Warum gab es in Frankreich Inflation, weil der Staat so viel Geld druckte?

dermitdemball  11.11.2021, 17:32
Warum gab es in Frankreich Inflation, ...

Wann soll das gewesen sein? (Jahreszahl)

Sunnylulu07 
Beitragsersteller
 11.11.2021, 17:35

Ich denke dass es 1791 war. Das war ein Grund der Unzufriedenheit der Sancoulotten

4 Antworten

Vom Beitragsersteller als hilfreich ausgezeichnet

Inflation allgemein

Eine Inflation ist ein anhaltender Prozess der Geldentwertung, der sich durch in der Gesamtberechnung bemerkbare Preiserhöhungen zeigt. Mit einer Geldeinheit kann dann immer weniger gekauft werden. Geld verliert an Wert. Die Kaufkraft des Geldes veringert sich, das heißt pro Geldeinheit kann weniger an Wirtschaftsgütern (Waren und Dienstleistungen) gekauft werden.

Wenn von staatlicher Seite viel Geld gedruckt und in Umlauf gebracht wird, steigt die Geldmenge in einem Wirtschaftssystem.Wenn es bei dieser gestiegenen Geldmenge in dem Wirtschaftssystem die gleiche Menge an Wirtschaftsgütern wie vorher gibt, ändert sich das Verhältnis von Geldmenge und Menge der Wirtschaftsgüter. Wenn es in einem Wirtschaftssystem 10000 Geldeinheiten und Wirtschaftsgüter gibt und dann durch Drucken von Papiergeld noch 50000 zusätzliche Geldeinheiten im Umlauf gebracht werden, aber nicht mehr Wirtschaftsgüter als vorher produziert werden, verliert die Geldeinheit relativ an Wert (sie ist nur noch ein Sechstel wert, also etwas weniger als 17 Prozent). Auch wenn ein Wirtschaftsgut der Sache nach einen gleichen Wert hat, müssen die Menschen dafür mehr an Geldeinheiten bezahlen. Ein Schein Papiergeld, auf dem ein Betrag aufgedruckt ist, hat der Sache nach bei zunehmender Inflation immer weniger wert (im Extremfall fast gar nichts).

Ein Internetseite mit kurzer Information:

https://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/lexikon-der-wirtschaft/19723/inflation

Inflation während der Französischen Revolution (1789 – 1799)

Kurzgesagt hatte die Französische Revolution das Problem der hohen Staatsverschuldung und des drohenden Staatsbankrotts geerbt, zur Finanzierung dann Kirchengüter verstaatlicht und dafür Schuldscheine (Assignaten) ausgestellt. Diese wurden dann zu einem Papiergeld und allgemeinen Zahlungsmittel. Vom Staat wurden immer mehr Assignaten ausgegeben. Der Sache nach überstieg die Summe stark den Wert der Kirchengüter. Irgendeine Maßnahme war aber nötig, um einen Staatsbankrott zu verhindern und ab Frühjahr 1792 den Krieg zu finanzieren. Das viele in Umlauf gebrachte Papiergeld trieb eine Inflation an.

Der Staat Frankreich gab Schuldscheine heraus, die Assignaten genannt wurden. Finanziell sollten diese durch den Einzug der Kirchengüter (Land, Gebäude und anderes Eigentum der Kirche) zu Nationalgütern (Eigentum der französischen Nation) und den späteren Verkauf der Kuchengüter gedeckt werden. Der Kirche wurde also Besitz weggenommen, der erst einmal zu staatlichem Besitz erklärt wurde (Verstaatlichung).

Menschen gaben dem Staat Geld und bekamen dafür Assignaten. Der Staat konnte mit diesem Geld seine Schulden abbezahlen, ohne den Verkauf von Nationalgütern abwarten zu müssen. Die Assignaten waren wie Staatsanleihen (der Staat leiht sich Geld mit der Zusage, später zurückzuzahlen). Die Assignaten wurden am Anfang verzinst (wer Assignaten hatte, bekam zusätzliches Geld), später nicht mehr.

Wer Assignaten hatte, konnte damit Nationalgüter (ehemalige Kirchengüter) erwerben. Die Nationalgüter wurden versteigert. Dies geschah als ein Eintauschen: Wer ein Nationalgut erwerben wollte, bot Assignaten als Kaufpreis an. Wer am meisten Assignaten anbot, bekam das Nationalgut.

