Warum haben Bauern so einen primitiven Ruf?

7 Antworten

Vom Beitragsersteller als hilfreich ausgezeichnet

Der Bauer war immer das unterste Glied der Gesellschaft. Im Mittelalter war ein Bauer so arm, das eine abgehalfterte Kuh die Existenz bedeutet hat.

Der Bauer schaffte immer nur für die Konsumenten, so wie heute auch.

Unterschied ist halt das ein Großbauer mehr Geld verdienen kann als ein hochstudierter Mensch der Oberklasse. Landwirtschaft ist schon lange nicht mehr nur einpflanzen. Das sind teils komplexe Vorgänge geworden mit unzähligen Richtlinien und ein guter Bauer überlebt auch ein schlechtes Jahr ;-D

Das was du als Stadtmensch nicht magst, liebe ich als Landei umso mehr. Es gibt nichts schöneres als einfach mal keine Menschen, keine Autos, keinen Lärm oder schlechte Luft um sich zu haben :-)


Neckarjunge 
Beitragsersteller
 18.03.2018, 01:44

Die Gesellschaft war wohl auch in der "guten alten Zeit" nicht wirklich sozialer ;)

Großbauern haben denke ich mal die Grundstücke oftmals geerbt? Oder kommt es auch vor, daß jemand (branchenfremdes) investiert und Bauer wird (Grundstücke kauft oder zumindest pachtet, und loslegt)?

"keinen Lärm oder schlechte Luft um sich zu haben :-)"

Also da muß ich aber mal entschieden widersprechen ;) Ich war mal in Geißlingen an der Steige, ein schwäbisches Kaff, zu Besuch. Es war im Hochsommer.

Die Landschaften, mag ja alles schön sein, aber gestunken hat es dort, kotzerbärmlich. Keine Ahnung ob das Gülle war oder sonstwas, was die auf die Felder verteilten, es raubte mir den Schlaf in dieser Nacht ^^ Also da dagegen ist in einer Großstadt selbst an der stärkstbefahrenen Kreuzung, "frische Luft" ;)

Ja und wenn so ein Hahn dann zum Tageseinbruch loslegt, ist auch lauter als ein paar Autos ^^

0
peoplelife  18.03.2018, 01:51
@Neckarjunge

Viele haben die Grundstücke geerbt, klar. Allerdings wird auch viel investiert um neues Land zu erwerben.

Es ist heute ein riesen Aufwand. Wer viel Vieh will, braucht viel Land, wer viel Land hat braucht viele Maschinen usw....

Wer als Quereinsteiger da rein will muss sich dahinter klemmen. Du musst wissen wo du Geld investieren musst, wo du welches vom Staat zurückbekommst, du musst alle Richtlinien und Gesetze beachten....

Es ist also kein einfacher Beruf mehr den man mit Bilderbuchwissen bestreiten kann.

Das was du als Gestank empfindest ist für mich ein Geruch von Freiheit und Bescheidenheit. So verschieden sind die Gemüter. Hat aber auch sicherlich was damit zu tun wo man aufgewachsen ist.

2
Neckarjunge 
Beitragsersteller
 18.03.2018, 02:05
@peoplelife

Wir haben am Oberrhein (Mannheim) oftmals sehr heiße Sommer. Sehr sehr heiß, und trocken. Das muß doch für einen Bauern eine Katastrophe sein?

Wenn es da wochenlang nicht regnet, das muß doch in etwa ein ähnliches Gefühl sein, als wenn der Kurs einer Aktie, die man hat, um 40 % einstürzt?

Wobei sich vermutlich Bauern in guten Jahren bei gutem Ertrag Geld auf die Seite legen, für solche Fälle? Aber wir haben schon seit Jahren immer heißere Sommer, durch den Klimawandel, das wird immer heftiger. Auch Spätfröste nehmen immer mehr zu, da stirbt ja auch ein Teil der Saat ab.

0
peoplelife  18.03.2018, 02:11
@Neckarjunge

Naja, kurze Hitze vertragen so ziemlich alle Früchte. Für Heu ist es sogar das best mögliche Wetter. Leichter Frost geht auch noch, der kommt im Sommer aber nicht vor.

Problem ist nur wenn das zu lange andauert ohne Regen, dann geht alles ein. Zu viel Regen ist natürlich auch nicht gut, dann ersäuft alles durch die Übersättigung des Bodens.

Wie gesagt, ein guter Bauer überlebt auch schlechte Jahre. Dafür hat man meist einen Puffer. Viele haben auch mehrere Standbeine. Wenn für Früchte ein schlechtes Jahr ist, ist für Heu meist ein gutes Jahr und umgekehrt. Viele machen auch alles auf einmal und haben so immer ein Einkommen.

Wer Geld durchs Vieh macht, der ist vom Wetter ohnehin nicht so stark Abhängig wie ein Früchtebauer.

2

Also, heutige Bauern haben durchaus recht oft ein Studium - Agrarwissenschaft - gemacht. Und damit kann es sogar vorkommen, dass ein Bauer einen Doktortitel hat, wenn er nach dem Studium halt noch 'ne Promotion gemacht hat :).

Und nein, das Bewirtschaften heutiger Höfe ist keine simple, einfache Arbeit im Sinne von "Die Kartoffeln wachsen von allein". Das sind ganz schön große, komplexe Unternehmen, bei denen es sehr viel zu bedenken, zu planen und zu tun gibt, auch und vor allem abseits von Acker und Trekker ;).

Ansonsten, klar, auf dem Dorf, wo sich Bauernhöfe in der Regel befinden, ticken die Uhren oft etwas langsamer. Da kommt nicht immer jeder Modetrend aus der Großstadt sofort an. Und es herrschen dort einfach andere Prioritäten als bei Städtern. Mode steht da nicht ganz oben auf der Liste ;).

Und ja, in der Landwirtschaft herrscht oft ein etwas rauer Ton. Genau wie auf dem Bau. Oder in den meisten Fabrikhallen ;). Also eigentlich überall, wo noch mit den Händen gearbeitet und nicht den ganzen Tag nur über Zahlen in Exceltabellen in fürchterlichem Denglisch diskutiert wird ;).


Neckarjunge 
Beitragsersteller
 18.03.2018, 01:52

Wenn die dümmsten Bauern die dicksten Kartoffeln ernten, sind die studierten Bauern dann für die Minikartoffeln in den Gläsern zuständig? ;) (Spaß)

Richtig, hast es ja beim letzten Absatz gesagt, rauher Ton herrscht auch in anderen Branchen. Und so ein Fabrikarbeiter oder einer auf dem Bau, wird wohl auch (während der Arbeit) weniger "modisch" gekleidet sein.

Im Zweifel unterhalte ich mich mit so jemandem aber auch lieber, als einem, der zwar "modisch gekleidet" sein mag, aber mich vollfaselt in irgendwelchen pseudoenglischen Wörtern, wo die Deutsche Entsprechung sogar kürzer wäre.

Ein paar wenige englische Lehnwörter mögen sinnvoll sein, wenn sie kürzer und prägnanter sind (z.B. Handy statt Mobiltelefon, wobei das ja nichtmal ein englisches Wort ist). Wenn mir aber jemand mit einem "Facility Manager" ankommt, schalte ich eher auf Durchzug ^^

Im Vergleich zum Fabrikarbeiter, hat der Bauer aber denke ich mal, mehr Freiheiten. Was Zeiteinteilung und so Planung angeht. Wenn der Bauer will, malocht er eben 12 Stunden auf dem Acker, um sich den Freitag freizunehmen. Der muß nicht an der Stechuhr stempeln ^^

0
Agronom  18.03.2018, 02:02
@Neckarjunge

So frei ist ein Landwirt da nicht. Beim Ackerbau bist du stark von der Witterung abhängig, die bestimmt, wann du arbeiten kannst bzw. musst und wann nicht, da kann man nicht immer groß im Voraus planen.

3
HappyMe1984  18.03.2018, 09:56
@Neckarjunge

Du hast echt noch eine zu kinderbuchmäßige Vorstellung von heutiger Landwirtschaft :). Solche Kleinbauern, die da gemütlich selbst mit ihrer Familie auf dem Acker Kartoffeln einfahren, gibt es zwar auch noch. Aber die große Masse unserer Nahrungsmittel wird dann doch auf ganz andere Art erzeugt.

Da ist der "Bauer" dann durchaus eher ein Geschäftsführer am PC im Büro. Die Kartoffeln holen Angestellte vom Acker. Und der Bauer kann sich da genau so sehr oder wenig freinehmen wie jeder andere Inhaber eines mittelständischen Unternehmens auch (in der Realität eher selten, weil selbstständig nun mal "selbst" und "ständig" bedeutet ;)).

Aber dieses romantische Bild vom Bauern, der den ganzen Tag mit seinem Trekker über's Feld düst, selbst erntet, seine Tiere selbst versorgt und lauter so'n Zeug, das hat mit den modernen landwirtschaftlichen Großbetrieben so gar nichts mehr zu tun ;).

2

Eigentlich sogar das Gegenteil, viele Landwirte haben studiert und allgemein ist für diesen Beruf heutzutage ein hoher Bildungsgrad recht wichtig. Es ist eigentlich ein ziemlich komplexer Beruf, sicher würde die Pflanzen auch "von allein" wachsen, aber das würde keine effiziente Produktion bringen.

Wissen über Boden, Klima, natürliche Flora und Fauna sowie die Ansprüche der Kulturen sind entscheidend für eine ressourcenschonende und ertragsstarke Produktion, dazu müssen sich Landwirte mit Maschinen und Recht auskennen auskennen, dazu kommt dann noch viel Bürokratie und bei Tierhaltung kommt nochmal einiges dazu.

