Warum hasste Platon Demokrit?

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Platon äußert in seinen Werken keine leidenschaftliche heftige Abneigung gegen Demokrit, sondern erwähnt ihn nicht.

Ob Platon tatsächlich – wie in der Frage vorausgesetzt – Demokrit (griechisch: Δημόκριτος [Demokritos]) haßte, ist nicht sicher.

Wer ein solches Gefühl annimmt, folgert dies offenbar aus dem Umstand, daß Platon in seinen Werken Demokrit nicht namentlich nennt (was schon in der Antike bemerkt wurde; Diogenes Laertios 3, 25 stellt die Frage nach der Ursache, ohne eine Antwort zu geben), und einer angeblichen Absicht Platons, so viele Schriften Demokrits zusammenzubringen/zu sammeln wie möglich und sie zu verbrennen (Diogenes Laertios 9, 40).

Diogenes Laertius, Leben und Meinungen berühmter Philosophen. In der Übersetzung von Otto Apelt. Unter Mitarbeit von Hans Günter Zekl neu herausgegeben sowie mit Vorwort, Einleitung und Anmerkungen versehen von Klaus Reich. Hamburg : Meiner, 2015 (Philosophische Bibliothek ; Band 674), S. 150 (Diogenes Laertios 3, 25):

„Da er nun auch der erste war, der fast allen früheren Philosophen widersprach, so liegt die Frage nahe, weshalb er des Demokrit nicht gedachte.“

S. 500 (Diogenes Laertios 9, 40):

„Aristoxenos erzählt in den historischen Denkwürdigkeiten, Platon habe die Absicht gehabt, alle Schriften des Demokrit, die er überhaupt aufbringen könnte, zu verbrennen, doch die Pythagoreer Amyklas und Kleinias hätten ihn davon abgehalten als von einem nutzlosen Unternehmen, denn die Bücher seien bereits weithin im Publikum verbreitet. Und soviel ist klar: während Platon fast aller älteren Philosophen gedenkt, tut er des Demokrit nirgends Erwähnung, selbst da nicht, wo er irgendwelche Einwendung gegen ihn anbringen müßte, offenbar weil er sich bewußt war, daß er es mit dem besten aller Philosophen zu tun haben würde, dem auch Timon in folgender Weise sein Lob hat zuteil werden lassen [Frg. 46 Diels]:

Auch Demokrit, den besonnenen Weisen, den Hirten der Rede,

Ihn, den verständigen Sprecher, erkannte ich unter den Ersten.“

Die Nichterwähnung Demokrits in den Schriften Platons ist in der Tat auffällig, weil darin eine Reihe anderer Philosophen mit Namen erwähnt werden. Ein Schweigen aus Haß ergibt sich allerdings daraus nicht zwingend.

Erklärungsversuche sind nur Vermutungen:

  • Besorgnis vor einem scharfen und gefährlichen Konkurrenten (ein etwa eine Generation älterer Zeitgenosse) für Platons eigene philosophische Auffassung, daher Vermeidung einer Diskussion, auch um Demokrit nicht bedeutend erscheinen zu lassen
  • Absicht einer Verheimlichung, wieviel Platon Demokrit an Gedanken verdankte (bis hin zu Plagiat)
  • Fehlen einer Bekanntschaft des Sokrates, der Hauptfigur der Schriften Platons, mit Demokrit (nach der Überlieferung ist entweder Demokrit einmal nach Athen gekommen, war dort aber niemand bekannt [er kannte Sokrates, Sokrates aber nicht ihn] oder Demokrit hat Athen niemals besucht [Diogenes Laertios 9, 36 – 37])

Es ist zwar nicht völlig sicher nachzuweisen, aber wahrscheinlich, daß Platon Demokrits philosophische Gedanken kannte und von Demokrit Einflüsse auf Platon stattgefunden haben.

Demokrit hat eine Atomlehre vertreten, nach der unteilbare, unzerstörbare, unvergängliche Teilchen sich im Leeren bewegen. Platon nimmt auch Grundbausteine der Natur ab, Urelemente in der Form dreidimensionaler geometrischer Gebilde (aus Dreiecken zusammengesetzt), die platonischen Körper.

ein Buch dazu:

Sousanna-Maria Nikolaou, Die Atomlehre Demokrits und Platons Timaios : eine vergleichende Untersuchung. Stuttgart ; Leipzig : Teubner, 1998 (Beiträge zur Altertumskunde ; Band 112). ISBN 3-519-07661-6

Bei einigen grundsätzlichen Auffassungen gibt es Gegensätze zwischen Platon und Demokrit:

