Unterliegt Schall der Schwerkraft?

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3 Antworten

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Entgegen gängiger Lehrmeinung könnten Schallwellen eine Art Masse besitzen. Denn neue Berechnungen sprechen dafür, dass diese Wellen mit der Gravitation wechselwirken und so eine Masse transportieren. Doch nicht nur das: In vielen Materialien könnte diese „Schallmasse“ sogar negativ sein – Schallwellen müssten sich demnach leicht gegen die Schwerkraft biegen, wie die Wissenschaftler erläutern.

„Bisher ist es akzeptierter Fakt, dass Schallwellen zwar Impuls und Energie transportieren, nicht aber Masse“, erklären Angelo Esposito von der Columbia University in New York und seine Kollegen. „Doch wir stellen nun diesen ‚Fakt‘ in Frage.“

Ausgangspunkt dafür ist eine Beobachtung, die Physiker im Jahr 2018 bei superfluidem, ultrakaltem Helium machten: Als sie das Verhalten von Schallwellen in diesem Medium theoretisch nachvollzogen, kamen sie zu einem überraschenden Schluss: Die Phononen – Quanteneinheiten akustischer Wellen – in dieser exotischen Flüssigkeit reagierten auf die Schwerkraft. „In Gegenwart eines externen Gravitationsfelds, wie dem der Erde, biegt sich die Flugbahn eines Phonons aufwärts“, berichten Esposito und seine Kollegen.

Wegen der exotischen Bedingungen im superfluiden Helium konnten die Forscher damals jedoch nicht ausschließen, dass daran schwerkraftbedingte Dichteveränderungen im Medium oder Quanteneffekte schuld waren. Deswegen haben Esposito und sein Team nun dieses Phänomen erneut untersucht und theoretisch durchgerechnet – für klassische Schallwellen in ganz normalen Flüssigkeiten und Feststoffen.

Auch normale Schallwellen transportieren Masse

Das verblüffende Ergebnis: Auch unter normalen Bedingungen scheinen Schallwellen mit der Schwerkraft zu interagieren. „Entgegen landläufiger Annahme transportieren Schallwellen eine mit der Gravitation verknüpfte Masse im newtonschen Sinne – die Art von Masse, der wir jeden Tag begegnen“, konstatiert Esposito. Diese „mitgeschleppte“ Masse existiert demnach bei Schallwellen in normalen Flüssigkeiten und Feststoffen ebenso wie bei den Superfluiden.

Nach Ansicht der Forscher wurde diese überraschende Tatsache bisher übersehen, weil niemand auf die Idee kam, nach möglichen Interaktionen des Schalls mit der Schwerkraft zu suchen. Zudem sei die vom Schall vermittelte Masse sehr gering und bei normalen Experimenten bisher nicht nachweisbar. So entspricht die von einem energiereichen Phonon in ultrakaltem Helium übertragene Masse beispielsweise der eines einzelnen Heliumatoms – zu wenig, um mit gängiger Technik messbar zu sein.

Von der Gravitation abgestoßen

Wie groß die vom Schall transportierte Masse ist, hängt allerdings von der Energie der Schallwelle sowie dem Zustand und der Dichte des Mediums ab, wie die Forscher berichten. So besitzt die seismische Welle eines Erdbebens der Magnitude 9 eine Energie von rund einer Trillion Joule. „Bei einer Ausbreitungsgeschwindigkeit von fünf Kilometern pro Sekunde entspricht dies einer Masse von hundert Milliarden Kilogramm“, so Esposito und seine Kollegen.

Überraschend jedoch: Offenbar reagieren die Schallwellen genau umgekehrt auf Schwerkraft als normale Masse – sie bewegen sich von ihr fort, statt von ihr angezogen zu werden. „Für normale Zustandsgleichungen bei hoher Schallgeschwindigkeit und höheren Drücken ist die von den Schallwellen vermittelte Masse negativ“, erklären die Physiker. Ähnlich wie bei den Phononen im Helium müssten sich demnach auch normale Schallwellen unter Schwerkrafteinfluss ganz leicht aufwärts biegen.

So unglaublich und exotisch dies klingt, die Wissenschaftler sind von der Richtigkeit ihrer Berechnungen überzeugt: „Wir vertrauen unseren Ergebnissen“, betont Espositos Kollege Alberto Nicolis. Wie allerdings die Schallwellen diese Masse transportieren und welcher physikalische Mechanismus dahintersteckt, wissen auch sie noch nicht. *https://www.scinexx.de/news/technik/haben-schallwellen-eine-masse/

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Von Schall sollte solch eine Kraft eigentlich nicht ausgehen, so schreiben es zumindest die Gesetze der newtonschen Gravitationstheorie in ihrer angewandten Form vor. Demnach handelt es sich bei Schallwellen bloß um periodische Dichteschwankungen, die sich durch ein Medium wie Luft oder Wasser bewegen und dabei ganz mit ihm zu verschmelzen scheinen.

Möglicherweise macht man es sich damit aber zu einfach, argumentiert nun ein Team aus Theoretikern im Fachmagazin »Physical Review Letters«. Sie haben genauer als bisher ausgerechnet, wie Schallwellen auf winzige Störungen reagieren. Demnach lässt sich dem Schall in Festkörpern oder Flüssigkeiten sehr wohl eine Masse zuordnen – und diese ist den Forschern zufolge auch noch negativ. Eine solche Schallwelle müsste sich im Gravitationsfeld der Erde leicht nach oben bewegen.

Die Vermutung der Autoren fußt auf einer genauen Analyse der Bewegungsgleichungen der Dichteschwankungen. Oft werde angenommen, dass Schall ein »lineares« Phänomen sei, schreiben die Wissenschaftler. Die Bewegung von Teilchen durch eine Schallwelle wäre demnach stets proportional zur ausgeübten Kraft. In den allermeisten Fällen sei das auch eine zulässige Vereinfachung, betont das Team um Angelo Esposito von der Columbia *https://www.spektrum.de/news/haben-schallwellen-eine-negative-masse/1628120

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US-Physiker sagen: Jup, Schall hat auch ne Masse. Das würde allem widersprechen, was man bisher weiß. Schallwellen sind schließlich eigentlich nur Druck- und Dichteschwankungen, zum Beispiel in Luft. Man geht davon aus, dass Schall Energie transportiert und abgeben kann, aber selbst keine richtige eigene Masse besitzt. Das Team hat verblüffende Ergebnisse eines Experiments aus dem letzten Jahr nochmal theoretisch durchgerechnet und schreibt im renommierten Fachblatt Physical Review Letters: Doch, Schallwellen haben eine Masse - sie ist nur klein im Vergleich zur Masse des Mediums, in dem sie sich bewegen.

Jetzt wird es aber noch seltsamer: Die Physiker wollen ausgerechnet haben, dass die Masse negativ ist. Durch die Schwerkraft würden sie also nicht angezogen, sondern abgestoßen. Das Team gibt zu, dass noch mehr Forschung dazu nötig ist. Sie sagen aber, man könnte die Masse von Schall auch messen, zum Beispiel bei Erdbeben. *https://www.deutschlandfunknova.de/nachrichten/us-studie-forscher-sagen-schall-hat-eine-masse


Benediktiner 
Beitragsersteller
 19.02.2022, 17:03

Habe zwar nur einen Bruchteil kapiert, daber das ist der beste Erklärungsversuch, den ich seit langem dazu gelesen habe ..

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KittyCat2909  19.02.2022, 17:08
@Benediktiner

Danke!

Ja es ist kaum vorstellbar uind wie es scheint widerspricht es bisher allen Ausagen.

Kurzum und vereinfacht erklärt- die zuvor auf Test basierenden gemachten Versuche hatten selbst zu wenig Masse, sodass eine fehlerhafte Theorie als Tatsache dargstellt wurde. Aber eben fehlerhaft war.

Dies jedoch scheint logisch, denn wenn die Basis der Versuche um etwas zu belegen auf Fehlern beruht, kann diese eben falsch sein, die neue Tests belegt haben.

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Benediktiner 
Beitragsersteller
 19.02.2022, 17:13
@KittyCat2909

Das ist für mich Wissenschaft. Wissenschaft basiert auf folgenden Prinzipien (gerade gegooglelt, da muss ich ehrlich sein)

  • Inhaltliche Richtigkeit und Genauigkeit.
  • Transparenz/Überprüfbarkeit.
  • Intellektuelle Redlichkeit.
  • Wahl adäquater Methoden.

Deswegen finde ich es immer wichtig und richtig, wenn Wissenschaftler sagen "Wir gehen davon aus" und nicht "So ist es".

Eine These stimmt solange, bis sie widerlegt ist, finde ich.

Und wenn man, wie Sie schildern, die Basis der bisherigen Erklärungen falsch war, müsste man als Wissenschaft hingehen, und sagen: "Ok, alles auf Anfang".

Danke, ihr Beitrag war für mich als Laie wirklich erhellend.

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KittyCat2909  19.02.2022, 17:34
@Benediktiner

Ja das sehe ich genauso wie du und sollte immer sein, wenn etwas lediglich auf Thesen- nicht aber auf Tatsachen beruht.
Thesen können immer falsch oder fehlerhaft sein- Tatsachen jedoch nicht, da sie faktisch unmöglich sind.

Und Danke für die wie man anhand der vielem falschen Antworten erkennt- durchaus interessannt und lehrreich ist. :-)

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Schall ist kein Objekt, aht auch keine Masse. Ich denke, dass die Frage schon falsch formuliert ist. Betrachtet man einen Festkörper, welcher in Vibration versetzt wird, dann ist die Richtung, in die sich der Schall darin ausbreitet unabhängig von der Schwerkraft. In diesem Kontext würde ich also sagen, nein.


Benediktiner 
Beitragsersteller
 19.02.2022, 16:57

Aber Schall ohne Träger ist doch unhörbar, oder? Das waren zumindest immer die Argumente in bisherigen Diskussionen. Also wo keine Luft, da kein Schall. Wo, Luft, da Schall, und da auch Schwerkraft. Oder?

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Enzi1  19.02.2022, 16:59
@Benediktiner

Schall braucht ein Medium ja, aber das hat noch lange nichts damit zu tun, ob es von der Schwerkraft beeinflusst wird oder nicht. Das ist so, als würde ich sagen, ich bin der Sohn meiner Mutter, meine Mutter ist weiblich, also bin ich weiblich. Das ist genauso eine falsche Argumentationskette

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Schall ist die Fortpflanzung von Druckänderungen, und Druck ist keine Vektorgröße - man kann mit einem Barometer nicht feststellen wo unten und oben ist.


Benediktiner 
Beitragsersteller
 19.02.2022, 16:58

Aber Schall ohne Träger ist doch unhörbar, oder? Das waren zumindest immer die Argumente in bisherigen Diskussionen. Also wo keine Luft, da kein Schall. Wo, Luft, da Schall, und da auch Schwerkraft. Oder?

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hologence  19.02.2022, 17:51
@Benediktiner

ich habe geschrieben, welche Abhängigkeit nicht besteht. Wenn man beliebige Ketten zulässt, dann hängt natürlich alles von allem ab, das ist trivial. Dann hängt der Schall vom Urknall ab.

Die Natur ist ein konsistentes Gesamtkonstrukt.

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hologence  19.02.2022, 19:33
@Benediktiner

Phononen sind ein Begriff aus der Festkörperphysik. Ich bin bei der Frage von einem Alltagskontext hörbaren Schalls in Luft ausgegangen.

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Benediktiner 
Beitragsersteller
 19.02.2022, 19:37
@hologence

Warum unterscheidet sich der theoretische Ansatz aus der Antwort von KittyCat von Ihrem?

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livinggurke  19.02.2022, 16:55

Schall braucht aber Materie um sich auszubreiten. Und auf diese Materie nimmt die Gravitation Einfluss. Zwar beeinflusst die Gravitation dann nicht direkt den Schall, sondern vielleicht indirekt über das Medium, oder habe ich da einen Denkfehler drin?

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