Sind die Umfrageergebnisse für die AfD ein Indikator dafür, wie schlecht die Altparteien ihre Arbeit machen?

3 Antworten

Ich bin in meinem direkten Umfeld als CDU-ler der "Linksradikale" 😉😊und bekomme regelmäßig Folgendes zu hören:

Ich/wir wählen die AfD NICHT wegen des Parteiprogramms sondern wegen diesem Punkt ... und dann wird dazu exakt EIN politisches Thema genannt. Zu geschätzt 80% ist das dann die Migrationspolitik, gefolgt von Äußerungen zu "gendern" und "Klimaaktionismus" am Volk vorbei".

Dazu kommt - siehe rotesand - natürlich auch eine Enttäuschung über das Brechen von "Stammtisch-Wahlversprechen", bei denen Bürgerinnen und Bürger den anwesenden Mandatsträgern konkrete Sorgen schildern. Das ist aber kein wirkliches neues Phänomen, deswegen lasse ich es als tatsächlichen Beweggrund für eine AfD-Stimme so nicht gelten. Dann könnten diese Unzufriedenen einfach die Stimme in Richtung grün oder gelb vergeben.

Ist das Verhalten nun ein Indikator für schlechte Politik? Bezogen auf die Ampel und deren Tätigkeit würde ich es bejahen. Für die CDU siehe nächster Absatz.

Ist das ein Indikator für einen Rechtsruck in der Gesellschaft? Sicher nicht. Die CDU ist unter Frau Merkel nur über die Mitte hinaus nach links gerückt und wird sich mit dem neuen Grundsatzprogramm wieder in etwa an alter Stelle positionieren. Ob das dann unter einem Hr. Merz passiert werden wir sehen. Ich persönlich wage das mittelfristig zu bezweifeln.

Woher ich das weiß:Hobby – Kommunalpolitik und Themen bis auf Landtagsebene

Man muss sich mal anschauen, wer die AfD wählt.

Zum einen haben sie die meisten Anhänger in den gleichen Hochburgen, die 1933 auch Hitler hatte. Da scheint es also eine gewisse Grundhaltung in gewissen Regionen zu geben. Noch schlimmer finde ich es, dass diese aus der Geschichte nicht dazu gelernt haben. Nur aus Protest diese Gruppierung zu wählen ist nicht besonders schlau.

Befasst man sich mit den Argumenten, kann man auch nur mit den Ohren schlackern. Z. B. Ausländerfeindlichkeit, ausgerechnet in den Regionen/Bundesländern, die den kleinsten Ausländeranteil haben. Was sagt uns das?

Die nächste Frage wäre, wem nützt das was? Europafeindlichkeit, Ausländerfeindlichkeit, Volksverhetzung und immer ein großes Feindbild (aktuell nach den Emigranten, Impfbefürwortern nun die Grünen bzw. Linken und das Heizungsgesetz). Da fällt einem der offensichtliche Populismus und dessen Nähe zu Russland auf. Seit Jahrzehnten befeuern Putin Trolle die westlichen Chatrooms, Netze und sozialen Medien. Nimmt man die augenscheinliche Nähe der AfD Funktionäre zu Russland hinzu, ist doch klar woher das kommt. Bedenkt man noch die Beißhemmung der ehemaligen DDR-Bundesländer in Richtung Russland ist es total eindeutig. Als wenn das nicht nötig wäre muss man nur noch dem Geldströmen folgen. Die führen alle in den Osten und darüber hinaus.

Jetzt guckt man sich an, was in welcher Form gesagt wird und von wem? Gerade in der ersten Reihe der AfD stehen Leute, die schon sehr braun denken und auch aussehen. Der Höckel hat in seinem Buch sehr offen über seine rechte Weltanschauung gesprochen. Man könnte fast glauben, von seinen Anhängern hat keiner das Buch gelesen. Wortwörlich kopieren hier die neuen Nazis die Originale. Die müssten sich schon gegen diese Plagiate wehren, wenn sie könnten.

Die aktuelle Regierung hat im Gegensatz zu ihren Vorgängern unglaublich viel bewegt und ausgezahlt. Nur "verkauft" sie ihre Errungenschaften schlecht. In diese Bresche springt der Populismus und schlachtet das unglaublich aus. Fakten werden durch Emotionen und Fakenews ersetzt und aufgeputscht. Hier geht es schon lange nicht mehr um echte Zahlen sondern nur noch um "recht haben" oder um "die da oder wir". Ganz im Sinne Putins gehen wir uns nur noch an die Gurgel, anstatt uns um die beste Problemlösung zu streiten.

Ich sehe das Problem ganz woanders: bei Menschen, die dem lautesten Bölker mit der einfachsten Lösung hinterherlaufen. Das Wesen einer Demokratie ist der Kompromiss. Im Ergebnis ist keiner zufrieden, weil keiner alle Wünsche erfüllt bekommt. Nur fehlt da die entsprechende Bereitschaft und Frustationsstärke.