Wie schon angesprochen wurde hängt das vermutlich hauptsächlich mit der Geschichte zusammen. Die Bauern waren eben lange Zeit das "einfache Volk". Da sich die Menschen immer mehr in Ballungsräumen versammeln und so immer weniger etwas vom "Landleben" und eben auch der Landwirtschaft mitbekommen, haben einfach viele überhaupt kein reales Bild von einem Landwirt und seiner Tätigkeit. Lebensmittel sind praktisch überall einfach zu haben, woher sie aber kommen und wie sie wirklich produziert wurden, das wissen die wenigsten und haben nur recht simple Vorstellungen davon.

Hallo

Ich versteh das auch nicht ganz. Bauer ist wirklich einer der wichtigsten Berufe unserer Zeit. Man sollte sie wirklich mehr schätzen und sich im Klaren sein, dass Bauern es auch nicht immer leicht haben. Ganz im Gegenteil...

Ohne sie würde es immerhin keine Zukunft für uns alle geben. Ich persönlich habe gar nichts gegen Bauern und finde sie total wichtig.

Jedoch bin ich mit diesem Thema noch nicht wirklich oft konfrontiert worden. Ich muss auch sagen, dass Bauer als Schimpfwort in meiner Gegend zum Glück gar nicht so verwendet wird und dass die Landwirte auch nicht irgendwie abwertend angesehen werden. Das kann auch daran liegen, dass ich aus keiner Großstadt sondern einem eher ländlichen Gebiet komme.

Klar hab ich mitbekommen dass sie in der Gesellschaft oft als nicht so beliebt rüberkommen, was evtl. auch auf die frühere Zeit zurückgehen könnte. Dort waren Bauern ja nämlich die niedersten Gesellschaftsschicht. Vielleicht hat sich das einfach irgendwie so beibehalten.

Ich finde schlimm, dass das Menschen gibt die Bauern als "dumm und stinkend" ansehen. Solch einen Ruf haben sie dich definitiv nicht verdient.

Ich glaube nicht, dass die meisten Landwirte in D "studiert" sind.

Landwirtschaft ist ein Ausbildungsberuf, der recht hohe Anforderungen stellt. Man kann das grob gliedern in die Bereiche Pflanze, Tier und Ökonomie.

Auch andere Ausbildungsberufe stellen hohe Anforderungen. Sind Handwerksberufe denn nun in D angesehen oder nicht?

Wenn jemand Bauern als primitiv bezeichnet, ist das nur ein Ausdruck von Ignoranz.

Jemand, der nichts mit Landwirtschaft zu tun hat, weiß inzwischen, dass es Landwirte sind, die Massentierhaltung betreiben und ihre Felder mit Pflanzenschutzmitteln besprühen.

Leider ist das Wissen um unser Wirtschaftssystem eher begrenzt.

Die Frage wo man Biolebensmittel möglichst billig bekommt, habe ich auf gf schon öfters gelesen.


Henryettex  18.03.2018, 14:03

Es gibt unter den Bauern schon relativ viele Akademiker. Zumindest mehr als bei Postboten und Lidl-Verkäuferinnen. ;-) Für den Beruf des Bauern ist es allerdings nicht nötig, studiert zu haben, weil man an der Uni nun wirklich nicht viel Brauchbares für die praktische Landwirtschaft lernt (ich weiß, wovon ich spreche). Aber Du hast vollkommen recht: die Ausbildung als solche ist allein schon sehr anspruchsvoll. Da können sich die allermeisten Lehrberufe eine Scheibe von abschneiden.

0
agrabin  18.03.2018, 14:47
@Henryettex

Es sind ca. 10% der Landwirte in D, die an Unis oder Fachhochschulen studiert haben, die meisten sind es also nicht.

Ob man ein Studium ohne Erfahrungen in der Landwirtschaft oder ohne eine landwirtschaftliche Ausbildung angeht, bleibt jedem überlassen. Die Vermittlung praktischer (handwerklicher) Kenntnisse sollte man von einem Studium auch nicht erwarten.

1
Henryettex  18.03.2018, 15:35
@agrabin

Ich kenne die genauen Zahlen nicht, vielen Dank, daß Du mich da aufgeklärt hast. In meiner Gegend ist es eher so, daß gefühlt mindestens die Hälfte der Bauern einen Hochschulabschluß hat. Mag an der Struktur der Betriebe liegen, deren Größe es den Söhnen schon seit zwei oder drei Generationen ermöglicht hat, nicht sofort zu Hause einsteigen zu müssen. Allerdings war es zu meiner Zeit auch noch so, daß ein einjähriges Praktikum vorweg Pflicht war, was alle diejenigen, die aus der Landwirtschaft stammten und somit zu 99,9% eine Lehre absolviert hatten, natürlich nicht machen mußten.

Handwerkliche oder praktische Fertigkeiten erwartet tatsächlich niemand an der Uni zu lernen. Ich meinte nützliche Dinge wie beispielsweise Buchführung, Rechnungswesen und dergleichen, also das "Handwerkszeug" im Büro. Man lernt die dritte Ableitung einer Nachfragefuktion auf Englisch abzuleiten, also pure Wissenschaft, aber nichts, was man im Berufsleben irgendwie benötigen würde. Es sei denn, man möchte tatsächlich Wissenschaftler werden.

0