Unterschiede singer und scheler?

2 Antworten

Scheler ist ein religiös gebundener Philosoph, der das Besondere des Menschen als ’Mitwirker Gottes’ sah, die Verantwortung des Menschen für Tiere und Natur also aus der 'gehobenen Position' des Mitverantwortlichen sah. Der Mensch als "Gottes Ebenbild" steht selbstverständich über Tier und Natur.

Peter Singer ist Materialist, Empirist und sieht den Menschen als Sproß der Natur, der sich im Wirken der Evolution aus dem 'tierischen Umfeld' gelöst hat. Aber als Teil der Natur haben wir - auch um unserer selbst willen - eine Mitverantwortung für Tier und Natur, zumal höhere Tiere wie Menschenaffen unsere direkten Geschwister sind.

Im Ergebnis sind sich beide durchaus ähnlich. Nicht aber in der Herleitung. Da kommen sie von grundverschiedenen Auffassungen.

Max Scheler ist stark von idealistischen und phänomenologischen Ansätzen geprägt worden und hatte religiöse Neigungen. Er hat eine materiale Wertethik vertreten, nach der durch ein Wertgefühl inhaltliche Werte intuitiv erkannt werden können.

Der Mensch hat nach Scheler eine Sonderstellung im ganzen Aufbau der biophysischen, die sich in der Natur zeigt und gezeigt werden kann.Scheler unterscheidet (in einem Vergleich zu Tieren und Pflanzen) Wesensstufen des Lebendigen/Psychischen/Gefühlslebens. Von unten nach oben sind dies:

  • Gefühlsdrang

  • Instinkt

  • assoziatives Gedächtnis

  • organisch gebundene praktische Intelligenz

Derr Mensch hat an allen diesen Stufen Anteil, steht aber als Geistwesen (inhaltlich ein wenig vom traditionellen Verständnis als vernunftbegabtes Lebewesen abweichend) noch höher (das geistige ist eien weitere, noch höhere Stufe). Er hat die Fähigkeit, zur Welt und sich selbst grundsätzlich Abstand nehmen zu können, und ist deshalb zur Gestaltung seiner Umwelt (z. B. geschichtliches Handeln, Kulturschafen, Ausrichtung nach Normen und Wetten befähigt (Weltoffenheit). Der Mensch kann sich selbst und seine Umwelt bewußt wahrnehmen und erkennen und zum Gegenstand von Reflexion machen (Selbstbewußtsein). Diese Eigenschaften werden allein vom Menschen realisiert, nicht von (anderen) Tieren (es gibt höchstens Vorformen).

Der Mensch hat damit in eine Sonderstellung. Scheler ist auch der Auffassung, er sei wesensgemäß metaphysisch. Das Übersteigen wird als in Transzendieren in Richtung Gott gedeutet. Das Entwickeln eines Bewußtseins seiner selbst durch den Menschen bedeute zugleich, das der Weltgrund sich erfasse und verwirkliche. Der Mensch sei ein Vermittler von Drang und Geist, die nicht fertig sind, sondern durch die Geschichte des Menschen und die Evolution der Natur, in Wederprozessen, entstehen. Der Mensch bedeute etwas für die Werdebestimmung der Gottheit selbst (Aufeinandergewiesensein von Mensch- und Gottwerdung).

Max Scheler, Die Stellung des Menschen im Kosmos. München: Nymphenburger Verlagshandlung, 1947, S. 47 (das Werk erschien zuerst 1928):

„Der Mensch allein - sofern er Person ist - vermag sich über sich - alsLebewesen - emporzuschwingen und von einem Zentrum gleichsam jenseitsder raumzeitlichen Welt aus alles, darunter auch sich selbst, zu Gegenstandseiner Erkenntnis zu machen. So ist der Mensch als Geistwesen das sich selberals Lebewesen und der Welt überlegene Wesen. Als solches ist er auch der Ironie und des Humors fähig, die stets eine Erhebung über das eigene Daseineinschließen.“

Peter Singer ist ein stark empiristisch ausgerichteter Materialist. In der Ethik vertritt er einen utilitaristischen Ansatz.

Singer trifft ebenfalls Unterscheidung, wie hoch Lebewesen entwickelt sind. Bei der Herleitung spielt eine materialistisch- naturalistische Betrachtungsweise eine bedeutendere Rolle. Der Mensch hat seiner Auffassung nach keine Sonderstellung in der Evolution. Die Verneinung einer Sonderstellung über einen vergleichsweise hohen Entwicklungsstand hinaus ist ein Unterschied zu Scheler. Der Mensch sei zwar besonders hochgestellt, aber nicht unübertreffbar und zumindest einigen hochentwickelten Tieren (ein funktionsfähiges Zentralnervensystem ist dabei wichtig) spricht Singer einen Status als Person zu (Menschenaffen, Delphine, Wale; mit einiger Wahrscheinlichkeit seien auch die anderen Säugetiere Personen), womit sie auf einer grundsätzlich gleichen Stufe stehen.

Singer ist ein Verfechter von Tierrechten und lehnt einen Speziesimus (Diskriminierung aufgrund der Zugehörigkeit einer biologischen Art) ab. Ähnlichen Interessen all derer, die von unseren Handlungen betroffen sind, ist nach ihm gleiches Gewicht zu geben.Peter Singer hält (in seinem Werk „Praktische Ethik“) den Grundsatz der gleichen Interessenabwägung (gleiches Gewicht aller betroffenen Interessen) für die Grundlage der Gleichheit. Als Interesse gilt, was eine Person nach Abwägung aller Umstände, die von Belang sind, vorzieht. Alle Wesen mit Interessen sind Subjekte ethischer Überlegungen.

Ein Kriterium ist die Empfindungsfähigkeit (kann ein Lebewesen leiden oder Freude und Glück empfinden?). Selbstbewußtsein ist ein weiteres Kriterium.

Eine Person ist ein Lebewesen, das sich seiner selbst bewußt ist, empfindungsfähig ist, autonom ist, ein Interesse an etwas hat, Wünsche für die Zukunft haben kann und sich der Vergangenheit und Gegenwart bewußt ist (über eine Zeit hinweg sich beständig als das gleiche Selbst fühlt).

Neugeborene, geistig schwerbehinderte und komatöse Menschen gelten demnach nicht als Personen. Anders als bei Scheler sind nicht allein Menschen Personen, sondern auch einige Tiere.


Albrecht  06.06.2011, 09:06

In der Tötungsfrage unterscheidet Singer drei Lebenswertklassen:

1) empfindungsfähige und ihrer selbst bewußte Personen (Tötung moralisch verwerflich)

2) empfindungsfähige, nur bewußte, ersetzbare Nicht-Personen (schmerzlose Tötung ist kein Unrecht)

3) empfindungs- und bewußtlose Nur-Lebewesen (Tötung aus direkten Gründen ist moralisch belanglos, weil sie nicht zur moralischen Gemeinschaft gehören)

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