Sind die Franzosen noch Kelten?

3 Antworten

Es ist etwas komplizierter. Ein relativ großer Teil der „keltischen“ (gallischen) Bevölkerung des Altertums waren gar keine blonden / rothaarigen Kelten, sondern dunkle vorkeltische Alteuropäer mit matrilinearer Erbfolge und Leichenbestattung in Hocklage, also den mediterranen Pelasgern und Etruskern der Mittelmeergebiete verwandt, allerdings eher von „alpinem“, also rundköpfigem Typus. Die blonden Asterix- und rothaarigen Obelix-Typen bildeten vor allem bei den südlicheren Galliern nur eine Oberschicht. Diese ist in der Bronzezeit nach Westeuropa vorgestoßen und hatte die vorkeltischen Alteuropäer unterworfen.

Im Laufe des ersten Jahrtausends haben sich die indogermanischen (im 19. Jh. sagte man „arischen“) Kelten mit den dunkleren Alteuropäern vermischt. Ähnliche Mischungen aus Kelten und vorkeltischen Alteuropäern gab es im ersten Jahrtausend v. Chr. auch in Iberien (Keltiberer) und Britannien (Briten).

Als Cäsar Gallien mithilfe germanischer Auxiliartruppen unterwarf fiel ihm auf, dass die Gallier etwas dunkler waren als die vornehmen Römer und Germanen. Die Kelten haben also mehr von den Genen der vorkeltischen Bevölkerung aufgenommen als die Italiker (Römer), während die Germanen auf keine Vorbevölkerungen stießen, sondern der Urtypus ihrer Urheimat waren, wie schön der Römer Tacitus feststellte.

Die Römer selbst haben in Gallien kaum gesiedelt und entsprechend wenige Gene in die Bevölkerung hereingebracht. Eher noch haben sich einige germanische Auxiliarlegionäre mit den Galliern vermischt. Außerdem mögen im Zuge der Integration Galliens in das römische Imperium vor allem im Süden Galliens auch manche Händler aus der Levante (z. B. Phönizien), Ägypten, Karthago oder anderen fernen Ländern angesiedelt haben. Diese ähnelten im Aussehen teilweise bereits den heute in diesen Gebieten lebenden Bevölkerungen, waren jedenfalls dunkelhaarig wie die Alteuropäer, hatten aber im Gegensatz zu diesen auch dunklere Hautfarben, krumme Nasen und „semitischen“ oder kleinasiatischen Typus. Die entsprechenden Gene bestimmen bis heute das Erscheinungsbild typischer Südfranzosen.

Die Jahrhunderte der römischen Kaiserzeit haben die Bevölkerungen der Anrainerstaaten des Mittelmeeres gründlich durcheinandergewirbelt. Die Römer waren die Imperialisten des Altertums und haben dort in der Kaiserzeit „Multikulti“ ähnlich verbreitet wie heute die Amerikaner. Am Ende sind die Römer selbst ausgestorben und haben auch andere Völker durch Vermischung völlig umgewandelt. Sie haben jedoch vielen der Völker, die sie unterworfen und dann der multiethnischen Vermischung ausgesetzt hatten, ihre lateinische Sprache gebracht. So auch den Galliern.

Stärker durchsetzt wurde der Norden der gallischen Provinzen später von germanischen Stämmen, von denen die ungemein kriegstüchtigen Franken an erster Stelle standen. Die Franken nahmen relativ früh das Christentum an und die westlichen Franken waren die Väter des französischen Staates, der auf die Teilung des Frankenreiches im Vertrag von Verdun von 843 zurückgeht.

Wie die Kelten seit der späten Bronzezeit eine zahlenmässig nicht allzu starke Oberschicht gegenüber ein eingeborenen Alteuropäern bildeten, so bildeten die Franken (und im Osten die gleichfalls germanischen Burgunder) wiederum eine wohl aber etwas breitere Oberschicht gegenüber der nun alteuropäisch-keltisch-„römischen“ Mischbevölkerung. Sie drängten der gallischen Mischbevölkerung aber nicht ihre germanische Sprache auf, sondern übernahmen den lateinischen Dialekt, den diese von den Römern aufgezwungen bekommen hatte. Daraus entstand die französische Sprache, die im Mittelalter allerdings noch ganz anders, nämlich härter und „germanischer“ klang als die süffige, feminine Sprache, die wir als heutiges Französisch kennen.

 Im 8. Jh. kam es noch einmal zu einer Erobererwelle aus südlicher Richtung: Die arabisch-maurischen Scharen drangen über die Pyrenäen im Frankenreich ein und wurden erst von Karl dem Hammer bei Tours gestoppt. Manche dieser Araber ließen sich im Süden des Frankenreiches nieder, nahmen den christlichen Glauben an und wurden ein Teil der Bevölkerung. Sie sind, ähnlich wie bei Spaniern und Portugiesen, einer der Faktoren für das relativ dunkle Erscheinungsbild vor allem der Okzitanier (Südfranzosen).

Später eroberten auch norwegische Wikinger Teile des nördlichen Westfrankenreiches. Aus ihnen entstand das Normannentum, dessen Schwerpunkt die nach ihnen benannte Normandie bildet. Doch auf das gesamte Franzosenvolk von heute betrachtet war ihr genetischer Einfluss noch geringer als der fränkische.

Der größte Teil der Erbmasse des heutigen Franzosenvolkes stammt von der vorkeltischen, alteuropäischen Urbevölkerung. Kelten (Gallier), „Römer“ (bzw. deren Auxiliartruppen sowie Händler aus allen möglichen Provinzen des Römerreiches), Franken, Burgunder, Araber und Wikinger (Normannen) sind weitere Elemente, die im Laufe der Geschichte in den Genpool des so entstandenen französischen Volkes eingingen.

Durch den nicht zu unterschätzenden germanischen (fränkischen, burgundischen und normannischen) Einschlag in Nord- und Ostfrankreich sind die dort lebenden Franzosen relativ hell und von Deutschen kaum zu unterscheiden, während die Südfranzosen infolge levantinischer oder arabisch-maurischer Einschläge eher den anderen Mittelmeervölkern ähneln.

Die Franken sind auch noch gekommen. Das Reich Karls des Großen wurde geteilt. Und die Burgunder.


tomas729 
Beitragsersteller
 25.11.2023, 19:42

Der anteil der germanischen franken war sehr gering eigentlich wurden nur die adelstände und hohen plätze durch die franken ersetzt der großteil der bevölkerung vermischte sich nicht mit den franken

Ich würde sagen: Das, was keltisch ist, ist die Kultur. Polytheismus, Feste zu den Sonnenwenden und Äquinoktien, Fabelwesen wie Wechselbälger und der Nachtkrapp, sowas.

Nicht die Genetik.

Also, nein, Kelten gibt es heutzutage eigentlich nicht mehr. Ein paar Bräuche haben sich in Skandinavien gehalten, ein paar Leute holen die Religionen und Bräuche von damals zurück (Paganismus und Wicca), die Art von Gesang und die Instrumente gibt es noch in Irland und Schottland, aber keltische Kultur ist ausgestorben - und entsprechend gibt es niemand mehr, der sich wirklich als Kelte bezeichnen könnte.