Warum feiern die meisten modernen Kommunisten Pride-Month?
Die Gründer des Kommunismus sahen Homosexualität als eine kapitalistische Perversion.
3 Antworten
Der Kommunismus richtet sich gegen alle Formen der Unterdrückung, und das schließt Unterdrückung aufgrund der sexuellen Orientierung ein.
Dass z.B. Marx und Engels diesem Thema wenig Beachtung geschenkt haben oder sie sich privat schwulenfeindlich geäußert haben, tut dabei wenig zur Sache, weil Kommunismus und Marxismus mehr ist als nur die Gedanken von zwei oder einer Handvoll Leute.
Die Sowjetunion war 1921 das erste Land der Welt, dass Homo- und Transsexualität in weiten Teilen seines Staatsgebiets legalisierte und auch in anderen Ländern wandten sich Sozialisten und Kommunisten gegen die Verfolgung von Homosexuellen, z.B. auch in Deutschland.
Trotzdem blieb das ganze in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ein Nischenthema und Vorurteile waren auch unter Kommunisten und in der Sowjetunion weit verbreitet. 1933 wurde in der inzwischen stalinistischen Sowjetunion Homosexualität wieder verboten, genau wie andere revolutionäre Errungenschaften, z.B. im Bereich der Rätedemokratie und der Frauenbefreiung, wieder zürockgenommen wurden.
Der Pride Month soll an die Stonewall Riots 1969 in New York erinnern, als sich Schwule, Lesben und Transsexuelle erstmals im großen Stil gegen die Schikanen und Repressionen der Polizei zur Wehr setzten. In der Folge bildeten Homosexuelle zum ersten Mal organisierte Massenbewegungen, in den USA z.B. die Gay Liberation Front, die ein revolutionäres und antikapitalisches Selbstverständnis hatten und den Schulterschluss mit der übrigen sozialistischen Bewegung suchten, weil sie ihre Unterdrückung als eine Facette des kapitalistischen Systems begriffen.
In der Folge nahmen zahlreiche sozialistische und kommunistische Gruppen LGBT-Themen in ihr Programm auf. Dieses Bündnis, und nicht etwa ein veränderter Zeitgeist oder das Wohlwollen der Herrschenden, bewirkte vielerorts die Legalisierung von Homosexualität, so auch in Westdeutschland.
Den kommunistischen und übrigen antikapitalistischen Gruppen ist es heute während des Pride Months ein Anliegen, diese Geschichte in Erinnerung zu behalten und auf den Zusammenhang von Kapitalismus und Unterdrückung aufmerksam zu machen, zumal heute ein sozialistisches Verständnis bei LGBT-Gruppen keine Selbstverständlichkeit mehr ist und große Konzerne und bürgerliche Parteien sogenanntes Rainbow- oder Pinkwashing betreiben, d.h. sich aus Opportunismus weltoffen und tolerant geben und gleichzeitig weiter von Ausbeutung und Unterdrückung profitieren.
Ich glaube nicht das Marx oder Engels beispielsweise Homosexualität als "kapitalistische Perversion" bezeichneten. Diese Sichtweise war eher in der stalinschen Sowjetunion verbreitet. Ich kann mich aber irren. Ich glaube jetzt im Kontext seiner Zeit auch nicht das M. oder E. viel von Homosexualität hielten. Wenn ich nicht irre, haben etwa die Bolschewiki in den 20ern sogar Homosexualität zunächst erstmals legalisiert.
Aber selbst wenn. Auch wenn viele das anders sehen. Kommunisten sind halt keine Gläubigen, die ältere Kommunisten als unfehlbare Wesen sehen. Sie sind durchaus daran interessiert, die Fehler älterer "Führer" und Experimente zu analysieren und in der Zukunft besser zu machen. Die Akzeptant der Homosexualität gehört dahingehend halt zu dieser Aufarbeitung dazu.
Man darf sich gerne weiterentwickeln, auch als Kommunist. Wäre ja schlimm wenn jede Ideologie auf alte Prinzipien und Wertvorstellungen festhalten würde. Vor allem wenn es um wissenschaftliche Fakten geht, wie dass die Erde rund und nicht flach ist