens was von der "Materie". ^^

Ich bitte dich daher, falls zeitlich möglich, meine nicht unkommentiert oder unkontrolliert stehen zu lassen und mich auf Fehler hinzuweisen, Danke :)

Das mit dem Casimir Effekt und der CP-Verletzung (u.v.m.) hatte ich auch gelesen, aber wusste nicht so Recht, ob ich das verlinken hätte sollen oder inwiefern Konsens darüber herrschte :D

Au weia, die Frage mit dem Aufbau der Atome hatte ich wohl komplett falsch interpretiert x) So wie du sie beantwortet hast ergibt sie nun mehr Sinn im Bezug auf die vorherigen.

Und natürlich wieder mal großes Lob an dich, so schön prägnant und doch verständlich (wie es für einen Laien wie mich begreiflich gemacht werden kann) hatte ich das noch nie beschrieben gesehen. 😎👍

Grüße 🌌
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Dass das Universum nicht leer ist, liegt daran, dass die vier Komponenten Raum, Zeit, Materie / Energie, nicht unabhängig voneinander existieren können. Zeit existiert, also existieren auch der Raum, die Materie und die Energie. Es verhält sich ähnlich wie die Vorder- und Rückseite einer Münze. Ohne Vorderseite existiert keine Rückseite und umgekehrt! Dies sind Folgerungen aus der Relativitätstheorie, da unser Universum existiert und das Universum die Gesamtheit dieser zuvor vier genannten Komponenten ist, ist es nicht leer.

Wieso es das Universum überhaupt gibt, bzw. wieso es etwas gibt, ist eher eine philosophische als naturwissenschaftliche Frage. Würde man diese naturwissenschaftlich beantworten, so würde man z.B. sagen: Materie existiert, weil Zeit existiert und Zeit existiert, weil Materie existiert [...] wir kommen an einem logischen Zirkel, der zurecht keine befriedigende Erklärung ist.

Wenn wir philosophisch darauf antworten müssen, so könnte eine mögliche Erklärung sein: Das absolute Nichts ist logisch unmöglich, daher ist Existenz der natürliche Zustand und Nichtexistenz kein natürlicher Zustand.

Die Naturgesetze und ihre Wechselwirkungen untereinander führten/führen letztlich dazu, dass sich Objekte so verhalten, wie sie sich verhalten, auch die von dir genannten Quarks. Die Entstehung der Naturgesetze liegt im Übrigen an der Brechung der Supersymmetrie, der absoluten Leere.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Physik (Vollfach / Bachelor)

das "unser" Universum nicht leer ist - oder sich die vorhanden Teilchen und Antiteilchen nicht gegenseitig zerstört haben - liegt an einem Ungleichgewicht zugunsten der Teilchen. Anders formuliert: Die Symmetriebrüche in den Anfangsbedingungen zugunsten der Teilchen haben "unser" Universum über Selbstorganisationsprozesse zu einer Akkretion (Zunahme) und einer Amplifikation (Ausdehnung) geführt.