Die Assignaten wurden zu einem Papiergeld und allgemeinen Zahlungsmittel. Weil vom Staat immer mehr Assignaten ausgegeben wurden und außerdem von manchen Leuten Fälschungen hergestellt und in Umlauf gebracht wurden, kam es zu einem Wertverfall der Assignaten (Inflation).

Am 2. November 1789 wurde aufgrund eines Beschlusses der Nationalversammlung (568 gegen 346 Stimmen) das Kirchengut „der Nation zur Verfügung gestellt“ (zum Nationaleigentum erklärt). Auf diese (noch nicht von neuen Eigentümern übernommenen „Nationalgüter“ wurden Assignaten ausgestellt, verzinzliche Schatzscheine, 5%ige Schuldverschreibungen; für die Rückzahlung waren die aus dem Verkauf der Nationalgüter zu erwartenden Beträge als Deckung zugewiesen („assigniert“). Der Erwerb (als Berechtigungsscheine) diente der Vorbereitung des Kaufs der Nationalgüter. Dies sollte eine Übergangsregelung bis 1790 sein, also bis zum Eintreffen der „patriotischen Steuer“. Weil der Güterkauf noch in der Zukunft lag und damit eine unsichere Sache war, wurden die Assignaten aber zunächst kaum angenommen. Außerdem kam die Steuer im April kaum herein (statt 150 Millionnen nur 9, 7 Millionen Franken).

Nun wurden Assignaten schrittweise (beginnend mit der Zulassung als Rentenzahlung im April 1790 bis zur förmlichen Verfügung über den Status als allgemeines Zahlungsmittel) am 29 September 1790) normales Zahlungsmittel, also doch Papiergeld, und unverzinslich. Der Staat nahm die Kirchengüter selber in die Hand und von der Nationalversammlung (nach Debatten von Juni bis September 1790) wurde die Veräußerung aller Nationalgüter zu günstigen Zahlungsbedingungen angeboten. Raten auf 12 Jahre, alte Belastungen übernahm der Staat.

Es kam zu einem riesigen Besitzwechsel. Bis Mai 1792 verloren die Assignaten 60 % ihres Wertes im Verhältnis zum Hartgeld. Nach gesetzlicher Untersagung des Druckens eigenen Papiergeldes durch lokale Kassen im Frühjahr 1792 stieg der Wert der Assignaten rasch wieder an. Durch stark ansteigende Ausgaben im Zeichen des Ausbaus der Kriegswirtschaft verloren die Assignaten seit 1793 dann zunehmend an Wert. Die Pressen zum Drucken der Assignaten wurden angesichts heftiger Inflation auf Beschluß des Direktoriums am 19. Februar 1796 zerstört. Weil auch die ersatzweise eingeführten Territorialmandate (mandats territoriaux) einen rapiden Wertverlust erlitten, schaffte das Direktorium im Februar 1797 alles Papiergeld ab und kehrte zum Hartgeld zurück.

Internetseiten mit Informationen:

https://www.kinderzeitmaschine.de/neuzeit/franzoesische-revolution/lucys-wissensbox/wirtschaft/was-sind-assignate-und-seit-wann-gab-es-den-franc/

https://de.wikipedia.org/wiki/Assignat

https://langzeitarchivierung.bib-bvb.de/wayback/20190716085814/https://www.historicum.net/de/themen/franzoesische-revolution/einfuehrung/wirkungsbereiche/artikel/ii-wirtschafts/ (2. Schuldenkrise und Geldpolitik)

„Das wohl belastendste Vermächtnis des Ancien Régime war ein Schuldenberg von etwa 5 Milliarden Livres. Die ersten Reformmaßnahmen der Nationalversammlung trieben die Ausgaben zudem weiter in die Höhe, während die Einnahmen aufgrund der Steuerausfälle deutlich hinter den Erwartungen zurückblieben.

Rasche Abhilfe sollte der Verkauf der verstaatlichten Kirchengüter schaffen. Auf den zu veräußernden Grundbesitz wurden gemäß eines Beschlusses vom 19. Dezember 1789 Schuldscheine ab einem Wert von 1.000 Livres ausgegeben.

