war das Ermächtigungsgesetz von 1933 legal?

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Es hat schon vorher Ermächtigungsgesetze gegeben, aber diese waren viel weniger weitreichend, hatten eine Dauer von höchstens einigen Monaten, schränkten bis auf einen Fall die Grundrechte nicht ein, gaben der Regierung nur ein Recht zu Verordnungen und Maßnahmen, nicht zum Beschließen von Gesetzen (und gar von der Verfassung abweichenden Gesetzen) und Verträgen, bewahrten ein Einspruchsrecht des Reichstages und des Reichsrates, also die Möglichkeit einer Aufhebung.

Das Ermächtigungsgesetz vom 24. März 1933 („Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Reich“) hatte einen Anschein von Legalität, weil Artikel 76 der Verfassung der Weimarer Republik (Verfassung des Deutschen Reiches vom 11. Augst 1919) Verfassungsänderungen bei einer Zweidrittelmehrheit des Reichstages und des Reichsrates zuließ, ohne Bestandteile der Verfassung als unveränderbar zu schützen, und eine Zweidrittelmehrheit erreicht worden ist. Beim Zustandekommen hat es aber mehrere Rechtswidrigkeiten gegeben.

Den Nationalsozialisten kam es mehr auf einen ausreichenden Anschein von Legalität an, wodurch sie schon eine gewaltige Gegenwehr und ernsthaften Widerstand auch bei politischen Verbündeten von Reichspräsident, Reichswehr und Staatsgerichtshof vermeiden konnten.

Rechtswidrigkeiten:

  • Anwesenheit bewaffneter SA- und SS-Männer im Sitzungsgebäude des Reichstag
  • Annullierung der KPD-Sitze im Reichstag
  • Zählung von Abgeordneten, die in der Sitzung unentschuldigt fehlten oder von der Teilnahme an der Sitzung ausgeschlossen werden könnten (der Reichstagspräsident allein sollte entscheiden dürfen, ob jemand unentschuldigt fehlte) als anwesend durch mehrheitliche Änderung der Geschäftsordnung am 23. März 1933 (eine Abstimmung über die Geschäftsordnung war nicht ausreichend, Verfassungsbestimmungen außer Kraft zu setzen, wie Artikel 20 über die Zusammensetzung des Reichstags und Artikel 22 über die Wahl der Abgeordneten)
  • personelle Zusammensetzung des Reichsrats bei seiner Zustimmung zu diesem Gesetz, weil in mehreren Ländern die Vertretung des Landes im Reichsrat von Reichskommissaren bestimmt wurde statt von eigenständigen Landesregierungen mit verfassungsrechtlichen Hoheitsrechten

Anwesenheit bewaffneter SA- und SS-Männer im Sitzungsgebäude des Reichstags

Vor und im Sitzungsgebäude (Kroll-Oper) des Reichstag war eine große Anzahl bewaffneter SA- und SS-Männer anwesend. Sie verhielten sich mit ihrem Auftreten, Gesten und Rufen drohend gegenüber Abgeordneten (die nach Artikel 21 der Verfassung nur ihrem Gewissen unterworfen waren), die möglicherweise mit Nein stimmen würden (der SP-Abgeordnete Julius Leben wurde sogar auf dem Weg zur Sitzung festgenommen und in Handschellen abgeführt, entgegen der Immunität nach Artikel 37 der Verfassung)

Annullierung der KPD-Sitze im Reichstag

Die bei der Reichstagswahl am 5. März 1933 gewählten Abgeordneten der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) waren an der Teilnahme gehindert. Eine Annullierung der KPD-Sitze war aber rechtswidrig. Die Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutz von Volk und Staat vom 28. Februar 1933 („Reichstagsbrandverordnung“) war keine ausreichende rechtliche Grundlage dafür. Die Wahl der KPD-Abgeordneten ist am 31. März rückwirkend für unwirksam erklärt worden, aber eine solche Rückwirkung, obwohl sie zur Wahl zugelassen worden waren, war formal nicht wirklich in Ordnung und auch eine inhaltlich wirklich verfassungsgemäße Begründung war nicht gegeben.

