Sind Aristoteles Ansichten zum Glück noch zeitgemäß?

2 Antworten

Ich würde sagen, die sind sogar aktueller denn je und liegen im Prinzip auch unserer Verfassung zugrunde.

Das individuelle Streben nach Glück, das auch im Zentrum der Nikomanischen Ethik Aristoteles' steht, war zentraler Bestandteil der humanistischen Aufklärung und fand sich erstmals als Naturrecht formuliert in der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung wieder.

Im Grundgesetz wird zwar das Recht, nach dem individuellen Glück zu streben, nicht ausdrücklich erwähnt, es liegt aber der Erklärung der Grundrechte und der freiheitlich demokratischen Grindordnung zugrunde und diese Grundrechte sollen die Rahmenbedingungen schaffen, innerhalb derer das individuellen Streben nach Glück im aristotelischen Sinne möglich ist.

...Vollendet glücklich kann ein Mensch jedoch erst genannt werden, wenn er mit äußeren Gütern hinreichend ausgestattet ist und sein ganzes Leben tugendgemäß verbringt...

Wenn dem so wäre, dann bräuchten wir nicht nur 2, sondern 3 Erden.


scoredelia  29.10.2018, 07:24

Es geht Aristoteles nicht um "seltene Erden", sondern darum hinreichend, also ohne Mangel leiden zu müssen, leben zu können. Damals gab es noch keine Smartphones, Flugreisen oder andere Dinge, die wirklich Löcher in den irdischen Etat reißen. Zudem gab es noch lange nicht so viele Menschen. Damals (bei Aristoteles) gab es zwar auch Umweltprobleme, z.B. das Abholzen der Wälder rund ums Mittelmeer für Handels und Kriegsflotten, aber der private Lebensstil selbst der meisten Reichen war nicht geeignet, einen größeren Einfluss auf das Weltklima auszuüben. Damals (beim Entwurf der amerikanischen Verfassung) hatte man eine Menge Menschen aus Europa nach Amerika verfrachtet, weil die Güter des täglichen Lebens knapp wurden. Man hat sich einfach eine "neue Welt" genommen. Hier hätten kühne Denker schon anders formulieren können, das war aber die erste Wachstumskrise Europas und die Ursachenforschung wurde zugunsten schneller Lösungen hintangestellt. Erst danach, mit der Industrialisierung rutschte die Menschheit unaufhaltsam in die "erdtechnisch" roten Zahlen. Und bei unserem heutigen Lebensstil würden auch 3 Erden schnell zu wenig sein.

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