Warum haben viele Leute etwas gegen klassische Musik?

17 Antworten

Wer klassische Musik langweilig findet, tut das, weil er sich nicht ausreichend intensiv in diese Musikrichtung eingehört hat oder dazu keine Lust oder keinen Anreiz hatte. Das gleiche könnte man ja auch von Free Jazz und Metal sagen, in die man sich meines Erachtens noch deutlich schwerer einhören kann.

Wer allerdings alles doof und langweilig findet, was nicht zum ganz aktuellen Jugendtrend gehört (wie bescheuert es auch sein mag), wer also auch klassische Autoren und Bilder aus vergangenen Epochen von vorn herein ablehnt, dem ist nicht zu helfen, denn er ist selbst langweilig, weil er völlig unflexibel ist.

Das sind die Leute, die ab 30 quarzend und in Jogginghosen auf dem Sofa hocken und auf nichts neues mehr neugierig sind, weil ihr intellektuelles Leben nämlich dann bereits gelaufen ist. Im Grund könnten die ihren Fernseher auch auf den Friehof stellen und es sich auf einem Grabstein bequem machen, um Dschungelcamp, DSDS oder GNTM zu gucken.

Ich bin 77 und freue mich über jeden Tag, an dem ich etwas kennenlerne, das ich bis dahin nicht kannte. Gestern habe ich z.B. von meinen betreuten Kindern Stickies kennengelernt, die leider nur an glatten Flächen haften, also nicht an den Brettern, die die oben erwähnten Menschen vor dem Kopf haben. :-)


Orchesterschlaf  17.05.2018, 14:31

Ich gebe dir so recht, ich bin 16, und werde oft mit abschätzigen Kommentaren im Bezug auf mein Hobby konfrontiert, als wäre die Beschäftigung mit klassischer Musik eine Sache derer man sich schämen müsste, dennoch haben wir definitiv auch ein klassisches Netzwerk, und viele Jugendliche, die sich nach wie vor dafür begeistern.

2
mychrissie  17.05.2018, 14:51
@Orchesterschlaf

Hunde pinkeln einen immer irgendwo unten an, weil sie über den Boden nicht hinauskommen, sie haben keine Fantasie, also im Klartext, keine Flügel.

Viel Spaß´mit Bach, Mozart, Beethoven, Brahms und all den anderen, die uns eines der schönsten Dinge geschenkt haben, das wir Menschen haben, die Musik.

2
Duke7  10.04.2024, 13:34
@Orchesterschlaf

Jap, was der Bauer nicht kennt frisst er nicht! In der "klassischen Musik" stecken alle emotionalen Erfahrungen dieser Menschheit und es gibt so viele Stücke (insbesondere aus der Romantik), die die Erfahrung von aufkeimender Liebe und Leidenschaft thematisieren und deshalb zu keiner Altersgruppe so gut passen wie zu Deiner. Ich bin überzeugt , dass sich viel mehr heutige Jugendliche super mit diesen identifizieren könnten, würden sie sich nur ausreichend damit beschäftigen.

Meine Tochter ist mit klassischer Musik aufgewachsen und liebt sie (neben Rockmusik, na gut, das ist auch etwas retro) und ist ansonsten ein vollkommen normaler Teenager mit allen heutzutage dazugehörigen Tugenden und Lastern (übermäßiger Handykonsum🤬🤬🤬).

0
mychrissie  06.10.2018, 11:22

Gerade habe ich mit Genuss Mozarts Klavierkonzert KV 503 gehört, jetzt höre ich Oscar Peterson mit dem besten Bassisten aller Zeiten, Henning Oerstedt-Pedersen (leider tot). Man muss für alles offen sein.

1
Egiboy  04.12.2023, 18:33

Super Antwort. Der zweite Absatz hat mir sofort den Abend gerettet. Musste soo lachen.

0

Das hat meines Erachtens nach, verschiedene Gründe. Zuallererst einmal, weil heutzutage in kaum einer Familie mehr aktiv musiziert wird. Früher war es, zumindest in gutbürgerlichen Familien, absolut üblich, dass jedes Kind ein Instrument erlernte und auch die Eltern Instrumente spielten. Gemeinsames Musizieren gehörte zum Alltagsleben, nach Möglichkeit wurden sogar Hauskonzerte gegeben. So lernten die Kinder schon früh klassische Musik kennen, wuchsen praktisch damit auf. Opern- und Konzertbesuche gehörten ebenfalls zum Familienleben. Das alles gibt es heute nicht mehr, was ich unglaublich schade finde.

