Warum hat die Evolution uns langes Kophaar gegeben?

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Der Grund dafür ist in der Entstehung des aufrechten Gangs zu finden. Der hat sich bekanntlich vor etwa 6 bis 5 Mio. Jahren bei unseren Vorfahren im östlichen Afrika entwickelt. Gleichzeitig begannen die Vormenschen ihre Lebensweise drastisch zu ändern, indem aus opportunistischen Aasfressern aktive Jäger wurden. In Afrika gab und gibt es aber wesentlich besser an die Jagd angepasste Lebewesen, etwa Hyänen und Großkatzen. Um dieser Konkurrenz zu entgehen, verlegten die Menschenvorfahren ihre Aktivität in eine Zeit, in der die anderen Jäger ruhen, nämlich auf den Tag. Löwen und Hyänen ist es um diese Tageszeit für die Jagd zu heiß. Sie jagen bevorzugt in der Dämmerung und in der Nacht.

Die Jagd mitten am Tag bedeutete für unsere Vorfahren, dass bestimmte Anpassungen notwendig wurden, um nicht zu überhitzen. Deshalb verloren sie fast am ganzen Körper ihr Fell. Wobei Verlust streng genommen nicht stimmt. Verglichen mit Schimpansen haben Menschen nämlich genauso viele Haare auf dem Körper. Sie sind bei uns nur sehr viel kürzer und dünner und zu einem kaum sichtbaren Flaum (Vellushaar) geworden. Der Haarverlust ist also in Wahrheit eine Haarrduktion. Der "Verlust" des Fells hatte zwei wesentliche Vorteile. Zum einen fiel damit schon einmal die isolierende Haarschicht weg, die den Körper bei der Abgabe überschüssiger Körperwärme behinderte. Zum anderen ermöglichte der Verlust des Fellkleids aber auch die Entwicklung eines Kühlsystems mit Hilfe des Schweißes. Der verdunstet auf der nackten Haut effektiver.

Unsere Vorfahren liefen also von nun an zweibeinig zur Mittagszeit durch die Savanne und stellten als Hetzjäger großen Tieren wie Antilopen nach, die sie teils über mehrere Kilometer hinweg verfolgten. Der Schweiß kühlte sie dabei ab. Sie mussten sich aber noch mit einem anderen Problem herumschlagen. Zur Mittagszeit ist nämlich auch die Sonneneinstrahlung am größten. Besonders stark exponiert beim aufrechten Gang sind dabei Kopf und Schulterpartie. Um diese Regionen vor Sonnenbrand zu schützen, blieben unsere Kopfhaare erhalten und wurden sogar zu den längsten, die man im ganzen Tierreich finden kann (selbst die bis einen Meter langen Haare des Moschusochsen erreichen nicht die Länge eines menschlichen Kopfhaars). Auch die Augenbrauen blieben erhalten. Sie verhinderten, dass Schweiß beim Rennen in die Augen rinnen konnte. Die Wimpern schützten die Augen vor Fremdkörpern und blieben ebenfalls erhalten. Auch Scham- und Achselhaar blieben erhalten. Sie stellten in erster Linie einen Friktionsschutz dar, verhinderten also, dass unsere Vorfahren sich "den Wolf liegen", wenn bei ihren kilometerlangen Märschen in den Hautfalten schwitzige Haut auf Haut rieb. Das ist heute freilich nicht mehr notwendig. Erstens laufen wir nicht mehr so viel und zweitens erfüllt unsere Kleidung denselben Zweck, weshalb wir auf die Körperbehaarung gut verzichten können und keine ernsthaften Nachteile bekommen, wenn wir sie entfernen.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Biologiestudium, Universität Leipzig

LaveaNova 
Beitragsersteller
 25.05.2024, 10:32

Das ist die Antwort, die ich mir gewünscht hatte und schon nicht mehr mit gerechnet hab. Vielen, vielen Dank für das ausführliche Teilen deines Wissens! Dafür gibts ein Kompliment 🥰.

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