Diese sog. Assignaten nahmen immer mehr den Charakter einer Parallelwährung an: Nach gut einem Jahr war das Papiergeld in Stückelungen bis zu 5 Livres erhältlich und diente als alltägliches Zahlungsmittel. Das Verfahren vergrößerte die zirkulierende Geldmenge beträchtlich und zeigte stark inflationäre Wirkung. 

Das Metallgeld verschwand weitgehend vom offenen Markt, Spekulation und Warenhortung waren weitere Folgen. Profitieren konnten die Besitzer von Sachwerten und Boden, das Nachsehen hatten Lohnempfänger, Kapitalrentiers und Produzenten, die ihre Rohstoffe im Ausland erwerben mussten, vom Abnehmer aber in Assignaten bezahlt wurden.

Die verheerenden Wirkungen der Inflation verstärkten die Existenzängste breiter Bevölkerungsschichten und ließen die Rufe nach dirigistischen Maßnahmen lauter werden. Insgesamt hatten die unbewältigten Finanzprobleme wesentlichen Anteil daran, dass der Revolution auch lange Zeit keine politische Stabilisierung gelang. 

Als die Assignaten nur noch einen Bruchteil ihres Ausgabewertes besaßen, wurden sie im Frühjahr 1796 eingezogen und konnten im Verhältnis 1:30 durch "Territorialmandate" ersetzt werden, welche ihrerseits im darauffolgenden Jahr eingestellt wurden.

Insgesamt wurden Assignaten im Wert von circa 45 Mrd. Livres ausgegeben. Dem gegenüber steht eine Schätzung des Gesamtwertes der Nationalgüter auf nur 4-5 Mrd. Livres.“

Salue

Sagt Dir die Hyperinflation in Deutschland 1929 etwas? Nach dem 1. Weltkrieg war Deutschland zerstört, die Wirtschaft war auf dem Boden, viele Leute waren arbeitslos und es kam ein Börsencrash.

Die Weimarer Republik warf die Notenpresse an. Es gab Banknoten über 100 Millionen und mehr Mark. Ich habe noch Briefmarken aus jener Zeit, die eine Milliarden Mark ausgestellt sind. Am Schluss kostete ein Brot eine Schubkarrette voll Geld.

Die Scheine waren nur einseitig gedruckt. Sie waren weniger Wert als WC-Papier.

Für 100 Schweizer Franken konntest Du Dir in Deutschland ein Haus kaufen. Die Ersparnisse der Deutschen waren über Nacht nichts mehr wert.

Tellensohn

warum das Geld in Frankreich an Wert verloren hat, 

Ein kleines Beispiel ...

  • Stell Dir vor - Du willst ein Haus kaufen. - Es kostet 100.000 France
  • Du bist der einzige Interessent - kein Anderer hat soviel Geld
  • Jetzt druckt der Staat viel neues Geld und bringt es in Umlauf
  • Plötzlich will der Verkäufer jetzt 120.000 France haben, weil sich noch weitere Interessenten für das Haus gemeldet haben (durch den Geldsegen vom Staat)
  • Und weil jetzt alle anderen Interessenten unbedingt das Haus haben wollen, steigt der Preis für das Haus weiter. (Erhöht der Verkäufer den Preis)
  • Du bist enttäuscht, weil auch alle andere Häuser (die für Dich in Frage kamen) im Preis stark gestiegen sind - Du merkst - mein Geld hat stark an Wert verloren.
  • Und Du kommst schließlich zum Schluss - der Staat ist der Schuldige - weil ER so viel neues Geld gedruckt hat!

Alles Gute für Dich!

Das ist eigentlich ganz einfach. Wenn mehr Geld im Umlauf ist, verliert es an Wert.


Sunnylulu07 
Beitragsersteller
 11.11.2021, 16:59

Danke.
Weißt du vielleicht noch warum Frankreich zu viel Geld druckte?

0
siggiiii  11.11.2021, 17:03
@Sunnylulu07

Weil man dadurch simpel gesagt den Wert des eigenen Staates verringern kann und somit leichter Waren ins Ausland exportieren kann. Bzw Waren aus dem Ausland teurer werden.

Das kurbelt die Wirtschaft an.

1