Zählung von Abgeordneten, die in der Sitzung unentschuldigt fehlten oder von der Teilnahme an der Sitzung ausgeschlossen werden könnten (der Reichstagspräsident allein sollte entscheiden dürfen, ob jemand unentschuldigt fehlte) als anwesend durch mehrheitliche Änderung der Geschäftsordnung am 23. März 1933 (eine Abstimmung über die Geschäftsordnung war nicht ausreichend, Verfassungsbestimmungen außer Kraft zu setzen, wie Artikel 20 über die Zusammensetzung des Reichstags und Artikel 22 über die Wahl der Abgeordneten)

Durch eine mehrheitliche (nur die SPD war dagegen) Änderung der Geschäftsordnung am 23. März 1933 sollten Abgeordnete, die in der Sitzung unentschuldigt fehlten oder von der Teilnahme an der Sitzung ausgeschlossen werden könnten (der Reichstagspräsident [Hermann Göring, NSDAP) allein sollte entscheiden dürfen, ob jemand unentschuldigt fehlte), als anwesend gezählt werden dürfen. Dies war eine Manipulation mit der Möglichkeit einer Veränderung der Zahlen für die Beschlussfähigkeit. Eine Abstimmung über die Geschäftsordnung war nicht ausreichend, Verfassungsbestimmungen außer Kraft zu setzen, wie Artikel 20 über die Zusammensetzung des Reichstags und Artikel 22 über die Wahl der Abgeordneten.

Alle 81 KPD-Abgeordnete und 26 SPD-Abgeordnete konnten an der Sitzung nicht teilnehmen (wegen Verhaftung, Flucht vor drohender Verhaftung bzw. der von Nationalsozialisten schwer verletzte SPD-Abgeordnete Wilhelm Sollmann in einem Polizeikrankenhaus).

Die Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutz von Volk und Staat vom 28. Februar 1933 („Reichstagsbrandverordnung“) war verfassungsrechtlich zweifelhaft, weil eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung sachlich nicht klar war, sie nicht zur Wiederherstellung verfassungsgemäßer Zustände verwendet wurde und ein zeitliches Ende der Grundrechtsbeschränkungen (unter anderem Artikel 114 über Freiheit der Person und Artikel 118 über Meinungsfreiheit) nicht vorgesehen war.

Inhaltlich rechtswidrig war, unter Berufung auf sie Abgeordnete zu verhaften, zu misshandeln und einzusperren. Artikel 36 der Verfassung („Kein Mitglied des Reichstags oder eines Landtags darf zu irgendeiner Zeit wegen seiner Abstimmung oder wegen der in Ausübung seines Berufs getanen Äußerungen gerichtlich oder dienstlich verfolgt oder sonst außerhalb der Versammlung zur Verantwortung gezogen werden.“) ist nicht wirklich eingehalten worden.

personelle Zusammensetzung des Reichsrats bei seiner Zustimmung zu diesem Gesetz, weil in mehreren Ländern die Vertretung des Landes im Reichsrat von Reichskommissaren bestimmt wurde statt von eigenständigen Landesregierungen mit verfassungsrechtlichen Hoheitsrechten

Das Ermächtigungsgesetz vom 24. März 1933 („Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Reich“) hatte als wesentlichen Inhalt eine Erlaubnis für die Reichsregierung, Gesetze zu beschließen. Damit konnte die Reichsregierung Gesetze und Verordnungen ohne Zustimmung des Reichstages und des Reichsrates erlassen. Die Befugnis zur Gesetzgebung lag nach der Verfassung beim Reichstag und der Reichsrat hatte das Recht zur Mitwirkung an der Gesetzgebung, wobei er gegen vom Reichstag beschlossene Gesetz Einspruch erheben konnte. Eine Zustimmung des Reichsrates zu Gesetzen, indem er keinen Einspruch gegen sie erhob, war also nötig, außer wenn der Reichstag mit Zweidrittelmehrheit den Einspruch des Reichsrates überstimmte.

Das Ermächtigungsgesetz vom 24. März 1933 hebelte die Gewaltenteilung aus, weil die Regierung (Exekutive) ohne Zustimmung von Reichstag und Reichsrat (nach der Verfassung Legislative) Gesetze durchsetzen konnte.

Der Reichsrat war das Parlament mit gewählten Abgeordneten auf der Gesamtebene Deutschlands.

Der Reichsrat war die Vertretung der einzelnen Länder Deutschlands (z. B. Preußen, Bayern, Sachsen, Hamburg) und in ihm waren nicht vom Volk gewählte Angeordnete, sondern bevollmächtige Vertreter der Regierungen der Länder (und in einem Sonderfall bei Preußen zur Hälfte bevollmächtige Vertreter der preußischen Provinzialverwaltungen).

Weimarer Verfassung (Verfassung des Deutschen Reiches vom 11. Augst 1919), Artikel 63:

„Die Länder werden im Reichsrat durch Mitglieder ihrer Regierungen vertreten. Jedoch wird die Hälfte der preußischen Stimmen nach Maßgabe eines Landesgesetzes von den preußischen Provinzialverwaltungen bestellt.

Die Länder sind berechtigt, so viele Vertreter in den Reichsrat zu entsenden, wie sie Stimmen führen.“

Dem Reichsrat stand gegen vom Reichstag beschlossene Gesetze Einspruch zu (Artikel 74).

Bei einer Verfassungsänderung wie dem Ermächtigungsgesetz war eine Zweidrittelmehrheit erforderlich.

Artikel 76:

„Die Verfassung kann im Wege der Gesetzgebung geändert werden. Jedoch kommen Beschlüsse des Reichstags auf Abänderung der Verfassung nur zustande, wenn zwei Drittel der gesetzlichen Mitgliederzahl anwesend sind und wenigstens zwei Drittel der Anwesenden zustimmen. Auch Beschlüsse des Reichsrats auf Abänderung der Verfassung bedürfen einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen. Soll auf Volksbegehren durch Volksentscheid eine Verfassungsänderung beschlossen werden, so ist die Zustimmung der Mehrheit der Stimmberechtigten erforderlich.

Hat der Reichstag entgegen dem Einspruch des Reichsrats eine Verfassungsänderung beschlossen, so darf der Reichspräsident dieses Gesetz nicht verkünden, wenn der Reichsrat binnen zwei Wochen den Volksentscheid verlangt.“

Die Mitglieder des Reichsrats haben am Abend des 23. März 1933 ohne Diskussion einstimmig beschlossen, von dem Gesetzentwurf Kenntnis zu nehmen, ohne Einspruch zu erheben.

Nicht verfassungsgemäß war, daß in mehreren Ländern die Vertretung des Landes im Reichsrat von Reichskommissaren bestimmt wurde statt von eigenständigen Landesregierungen mit verfassungsrechtlichen Hoheitsrechten.

Der Reichsrat konnte zustimmen, indem mindestens eine Zweidrittelmehrheit erklärte, keinen Einspruch gegen das verfassungsändernde Gesetz zu erheben. Ein Einspruch hätte zumindest eine aufschiebende Wirkung gehabt. Der Reichstag hätte noch einmal beschließen müssen und bei seiner Zustimmung mit Zweidrittelmehrheit hatte der Reichspräsident das Gesetz innerhalb von drei Monaten in der vom Reichstag beschlossenen Fassung zu verkünden oder einen Volksentscheid anzuordnen (Artikel 74).

Der Reichsrat konnte, wenn der Reichstag entgegen dem Einspruch des Reichsrats eine Verfassungsänderung beschlossen hatte, innerhalb von zwei Wochen einen Volksentscheid verlangen (Artikel 76).

Da die Abstimmung des Reichrates am 23. März 1933 (das Ermächtigungsgesetz darf in Kraft treten), obwohl dieser teilweise rechtswidrig besetzt war, als verfassungsgemäß gegebene Zustimmung behandelt wurde, trat gar kein Fall ein, bei dem der Reichstag in einem nochmaligen Beschluss mit Zweidrittelmehrheit gegen den Einspruch des Reichsrates eine Verfassungsänderung beschlossen hat.

Der Reichsrat hat dem in die Verfassung eingreifenden „Gesetz über den Neuaufbau des Reiches“ am 30. Januar 1934 zugestimmt, durch das die Länder zu bloßen Verwaltungseinheiten des Zentralstaates wurden. Dies war das völlige Ende eines Föderalismus.

Die Reichsregierung hat am 14. Februar 1934 durch das von ihr beschlossene „Gesetz über die Aufhebung des Reichsrats“ den Reichsrat formal aufgelöst und damit abgeschafft.

Die Nationalsozialisten hatten in vielen Ländern schon allein oder zusammen mit anderen die Regierung. Seit der Reichstagswahl am 5. März 1933 drängten sie verstärkt darauf, auch in den übrigen Ländern an die Regierungsmacht zu kommen. Dazu übte auch die Reichsregierung (besonders der Reichsinnenminister Wilhelm Frick) Druck aus.

Die bisher noch nicht nationalsozialistischen Regierungen der Länder (zum Teil nur noch geschäftsführend, weil sie kein eigene Mehrheit im Parlament hatten, aber auch keine Mehrheit für eine andere Regierung vorhanden war) wurden bald zu Fall gebracht. Teils wurden vom Parlament neue Regierungen gewählt (einige andere Parteien stimmten für eine nationalsozialistisch geführte Regierung), teils wurden Reichskommissare ernannt, die Regierungsmacht erhielten.

Die „Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutz von Volk und Staat“ (sogenannte Reichstagsbrandverordnung; 28. Februar 1933) wurde als Grundlage zur Einsetzung von Reichskommissaren benutzt.

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Werden in einem Lande die zur Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung nötigen Maßnahmen nicht getroffen, so kann die Reichsregierung insoweit die Befugnisse der obersten Landesbehörde vorübergehend wahrnehmen.“

Darauf konnte sich (wie inhaltlich zweifelhaft auch immer) die Übertragung von Regierungsbefugnissen auf Reichskommissare in gewissem Ausmaß berufen. Eine Erlaubnis für eine Auflösung von Länderparlamenten enthielt dies nicht. Der Reichsrat war aber eine Vertretung der Regierungen, nicht der Parlamente, und daher war für das Erreichen einer Mehrheit im Reichsrat entscheidend, in der Landesregierung zu sein.

Reichspräsident Paul von Hindenburg hat 1932 den Reichskanzler Franz von Papen als Reichskommissar für Preußen eingesetzt und ihm eine Vollmacht erteilt, dies bekanntzugeben und die geschäftsführende Landesregierung von Preußen (von demokratischen Parteien getragen, aber im Landtag von damals nicht mehr von einer eigenen parlamentarischen Mehrheit gestützt) abzusetzen (geschah dann am 20. Juli 1932; «Preußenschlag»). Der Staatsgerichtshof beim Reichsgericht in Leipzig hat bei einem Prozeß die Verfassungsmäßigkeit der Maßnahmen für gegeben erklärt und nur die völlige Beseitigung der staatsrechtlichen Stellung der geschäftsführenden Landesregierung für ungültig erklärt. Das Vorliegen der erforderlichen Voraussetzungen für eine Notverordnung wurde dabei aber inhaltlich nicht wirklich geprüft und es gibt gute Gründe, das Einsetzen eines Reichskommissars in diesem Fall für verfassungswidrig zu halten.

Als am 30. Januar 1933 eine Regierung mit Adolf Hitler als Reichskanzler kam, blieb Franz von Papen zunächst Reichskommissar für Preußen, Hermann Göring wurde Reichskommissar für das preußische Innenministerium (bedeutete unter anderem Zugriff auf die Polizei), es gab weitere Reichskommissare für bestimmte Aufgabenbereiche.


Albrecht  01.05.2020, 22:15

Reichspräsident Paul von Hindenburg hat am 6. Februar 1933 eine Notverordnung („Verordnung des Reichspräsidenten zur Herstellung geordneter Regierungsverhältnisse in Preußen") unterzeichnet. Darin wurden dem Reichskommissar für das Land Preußen und seinen Beauftragten bis auf weiteres die Befugnisse übertragen, die dem Preußischen Staatsministerium und seinen Mitgliedern zustanden. Als Begründung diente die Behauptung, durch das Verhalten des Landes Preußen gegenüber dem Urteil des Staatsgerichtshofs für das Deutsche Reich vom 25. Oktober 1932 sei eine Verwirrung im Staatsleben eingetreten, die das Staatswohl gefährde.

Diese Notverordnung war verfassungswidrig. Im Grund wurde der geschäftsführenden Landesregierung von Preußen vorgeworfen, auf ihr rechtmäßig zustehende (wie der Staatsgerichtshofs bestätigt hatte) Befugnisse nicht völlig verzichten zu wollen. Das Urteil des Staatsgerichtshofs beim Reichsgericht in Leipzig hatte ausgesagt, der Landesregierung könne ihre staatsrechtliche Stellung nicht einfach weggenommen werden. Ein besonders wichtiger Bestandteil dieser staatsrechtlichen Stellung war die Vertretung des Landes im Reichsrat und diese war in dem Urteil ausdrücklich als der Landesregierung zustehend dargelegt worden. Ein Reichskommissar war nicht berechtigt, die Vertretung im Reichsrat zu auszuüben bzw. zu bestimmen.

Die preußische Landesregierung und der preußische Staatsrat erhoben gegen die Notverordnung Einspruch und leiteten eine Klage ein, aber diese wurde nicht mehr behandelt (die Minister der geschäftsführenden Landesregierung hatten ihre Ämter am 25. März 1933 niedergelegt, nachdem ein neu gewählter Landtag am 22. März mit Mehrheit erklärt hatte, mit einer vorläufigen Wahrnehmung der Geschäfte preußischen Landesregierung durch die Reichskommissare einverstanden zu sein).

Dem Reichsrat stand gegen vom Reichstag beschlossenen Gesetze Einspruch zu (Artikel 74).

Bei einer Verfassungsänderung wie dem Ermächtigungsgesetz war eine Zweidrittelmehrheit erforderlich.

Artikel 76:

„Die Verfassung kann im Wege der Gesetzgebung geändert werden. Jedoch kommen Beschlüsse des Reichstags auf Abänderung der Verfassung nur zustande, wenn zwei Drittel der gesetzlichen Mitgliederzahl anwesend sind und wenigstens zwei Drittel der Anwesenden zustimmen. Auch Beschlüsse des Reichsrats auf Abänderung der Verfassung bedürfen einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen. Soll auf Volksbegehren durch Volksentscheid eine Verfassungsänderung beschlossen werden, so ist die Zustimmung der Mehrheit der Stimmberechtigten erforderlich.

Hat der Reichstag entgegen dem Einspruch des Reichsrats eine Verfassungsänderung beschlossen, so darf der Reichspräsident dieses Gesetz nicht verkünden, wenn der Reichsrat binnen zwei Wochen den Volksentscheid verlangt.“

Die Mitglieder des Reichsrats haben am Abend des 23. März 1933 ohne Diskussion einstimmig beschlossen, von dem Gesetzentwurf Kenntnis zu nehmen, ohne Einspruch zu erheben.

Im Reichsrat gab es 1933 66 Stimmen.

Außer in Preußen (insgesamt 26 Stimmen) waren auch in mehreren anderen Ländern Reichskommissare eingesetzt, ein Rücktritt der bisherigen Regierung bewirkt und die Befugnisse der Regierung von Reichskommissare beansprucht worden (zum Teil mehrere Tage auseinanderliegend):

Bayern (11 Stimmen) 9. März - 16. März 1933

Sachsen (7 Stimmen) 8. - 10. März 1933

Baden (3 Stimmen) 11. März 1933

Lübeck (1 Stimme) 6. März – 11. März 1933

Schaumburg-Lippe (1 Stimme) 9. März 1933

Nicht verfassungsgemäß war, daß so in mehreren Ländern die Vertretung des Landes im Reichsrat von Reichskommissaren bestimmt wurde statt von eigenständige Landesregierungen mit verfassungsrechtlichen Hoheitsrechten.

Susanne Hähnchen, Rechtsgeschichte : von der Römischen Antike bis zur Neuzeit. Begründet von Friedrich Ebel sowie Georg Thielmann. 4., völlig neu bearbeitete und erweiterte Auflage. Heidelberg ; München ; Landsberg ; Frechen ; Hamburg : Müller, 2012 (Schwerpunkte Pflichtfach. Jura auf den Punkt gebracht), S. 371:

„Rechtswidrig war auch die Besetzung des neben dem Reichstag beteiligten Reichsrates, in welchem mehrere Staaten - darunter Preußen, Bayern, Sachsen und Baden – nicht wie im Preußenschlag-Urteil des Staatsgerichtshofes […] gefordert, durch selbständige Landesregierungen, sondern durch Reichskommissare vertreten waren.“

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Fragesocke 
Beitragsersteller
 01.05.2020, 23:12
@Albrecht

Wow! Vielen Dank für die Mühe und Ausführlichkeit!

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Das ist ja eigentlich deine Hausaufgabe.

Denk mal nach oder lies nach, wie Hitler an die Macht gekommen ist und was auf dem Weg zu den Ermächtigungsgesetzen passiert ist bzw. wie hat er dieses und unter welchen Umständen eingeführt.

Ein Tipp: Es gab eine Abstimmung, KPD war ausgeschlossen durch eine Reichstagsbrandverordnung:

https://www.dhm.de/lemo/kapitel/ns-regime/etablierung-der-ns-herrschaft/ermaechtigungsgesetz.html


Fragesocke 
Beitragsersteller
 01.05.2020, 12:13

Das weiß ich alles. Ich habe einen kompletten Vortrag zu dem Thema ausgearbeitet. da diese Frage allerdings schwierig zu beantworten ist, wollte ich nochandere Meinungen hören.

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consillieri  01.05.2020, 12:15
@Fragesocke

Ach so o.k. Wollte dir auch nichts unterstellen, da deine Frage knapp war, bin ich von einem Schüler ausgegangen, der hier alles fertig haben möchte.

Ja, in meinen Augen hängt die Argumentation davon ab, wie man das Wort "legal" definiert und darf müsste man die Argumentation aufbauen...

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consillieri  01.05.2020, 12:20
@Fragesocke

Ich würde deine Frage mal ergänzen, damit die etwas kundigeren user hier gerne antworten. Das ist durchaus interessant es zur Diskussion zu stellen.

Ansonsten ist man ja diese Schülerfraen gewohnt und die meisten Historiker oder Hobbyhistoriker halten sich zurück. Mache ich aber erstmal auch.

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Was ist das für eine absonderliche Frage. Es ist doch klar, dass die Ausschaltung des Parlamentes niemals legal sein kann.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Innerhalb meines Studiums hatte ich viel mit Politik z utun

Fragesocke 
Beitragsersteller
 01.05.2020, 12:12

Er hat es allerdings durch die offizielle 2/3 Mehrheit erreicht und nichts verfassungswidriges getan?

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voayager  01.05.2020, 12:20
@Fragesocke
  1. war die KPD schon verboten, durfte nicht an der Abstimmung teilnehmen und 2.setzten die Nazis den Reichtstag unter massivsten Druck. Wenn du auch nur einen Funken nachdenkst, muß dir doch sofort klar werden, dass kein einziges Parlament der Welt sich selbst auflösen möchte, also politischen Selbstmord betreiben möchte. So selbstzerstörerisch ist doch niemand.
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Ja, es war durch die Verfassung gedeckt. Tatsächlich war Hitlers gesamte Herrschaft, verfassungsmäßig, absolut Legal.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Arbeite seit Jahren als Parteimitglied der AfD