Warum absorbiert das Polyen mit n=11 im länderwelligen bzw. energieärmeren Bereich?

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Moin,

verglichen womit?

Generell gilt, dass ein Chromophor im umso längerwelligeren Bereich absorbiert, je ausgedehnter sein konjugiertes delokalisiertes pi-Elektronensystem ist.

Bei reinen Polyenen beginnt die Absorption von Wellenlängen aus dem sichtbaren Lichtbereich des elektromagnetischen Spektrums bei etwa neun konjugierten Doppelbindungen (Absorption bei etwa 390 nm). Da werden blau-lilafarbene Lichtwellenlängen absorbiert, so dass wir die Komplementärfarbe Gelb sehen.

Polyene mit elf konjugierten Doppelbindungen absorbieren Wellenlängen im türkisfarbenen Bereich des Spektrums (um 450 nm). Die Komplementärfarbe dazu ist orange.

Je mehr pi-Elektronen im Chromophor delokalisiert vorliegen, desto leichter wird es, sie energetisch anzuregen. Je leichter sie anregbar sind, desto längerwellig (energieärmer) wird die elektromagnetische Strahlung, die zur Anregung nötig ist.

Das ändert sich noch einmal schlagartig, wenn auxochrome und / oder antiauxochrome Substituenten die delokalisierten pi-Elektronen beeinflussen. Bei Cyaninen (Polyene mit tertiärer Amino- und quartärer Iminogruppe) reicht im Chromophor bereits ein konjugiertes pi-Elektronensystem, das nur zwei Doppelbindungen umfasst, damit im gleichen Bereich absorbiert wird wie bei Polyenen mit elf konjugierten Doppelbindungen!

LG von der Waterkant


Anna18703 
Beitragsersteller
 17.03.2020, 14:56

Vielen Dank!

Könntest du mir vielleicht etwas mehr über die Cyanine erzählen und wo liegt der Unterschied zwischen Polyene und Cyanins ?

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DedeM  17.03.2020, 16:05
@Anna18703

Polyene sind - wie der Name schon verrät - einfach Kohlenwasserstoffe, in denen viele (poly) Doppelbindungen (-en) vorkommen. Wenn die Doppelbindungen konjugiert sind (abwechselnde Doppel- und Einfachbindungen), dann erreicht man irgendwann einen Zustand, wo es so viele delokalisierte pi-Elektronen gibt, dass ein Chromophor entsteht, also eine Struktur, die uns farbig erscheint. Polyene können künstlich hergestellt werden, es gibt aber auch natürliche (zum Beispiel Carotinoide wie beta-Carotin, der Farbstoff in einer Mohrrübe oder Lycopine wie Lycopin, der Farbstoff in einer Tomate).

Cyanine sind dagegen farbige Substanzen, die stets künstlich hergestellt werden. Hier gibt es an einem Polyen-Chromophor noch auxochrome und antiauxochrome Gruppen: (CH3)2N–(CH=CH)n–CH=N^+(CH3)2

Die tertiäre Aminogruppe (–NR2) ist dabei ein Auxochrom, weil sie dem delokalisierten pi-Elektronensystem des Chromophors zusätzlich das freie Elektronenpaar des Stickstoffs zur Verfügung stellen kann (+M-Effekt). Diese Tendenz wird noch durch die beiden Alkylreste (R) verstärkt, weil sie einen +I-Effekt besitzen, so dass ein positivierter Stickstoff gestützt wird.

Die Iminogruppe (=N^+R2) ist dagegen ein Antiauxochrom, weil der formal positiv geladene Stickstoff die Doppelbindung zum Kohlenstoffatom des Chromophors abziehen kann (–M-Effekt).

Solche auxochromen und antiauxochromen Gruppen führen insgesamt zu einem deutlich farbvertiefenden (bathochromen) Effekt, der auch Rotverschiebung genannt wird. Damit ist gemeint, dass die Absorption durch solche Gruppen in den längerwelligen Bereich des sichtbaren Spektrums verschoben wird. Am Ende dieses Bereichs liegt die Farbe Rot (deshalb also eine Verschiebung in Richtung Rot - Rotverschiebung, du verstehst?).

So kommt es, dass bei Cyaninen bereits ein Chromophor mit zwei konjugierten Doppelbindungen ausreicht, um im gleichen Bereich zu absorbieren wie ein einfaches Polyen mit neun konjugierten Doppelbindungen. Umfasst das Chromophor eines Cyanins fünf konjugierte Doppelbindungen, werden Wellenlängen um 770 nm absorbiert (roter Bereich des sichtbaren Spektrums), so dass uns solche Substanzen grün erscheinen (Komplementärfarbe).

Mehr weiß ich dazu jetzt auch nicht...

LG (nochmals) von der Waterkant

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