  • rein materialistische Naturerklärung durch Demokrit, Einbeziehung geistig erfaßbarer Prinzipien in der Naturerklärung Platons (seine Naturphilosophie ist am meisten im Dialog »Timaios« dargelegt), er bemängelt schon bei Anaxagoras, zwar einen ordnenden Geist/eine ordnende Vernunft (νοῦς [nous]) als Ursache aller Dinge anzunehmen, aber nicht dieses Wirken aufzuzeigen, sondern bloß materielle Ursachen zu beschreiben (Platon, Phaidon 97 b – 99 d), gegenüber Demokrits Naturphilosophie, in der ordnender Geist/eine ordnende Vernunft gar nicht vorkommt, ist eine schärfere Ablehnung naheliegend
  • Notwendigkeit in der Natur bei Demokrit, (ein Grundbestandteil der Physik Demokrits nach Aristoteles, Peri zoon geneseos [Περὶ ζῴων γενέσεως; Über die Entstehung der Tiere; lateinischer Titel: De generatione animalium] 6, 8, 789 b), Forderung Platons, in mit Verstand begabter Natur die ersten Ursachen zu suchen, Ursachen, die in Dingen liegen, die von anderen bewegt werden und andere mit Notwendigkeit bewegen, erst als zweite Ursachen zu verfolgen (Platon, Timaios 46 d – e)
  • Empirismus in der Erkenntnistheorie bei Demokrit, Ideen- und Prinzipienlehre (Idealismus) in der Erkenntnistheorie bei Platon
  • aus Atomen zusammengesetzte Seele, die sterblich ist bei Demokrit, Seele als Träger von Erkenntnisvermögen, die unsterblich ist, bei Platon

eine Absicht Platons, die Schriften Demokrits zu vernichten, beurteilt als von Aristoxenos aus Tarent stammende Erfindung:

Andreas Patzer, Wort und Ort : Oralität und Literarizität im sozialen Kontext der frühgriechischen Philosophie. Originalausgabe. Freiburg [Breisgau] ; München : Alber, 2006, S. 142:

„Dasselbe Werk setzt schließlich auch eine in mehrere Varianten überlieferte Anekdote voraus, derzufolge sich Platon das Werk des Philolaos angeeignet und als Vorlage benutzt habe, um den Timaios zu plagiieren. Diese maledizente Geschichte finden wir zuerst bei dem Skeptiker Timon aus Phleius (PPF 9 B 54 = VS 44 A 8), der sie aber schwerlich erfunden hat. Erfinder der Geschichte war höchstwahrscheinlich der Peripatetiker Aristoxenos, dessen notorisch gehässige Platonbiographie (fr. 61-68 Wehrli) die verleumderische Behauptung (fr. 67 Wehrli = VS 80 B 5) aufstellte, Platons Politeia sei ein Plagiat der Antilogien des Protagoras. Wenn derselbe Aristoxenos an anderer Stelle (fr.131 Wehrli = VS 68 A 1 § 40) behauptet, Platon sei durch die Pythagoreer Amyklas und Kleinias davon abgehalten worden, die Schriften des Demokrit, soweit er sie in seine Hand gebracht hatte, zu verbrennen, so erweist sich auch hier die pro-pythagoreische Tendenz der antiplatonischen Erfindung.“

Michael Erler, Kontexte der Philosophie Platons. In: Platon-Handbuch : Leben, Werk, Wirkung. Herausgegeben von Christoph Horn, Jörn Müller und Joachim Söder. unter Mitarbeit von Anna Schriefl, Simon Weber und Denis Walter. 2., aktualisierte und erweiterte Auflage. Stuttgart ; Weimar : Metzler, 2017, S. 63 – 104 (S. 82 – 84 zu Demokrit)

S. 83: „Auch wenn es im Einzelnen Dissens gibt, ist kaum zu bestreiten, dass Platon mit Demokrits umfangreichem Werk und seiner Philosophie vertraut war. Wie man jedoch schon in der Antike konstatierte (Diog. Laert. III 25), nennt Platon ihn kein einziges Mal namentlich. Dieser Umstand rief Befremden hervor und führte schon in der Antike zu verschiedenen Erklärungsversuchen. Manche Kommentatoren gehen von einer Konkurrenzsituation aus. Platon sei sich bewusst gewesen, dass er Demokrit viel verdanke. Eben dies habe er verheimlichen wollen. Einer Nachricht des Aristoxenos aus Tarent zufolge habe Platon sogar vorgehabt, die Schriften des Demokrit, deren er habhaft werden konnte, zu verbrennen (Diog. Laert. IX 40 = frg. 131 Wehrli). Doch sei er von den Pythagoreern Amyklas und Kleinias hiervon durch den Hinweis abgehalten worden, dass Demokrits Werke weit verbreitet seien. Manche werten dies als Beleg, dass Platon jeden Beweis habe vernichten wollen, dass er Demokrit geradezu plagiiert habe. Freilich spricht gegen diese Auffassung, dass die Dialoge eine solch enge Verbindung zu Demokrit nicht erkennen lassen und dass Platon in anderen Fällen keine Bedenken hat, sich zu den Quellen seines Wissens zu bekennen. Gleichwohl soll Platon Demokrit geschätzt haben, und in der Tat lassen sich in Dialogen Reminiszenzen an Demokrits Atomistik und Erkenntnistheorie erkennen.“

Oh das ist eine ganz lange Geschichte..

Kurz gesagt.. Platon war gegen die Demokratie und war für eine Philosophenherrschaft.. später änderte er aber seine Meinung 100x und ich weiß selbst nicht mehr wo er stehen blieb..

Google mal Platon Philosophenherrschaft