Hallo JanHatEineFr227,
Wie beurteilt ihr die Wirksamkeit von Homöopathie?
Das ist doch eigentlich völlig unerheblich. So in etwa als ob Du fragen würdest, wie ich die Form der Erde beurteile. Die wird schließlich auch nicht zur Scheibe, wenn ich nur fest dieser Meinung bin.
Solche Fragen sind einfach keine Meinungsfragen, auch wenn sie von den Anbietern solcher Scheinmedikamente gerne als solche verkauft werden.
Die Beurteilung der Leistungsfähigkeit von Medikamenten - und solche behaupten Globuli ja zu sein - ergibt sich allein aus den wissenschaftlich erhobenen Daten.
Und nein, dazu gehören ausdrücklich nicht solche Werbewebseiten, wie die Webseite in Deiner Fragestellung. Die wird von einem homöopathischen Arzt betrieben, ist also eine Lobbywebseite.
Zur Beurteilung musst Du wirklich auf wissenschaftliche Artikel gucken.
Hier wären ein paar Beispiele:
Erklärung der EASAC (Dachorganisation Europäischer Wissenschaftsakademien, Übersetzung von mir):
"Klinische Wirksamkeit – wir erkennen an, dass bei einzelnen Patienten ein Placebo-Effekt auftreten kann, aber wir stimmen mit früheren umfangreichen Bewertungen überein, die zu dem Schluss kommen, dass es keine bekannten Krankheiten gibt, für die es robuste, reproduzierbare Beweise dafür gibt, dass Homöopathie über den Placebo-Effekt hinaus wirksam ist."
Antonelli M, Donelli D: „Reinterpreting homeopathy in the light of placebo-effects to manage patients who seek homeopathic care: A systematic Review“, Health Soc Care Community (2018):
Wenn die Wirksamkeit der Homöopathie mit einem Placebo vergleichbar ist und eine Behandlung mit Placebo bei manchen Beschwerden wirksam sein kann, dann kann man die Homöopathie insgesamt als Placebotherapie ansehen. Die Interpretation der Homöopathie als Placebotherapie definiert Grenzen und Möglichkeiten dieser Lehre.
Es gibt keine innerwissenschaftliche Debatte über die Homöopathie. Die Säulen des Verfahrens sind in den letzten 200 Jahren in Widerspruch zu bestens gesicherten Erkenntnissen der Medizin und Naturwissenschaften gelaufen. In über 200 klinischen Studien konnten im Einklang damit keine robust signifikanten Effekte über Placebo nachgewiesen werden.
Homöopathika sind Placebos.
Anders lautende Einschätzungen findest Du nur bei Anwendern, die Besserungen nach der Einnahme dieser Placebos fälschlich als Wirksamkeit deuten (der sogenannte Post hoc Irrtum)... und natürlich bei Anbietern und Vertretern der Homöopathie, die an ihr gut verdienen.
Und genau deshalb beurteile ich die Homöopathie auch genau so: Als Verfahren, das mit Placebos arbeitet, dessen Vertreter dem Patienten gegenüber aber permanent anderes behaupten - und dies nicht selten unter Diskreditierung echter wissenschaftlicher Ergebnisse oder unter dem Aufstellen scheinwissenschaftlicher Behauptungen.
als auch erklären, wie denn die Larven des Grasfrosches an ein Placebo glauben sollen
Aber gerne doch. Das ist ein gutes Beispiel dafür, wie die Lobbyisten der Homöopathie gezielt Falschinformation verbreiten, um den Anschein zu erwecken, es gäbe wissenschaftliche Ergebnisse, die eindeutig für eine Wirksamkeit über Placebo hinaus sprächen.
Deine Webseite schreibt genau:
Als robustes und effektives Forschungsmodell hat sich der Effekt von (hoch) potenziertem Thyroxin auf die Entwicklungsgeschwindigkeit der Larven von Rana temporaria (Grasfrosch) erwiesen.
Vielleicht fällt Dir selbst auf, dass der Artikel keine Originalarbeiten dazu angibt.
Der Witz ist nämlich: Die Behauptung ist uralt und längst widerlegt. WEDER trat tatsächlich eine Beschleunigung auf, NOCH waren die Ergebnisse robust reproduzierbar.
Du kannst das hier und hier im Detail nachlesen. Die entscheidende Grafik kopiere ich einmal hier ein:
Homöopathen behaupten einen Unterschied in der Entwicklungsgeschwindigkeit der Kaulquappen zwischen homöopathischen Thyroxin und Wasser gesehen zu haben. Ein solcher Unterschied würde sich darin zeigen, dass mit fortschreitender Zeit die beiden Kurven auseinander gehen. Sie würden sich öffnen, wie eine Schere. Was die Daten tatsächlich zeigen, ist nichts dergleichen... oder siehst Du hier große Unterschiede in der Steigung der Kurven der Vergleichsgruppen.
Nichtsdestoweniger wird dem Patienten gegenüber immer wieder (seit nunmehr fast 15 Jahren) diese offensichtlich falsche Behauptung durch Homöopathen immer wieder wiederholt. Und das funktioniert halt bei allen Patienten, die sich nicht die Mühe machen, die uralten Daten rauszukramen...
Solche Desinformation ist nicht harmlos. Patienten sollten die Möglichkeit haben, ein Verfahren auf Basis korrekter Information zu beurteilen. Nicht auf Basis zweifelhaft erhobener Daten oder schlicht übertriebener Behauptungen. Leider ist genau das die gängige Werbepraxis der Branche.
Eine gute Stellungnahme über alle möglichen solchen Falschbehauptungen findest Du in diesem peer-reviewt erschienenen Artikel:
Handl, S., Parsch, U., Meeuw, A., Wagels, R., & Aust, N. (2024). Betrachtungen zur Evidenz in der Veterinärhomöopathie. Berliner und Münchener Tierärztliche Wochenschrift, 137, 1-11.
Viel Spaß beim Lesen!
Grüße