Segelschiffe Metrum Deutsch?
Kann mir bitte jemand schreiben, wie das Metrum vom Gedicht "Segelschiffe" von Joachim Ringelnatz ist.
Vielen Dank
1 Antwort
Wie wär's, wenn du versuchsweise selbst einmal drangingest? So lernt man nämlich mehr!
Ich geb' dir den Text herein, und du überträgst ihn in eine Kommentar und machst alle Silben, die du beim Sprechen betonen würdest, fett. Du wirst sehen, es wird interessant!
Wie schaut es nachher aus? Taktstriche wären nützlich.
| Xxx | wäre ein Daktylus,
| xxX | ein Anapäst
| xX | ein Jambus
| Xx | ein Trochäus.
Achtung: Auftakte werden nicht gerechnet, Pausen zählen wie Silben.
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Das Gedicht "Segelschiffe" von Joachim Ringelnatz:
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01 Sie haben das mächtige Meer unterm Bauch
02 Und über sich Wolken und Sterne.
03 Sie lassen sich fahren vom himmlischen Hauch
04 mit Herrenblick in die Ferne.
05 Sie schaukeln kokett in des Schicksals Hand
06 Wie trunkene Schmetterlinge.
07 Aber sie tragen von Land zu Land
08 Fürsorglich wertvolle Dinge.
09 Wie das im Wind liegt und sich wiegt,
10 Tauwebüberspannt durch die Wogen,
11 Da ist eine Kunst, die friedlich siegt,
12 Und ihr Fleiß ist nicht verlogen.
13 Es rauscht wie Freiheit. Es riecht wie Welt. –
14 Natur gewordene Planken
15 Sind Segelschiffe. – Ihr Anblick erhellt
16 Und weitet unsre Gedanken.
Versuch's einmal. Was du hier dann produzierst, wird korrigiert werden.
01 Sie haben das mächtige Meer unterm Bauch
02 Und über sich Wolken und Sterne.
03 Sie lassen sich fahren vom himmlischen Hauch
04 mit Herrenblick in die Ferne.
05 Sie schaukeln kokett in des Schicksals Hand
06 Wie trunkene Schmetterlinge.
07 Aber sie tragen von Land zu Land
08 Fürsorglich wertvolle Dinge.
09 Wie das im Wind liegt und sich wiegt,
10 Tauwebüberspannt durch die Wogen,
11 Da ist eine Kunst, die friedlich siegt,
12 Und ihr Fleiß ist nicht verlogen.
13 Es rauscht wie Freiheit. Es riecht wie Welt. –
14 Natur gewordene Planken
15 Sind Segelschiffe. – Ihr Anblick erhellt
16 Und weitet unsre Gedanken.
So?
: In Zeile 4 hast du am Schluss daneben gegriffen; es sollte dort eine Hebung stehn, die Wortendung kann aber natürlich nicht betont werden.
Nein, Anapäst kann's trotz einiger betonter Schlusssilben keiner sein, dagegen spricht schon der mehrmalige Zeilenbeginn mit nur einer unbetonten Silbe.
Der Beginn mit einer Senkung ist jedes Mal nur der Auftakt zu einem Daktylus. Ganz regelmäßig läuft der viertaktische Daktylus allerdings nicht ab: Da ist z.B. in mehreren Zeilen des Gedichts im 4. Takt nach der Hebung eine Pause, und in Zeile 4 - wie du evtl. mit deinem "Ferne" zeigen wolltest - ist nach der Hebung des 2. Taktes die Hebung in überlang bzw. mit Pause. Solche Pausen gibt es ja etliche im Gedicht. Hättest du das Silbenbetonen fortgeführt, wärst du ja über eine beträchtliche Zahl an Unregelmäßigkeiten gestolpert.
Nein, kein Anapäst. Da gibt's am Zeilenbeginn einen Auftakt, dann 2 unbetonte + 1 betonte Silbe pro Takt = Daktylus. Verschiedene Kadenzen (=Versschlüsse); in Z. 4 fehlt eine unbetonte Silbe
01 Sie | haben das |mächtige |Meer unterm |Bauch
ooo1 x | X x x | X x x | X x x | X - -
02 Und| ü-ber sich | Wolken und |Sterne.
ooo2 x | X x x | X x x | X x x | X x -
03 Sie |lassen sich |fahren vom |himmlischen |Hauch
ooo3 x | X x x | X x x | X x x | X - -
04 mit |Her ren|blick in die |Ferne.
ooo4 x | X - x| X x x | X x -
01 Sie haben das mächtige Meer unterm Bauch
02 Und über sich Wolken und Sterne.
03 Sie lassen sich fahren vom himmlischen Hauch
04 mit Herrenblick in die Ferne.
05 Sie schaukeln kokett in des Schicksals Hand
06 Wie trunkene Schmetterlinge.
07 Aber sie tragen von Land zu Land
08 Fürsorglich wertvolle Dinge.
09 Wie das im Wind liegt und sich wiegt,
10 Tauwebüberspannt durch die Wogen,
11 Da ist eine Kunst, die friedlich siegt,
12 Und ihr Fleiß ist nicht verlogen.
13 Es rauscht wie Freiheit. Es riecht wie Welt. –
14 Natur gewordene Planken
15 Sind Segelschiffe. – Ihr Anblick erhellt
16 Und weitet unsre Gedanken.
Ist es ein Anapäst?