Inzwischen sind wir auch längst bei den Elterngenerationen angelangt, die oft nur mehr mit Rock und Pop aufgewachsen sind. Was erwarten wir also? Wir leben außerdem in der Zeit der Dauerberieselung, weshalb viele Menschen das Zuhören verlernt haben. Ich beobachte das immer wieder bei Opernbesuchen.  War es früher bereits bei der Ouvertüre mucksmäuschenstill, nehmen es heute viele Leute gar nicht mehr wahr, wenn bei geschlossenem Vorhang "nur" gespielt wird. Da wird noch geredet, herumgerutscht, Bonbons werden raschelnd ausgepackt, es wird im Programm geblättert,  aber nicht zugehört. Das ist ein ähnliches Phänomen, wie die Unart, noch in die letzten Takte eines Musikstückes hineinzuklatschen, statt das Ende abzuwarten. Ich behaupte, dass das nicht aus Bosheit, sondern aus Unverständnis heraus geschieht.

Das nächste Problem ist sicher der Musikunterricht in den Schulen. Die Stunden wurden auf ein Minimum gekürzt und die Lehrer schaffen es nicht, die Schüler für klassische Musik zu begeistern, was unter diesen Umständen zugegebenermaßen auch denkbar schwierig ist.

Auf jeden Fall glaube ich gar nicht, dass wirklich so viele Menschen etwas gegen klassische Musik haben. Sie kennen sie einfach nicht! Vorurteile werden nachgeplappert, bis sie für die Wahrheit gehalten werden.

Ich bin sehr froh, dass sich inzwischen auch Sänger der jungen Menschen annehmen und ihnen zeigen, wie spannend und aufregend klassische Musik sein kann. In England macht das der berühmte Bariton Sir Thomas Allen. Er geht in Schulen, erzählt den Kindern und Jugendlichen, singt ihnen vor und singt mit ihnen. Der mexikanische Tenor Rolando Villazón macht das in deutschen Schulen, besonders in Berlin. In Wien laufen einige Programme bekannter Musiker und Orchester,  die sich bemühen, Vorurteile abzubauen und zu zeigen, wie modern klassische Musik sein kann.  


Orchesterschlaf  17.05.2018, 14:34

zum Glück wachse ich exakt in dem von dir im 1. Absatz beschriebenen Musikleben auf

3
Tanzistleben  17.07.2018, 20:03
@Orchesterschlaf

Das ist wunderbar! Ich hatte auch dieses Glück, nur leider ist es viel zu selten geworden. Ich wünsche dir viel Freude an, mit und durch die Musik. Vielleicht kannst du das ja auch einmal an deine eigene Familie weitergeben. Alles Liebe und viele harmonische Grüße! 😉

2

Das verstehe ich auch nicht! Ich finde Tanzistlebens Antwort sehr gut! Ich glaube, dass es viel mit Erziehung zu tun hat. Viele Kinder hören leider kaum noch Klassik weil sie es von ihren Eltern nicht mitbekommen. Deshalb bin ich sehr für Musikförderung und, dass Kinder ein Instrument lernen sollten!

Der Geschmack von jedem ist natürlich unterschiedlich, und da viele eben in ihrem Alltag andere Musik hören, vor allem Pop und TikTok-Songs gewöhnen sie sich nach und nach daran und diese Musik prägt sie natürlich auch. Vielen fällt es schwer, sich für die Klassische Musik zu öffnen, da viele Stücke (vor allem bei Konzerten) sehr lang sind und sie ohne viel Wissen darüber manchmal auch sehr gleich klingen mag, ich persönlich mag einige Stücke von Mozart sehr, aber einige nicht. Beethoven dagegen liebe ich, obwohl man sagen könnte, dass beides klassische Komponisten sind.
Ich bin allerdings mit Klassischer Musik aufgewachsen, da meine Eltern beide sehr musikalisch sind und der Rest meiner Familie auch. Ich spiele ausserdem selbst seit fast 10 Jahren Klavier und habe so auch Stücke selbst gespielt, was natürlich auch immer hilft, Klassische Musik zu verstehen und zu mögen.

Es sind hauptsächlich ZWEI Gründe:

1) Klassische Musik ist vielen Menschen zu schwierig und kompliziert (und oft auch zu "lang") und meistens auch nicht tanzbar.

2) Die wenigsten Menschen erhalten heute in der Schule guten Musik-Unterricht(falls überhaupt). Deshalb KENNEN sie klassische Musik nicht, verstehen sie auch nicht, können keine Noten lesen geschweige denn schreiben,  und lehnen sie daher dann auch ab.