Warum gibt es Längenkontraktion?

2 Antworten

Hallo Felixmagpizz640,

wie das Wort 'Zeitdilatation' ist das Wort 'Längenkontraktion' irreführend, suggeriert sie doch ein brontales Gezerre und Gequetsche, wo in Wirklichkeit nur eine völlig gewaltfreie Uminterpretation vorliegt.

Damit ist die Umrechnung zwischen zwei raumzeitlichen Koordinatensystemen Σ und Σ' gemeint.

Σ ist ein von einem Raumfahrzeug B aus definiert, relativ zu dem sich ein zweites Raumfahrzeug B' mit konstanter 1D-Geschwindigkeit v (in x-Richtung von Σ) bewegt. B selbst wird in Σ natürlich als stationär bei (x; y; z) = (0; 0; 0) beschrieben.

Σ' ist, wie die Bezeichnung verrät, von B' aus definiert; wir wollen annehmen, dass es dieselbe räumliche Ausrichtung hat wie Σ. In Σ' wird natürlich B' als bei (x'; y'; z') = (0; 0; 0) ruhend und B als mit konstanter 1D-Geschwindigkeit−v (gleiches Tempo, entgegengesetzte Richtung) bewegt beschrieben.

GALILEI meets MAXWELL

GALILEIs Relativitätsprinzip (RP) sagt nun aus, dass die grundlegenden Beziehungen zwischen physikalischen Größen (nichts anderes sind Naturgesetze) in Σ und Σ' identisch sind. Zu seiner Zeit waren freilich nur die Gesetze der Mechanik bekannt (eigentlich hat auch die erst NEWTON mathematisch formiert).

Erst zwei Jahrhunderte später formulierte MAXWELL die Gesetze der Elektrodynamik und konnte die Existenz elektromagnetischer Wellen vorhersagen; deren Ausbreitungstempo erwies sich als identisch mit dem Lichttempo c, und da es sich direkt aus MAXWELLs Grundgleichungen herleiten lässt, ist es selbst ein Naturgesetz, das in Σ und Σ' gleichermaßen gelten muss.

Ein Gedankenexperiment

Das Tempo von B' relativ zu B kann auch als Bruchteil des Lichttempos ausgedrückt werden, v = β∙c. Wir nehmen als Zahlenbeispiel β = 0,6, dass lässt sich nämlich besonders leicht rechnen.

Nehmen wir nun an, wir sitzen in B' und senden von einer Lichtquelle mit Präzisionsuhr Ώ aus je ein Lichtsignal zu je einem Spiegel in der Entfernung L

  1. in y- Richtung, also quer zut Bewegungsrichtung und
  2. in x-Richtung, also in bzw. gegen Bewegungsrichtung.

Ώ misst natürlich für beide Strecken die Zeit

(1) Δτ = 2L⁄c.

Schließlich beträgt in unserem Ruhesystem Σ' die Lichtgeschwindigkeit in jede Richtung c.

In Σ sieht das aber anders aus: Die Lichtgeschwindigkeit beträgt auch c, aber die Bewegung von B' verändert die Differenzgeschwindigkeit zwischen Lichtsignal und Ώ in Abhängigkeit von der Richtung:

Zu 1.: Das Lichtsignal bewegt sich mit B' mit in x-Richtung. Da sein Tempo insgesamt c ist, bleibt für die y-Richtung nur noch

(2) √{c² − v²} = c√{1 − β²} = 0,8∙c

übrig. Daher braucht es die Zeit

(3) Δt = 2L/c√{1 − β²} =: γ∙2L⁄c = 2,5∙L⁄c.

Daher muss, in Σ gerechnet, Ώ einen um den Faktor γ=1,25 längeren Zeittakt haben ("Zeitdilatation'") bzw. wenn man den Zeittakt von Ώ auf die Zeitachse von Σ projiziert, kommt etwas um den Faktor 1,25 längeres heraus.

Zu 2.: Das Lichtsignal und die Uhr entfernen sich auf dem Hinweg nur mit c − v = c(1 − β) = 0,4c voneinander bzw. Lichtsignal und Spiegel nähern sich einander mit 0,4c. Auf dem Rückweg entfernen sich Spiegel und reflektiertes Signal mit c(1 + β) = 1,6c, und Signal und Uhr nähern sich einander mit 1,6c.

Daher braucht das Signal für den Hinweg L/c(1 − β) und für den Rückweg L/(c(1 + β), was sich zu insgesamt

(4) 2L/c(1 − β²) = γ²∙2L⁄c = 3,125∙L⁄c

addieren würde, wenn die Strecke in x- Richtung genauso lang wäre wie die in y-Richtung. Daher muss sie in Σ um den Faktor ¹⁄γ = 0,8 kürzer sein als die entsprechende Strecke in y-Richtung ("Längenkontraktion").

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – + Auseinandersetzung mit Gegnern der RT

alles beginnt mit der Lichtgeschwindigkeit.

Die sogenannte Lichtgeschwindigkeit ist die Geschwindigkeit, mit der Realität sich ausbreitet. Nichts was Ruhemasse* hat kann diese Geschwindigkeit erreichen, und nur weil Photonen keine Ruhemasse haben, haben sie diese Geschwindigkeit, daher der Name.

Der Name kommt auch daher, dass man früher glaubte, das Licht brauche ein absolut stationäres Medium, in dem sich elektromagnetische Wellen ausbreiten (so wie Schallwellen in Luft), den sog. Äther. Die Frage, woran so ein stationärer Äther räumlich festgemacht sei, führte zum Michelson-Morley Experiment, bei dem eigentlich erwartet wurde, dass mit der Geschwindigkeit der Erde durch den Äther unterschiedliche Geschwindigkeiten des Lichts in unterschiedliche Richtungen gemessen würden. Überraschung: kein Unterschied, also kein Äther (es sei denn er würde zufällig ausgerechnet an der Erde festgemacht sein). Daraus geht nicht nur hervor, dass es keinen Äther gibt, sondern dass diese Geschwindigkeit eine in allen Inertialsystemen gleiche Naturkonstante und damit nicht überholbar ist, denn wenn man versucht den Strahl einer Taschenlampe mit dem Auto zu überholen, ist er relativ zum Auto genauso schnell wie relativ zur Taschenlampe.

Erst hier setzt die spezielle Relativitätstheorie an, die mit recht einfacher Mathematik (Lorentz-Transformationen) darlegt, was das für Auswirkungen auf Zeiten und Längen (und auch die kinetische Energie*) in bewegten Systemen hat.

*) Kinetische Energie von Objekten mit Ruhemasse enthält einen Term der Lorentz-Transformation wie Zeiten und Längen. Wenn man ein Fahrzeug in die Nähe der Lichtgeschwindigkeit beschleunigt, geht mit wachsender Geschwindigkeit ein immer größerer Anteil der zugeführten Energie in immer weniger Geschwindigkeitszuwachs und lässt für den äußeren Beobachter das Fahrzeug immer träger erscheinen - die Lichtgeschwindigkeit wird nie erreicht.