Da Fakten und echte Recherchen gewissen Gruppen zu anstrengend sind, siegen die einfachen Gemüter. Ich kann kein Englisch, statt es zu lernen fordere ich halt die Abschaffung des Englischunterrichtes. Ich kann keine Bundeswahlen gewinnen, da zanke ich ständig in Kreisgremien oder Stadtgremien um Bundespolitik. Egal, dass dabei die anstehenden Probleme von Kreis und Stadt im Reformstau stocken, ich kann meine Fakenews kolportieren und mich groß fühlen.

Hier leben Egozentriker um jeden Preis ihr Ego aus. Wer dafür den Preis zahlt und dass man dafür Volksverhetzung betreiben muss stört nicht. Man fühlt sich toll dabei.


trans64  15.07.2023, 15:37

Der Erste Satz stimmt!

Wo früher die NSDAP gewählt wurde, wird heute die AfD gewählt, haben Forscher:innen errechnet

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Im Wesentlichen kann man das so sagen. Die meisten AfD-Wähler kennen weder das Parteiprogramm noch wissen sie, wofür die Partei steht. Sie wählen die AfD nicht ihretwegen, sondern weil sie den Altparteien, die sie früher gewählt haben und von denen sie sich im Stich gelassen oder belogen fühlen, eins auszuwischen - mehr ist es nicht.

Hierzu ist zu sagen: Die Leute müssen sich von den Politikern und Parteien ernstgenommen fühlen. Es ist also nicht nur alle paar Jahre jeweils vor der Wahl gut Wetter zu machen, sondern an der Basis zu arbeiten und Versprechen sind einzulösen. Der Ländliche Raum ist deswegen eine Keimzelle von AfD und Nichtwählern. Ich kenne Menschen verschiedener Altersklassen, die im Ländlichen Raum jegliches Vertrauen in den Staat oder viel mehr in die Volksparteien verloren haben, nachdem deren Abgeordnete zwar immer große Augen und heiße Ohren bekamen, wenn Pressefotos geknipst wurden, aber am Ende dann doch "nix" getan haben, das den Leuten geholfen und teils prekäre örtliche Zustände verbessert hätte. Die Leute sind nicht braun angehaucht, sondern enttäuscht und wissen nicht mehr, was sie wählen sollen; sie fühlen sich verkauft und vorgeführt - auch in Westdeutschland. Wer auf den bösen Osten schimpft, der macht es sich zu leicht.

In einem traditionell sehr CDU-lastigen kleinen 3000-Einwohner-Ort in der Nähe meiner (westdeutschen) Heimat war die AfD bei der letzten Wahl zur stärksten Kraft geworden -----> auch wenn ich der AfD nicht nahe stehe, verstehe ich das teilweise und hatte es im Vorfeld geahnt. Ich habe in diesem Zuge 2017 einen damals 87 Jahre alten Mann von dort getroffen, der die AfD wählte und dazu stand. Er fühlte sich von den "Krawattenträgern, die beim Pressefototermin grinsen und das Blaue vom Himmel versprechen" (O-Ton) veralbert. Nichts, so sagte er, was die CDU- und SPD-Abgeordneten alle paar Jahre im Schützenhaus beim Wahlkampf der Dorfgemeinschaft versprachen, wurde gehalten; viel mehr sei nur "vertröstet, versprochen und gebrochen" worden und er ist nicht der einzige, der so denkt, sondern einer von vielen - ich weiß auch von Intellektuellen mit guter Bildung und guten Berufen, die weder verkopft noch "nicht ganz dicht" oder braun sind, aber mit der AfD sympathisieren, weil sie ihre eigenen eher konservativen Werte bei der (Merkel-)CDU nicht mehr gefunden haben.

Gerade in ländlichen Räumen fühlen sich immer mehr Leute von den "Volksparteien" im Stich gelassen: Die Politikverdrossenheit ist mehrheitlich auf das Versagen der Parteien zurückzuführen. Und wenn dann (Stichwort Sonneberg) ein AfD-Mann wie Robert Sesselmann die Sorgen der Leute ausspricht und ihnen Hilfe zusichert, anstatt wie der blass wirkende CDU-Mann die üblichen CDU-Phrasen in den Raum zu werfen von Demokratie usw., kommt eines zum anderen.

Vor der Presse wird gern vom "ländlichen Raum" und seiner Wichtigkeit bzw. Wertigkeit gepredigt, weil es gut klingt und die Leute das hören wollen, aber nach der gewonnenen Wahl will kaum ein MdB oder MdL mehr was davon wissen. Keine Partei, die nach jeder Wahlschlappe oder aufgrund niedriger Umfragewerte auf "traurig" macht und dann doch nichts ändert, braucht sich über Nichtwähler oder AfD-Zulauf zu beschweren.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung