Sind Alkine frei drehbar?
Hallo! Meine Frage ist: Sind Alkine frei drehbar oder nicht? Wenn ja wieso. Kann mir das jemand erklären? Wenn nicht wieso ist das so? Danke fürs Antworten. (ich finde über Google nichts was ich verstehe)
3 Antworten
In Alkanen (CH₃—CH₃) ist die Bindung leicht drehbar, in Alkenen CH₂=CH₂ nicht (formal sind das Schwingungsfreiheitsgrade, sogenannte Torsionsschwingungen) Wie Sieht das bei Alkinen aus? Interessanterweise hat die Frage keine Antwort.
Beginnen wir mit dem Ethin, CH≡CH. Da das Molekül linear ist, haben interne Rotationen um die Bindungen keine Bedeutung; es ändert sich ja nix, wenn man die Molekülhälften gegeneinander verdreht. Es gibt 3N−6=6 Schwingungen, davon drei Streckschwingungen und drei Knickschwingungen (eine davon entartet).
Wie sieht es beim Propin CH₃–C≡CH aus? Ähnlich, denn eine Dreihung um die C–C oder C≡C-Bindung hat keinen Effekt auf die Atomkoordinaten. Es gibt fünf Streckschwingungen (eine davon, an der Methylgruppe, ist entartet), und eine simple Winkelschwingung an der CH₃-Gruppe. Bleiben noch vier entartete Schwingungen übrig: Eine Winkeldeformation an der CH₃, und die Winkel an den drei Kohlenstoffen bezüglich der Kette. Damit sind die 3N−6=15 Schwingungen aufgebraucht (5A₁⊕E, für die, die es ganz genau wissen wollen), und für eine interne Rotation ist kein Platz.
Aber jetzt gehen wir zum 2-Butin CH₃–C≡C–CH₃. Da muß es doch eine Drehung der beiden Molekülfragmente gegeneinander geben, oder? Ja schon, aber um welche Bindung? Die C-Atome bleiben ortsfest, nur die H-Atome rotieren, und das müßte man dann wohl der C–C-Einfachbindung zuschlagen.
Zur allgemeinen Erbauung rechne ich das auch noch durch, und zwar in D3d. Ich hoffe, irgendjemand hat an Gruppentheorie auch nur halb so viel Freude wie ich. Wenn ja: Hier geht’s weiter http://gernot-katzers-spice-pages.com/character_tables/D3d.html Wenn nein: Conclusio steht im vorletzten Absatz.
Die Schwingungsanalyse sagt: 3N−6=24 Schwingungen, Symmetrien sind 4 A1g ⊕ 4 Eg ⊕ A1u ⊕ 3 A2u ⊕ 4 Eu.
Wir haben neun Bindungen, also neun Streckschwingungen. Die C≡C ist totalsymmetrisch A1g, aus den C–C kann man eine A1g und eine A2u basteln. Die Methylgruppen haben je eine A und eine E, koppelt man zwischen links und rechts dann landet man bei einer totalsymmetrischen A1g (alle C–H wachsen und schrumpfen simulatan), A2u (links schrumpf rechts wachs) sowie Eg und Eu für die positive und negative Linearkombination der asymmetrischen Streckerei.
Dasselbe nochmals für die Bindungswinkel der CH₃-Gruppen: Links-zusammen-rechts-zusammen gibt A1g, links-zusammen-rechts-auseinander gibt A2u, und dann noch die beiden Es für die entarteten Deformationsschwingungen.
Bleibt übrig: 2 Eg ⊕ A1u ⊕ 2 Eu. Die Entarteten entsprechen weiteren Knickschwingungen: Die CH₃-Gruppen können relativ zur C-Kette abknicken, und zwar in zwei Richtungen, deshalb entartet, und weil wir zwei CH₃-Gruppen haben, verbraucht das ein weiteres Eg/Eu-Paar. Die verbleibenden Entarteten werden für die Bindungswinkel an den mittleren C-Atomen gebraucht.
(Schnell zusammengeschustert, aber ich hoffe es stimmt)
Es verbleibt die A1u. Das ist die innere Rotation. Es gibt also wirklich nur eine, obwohl drei C–C-Bindungen vorliegen. Diese drei Bindungen sind eben für die interne Rotation so gut wie eine einzige. Und Du kannst nicht sagen, ob um die Einfachbindung oder um die Dreifachbindung gedreht wird. Die Frage „Kann man um eine Dreifachbindung drehen“ ist also unbeantwortbar, weil ja immer zwei kollineare Einfachbindungen dranhängen und die drei zusammen eine Achse für eine innere Rotation bilden.
Ich glaube Du hast es bereits vermutet: Ich habe meine Dissertation über interne Rotationen geschrieben. Rückfragen willkommen, ich schieße Dir noch gerne ein Torsionspotential, eine Zustandssumme oder eine Charaktertafel um die Ohren.
Mist, es ist natürlich wirklich ein Bug drin. Nämlich beim Ethin:
Es gibt 3N−6=6 Schwingungen, davon drei Streckschwingungen und drei Knickschwingungen (eine davon entartet).
Das soll natürlich heißen: Es gibt 3N−5=7 Schwingungen, davon drei Streckschwingungen (die C≡C und die positive bzw. negative Kombination der beiden C–H) und zwei entartete Knickschwingungen. Die eine Knickschwingung verzerrt das Molekül U-förmig und die andere S-förmig, und beide können sowohl in der Papierebene als auch orthogonal dazu ablaufen, daher sind sie entartet.
Die Bindungswinkel aller Elektronen der sp-hybridisierten C's nehmen jeweils 90° zueinander ein, das ergibt neben der Doppelbindung in der Ebene (was eine Drehung schon unmöglich macht ohne diese zu brechen!) auch noch eine DoBi über und unter der Ebene - die sind so was von starr, mehr geht nicht!
Schau Dir mal die C-Hybridisierungen an, da scheint Dir einiges an Wissen zu fehlen...
Dagegen könnte ich einwenden: Die π-Bindungen haben zusammen eine zylindersymmetrische Ladungsverteilung, wie eine σ-Bindung (nur eben Hohlzylinder statt Vollzylinder). Daher sollte sie doch leicht drehbar sein, oder?
(Oder, Alternative: Wenn man die beiden Komponenten der π-Bindung getrennt betrachtet, dann schwächt eine Rotation zwar die Bindung zwischen den beiden x-Komponenten [oder den beiden y-Komponenten]. Dafür können sich aber partielle Bindung zwischen x und y ausbilden, weil die nicht mehr orthogonal sind. Die Effekte heben einander exakt auf)
Wie ich versucht habe, in einem langen und ziemlich technischen Beitrag zu erklären, stellt sich das Problem aus geometrischen Gründen gar nicht. Die C–C≡C–C-Einheit wirkt wie eine einzelne Bindungsachse, und bei geeigneter Substitution gibt es eine interne Rotation um diese Achse als ganzes.
Die Antwort findet man im Internet, du musst nur richtig googeln. Oder stell dir folgende Fragen:
- Was passiert mit der Orbital-Überlappung wenn man eine Einfachbindung oder eine Doppelbindung dreht?
- Stell dir eine Einfach-/Doppelbindung als starres Konstrukt vor: 2 Kugeln mit 1 bzw. 2 Stäben miteinander verbunden (von mir aus mit Gelenk). Kannst du die Kugeln drehen?
Gruß Chillersun
Versuch Dich durch meinen Textsalat durchzuarbeiten. Da steht wirklich die Antwort drin. Im Ethin und Propin kann es keine interne Rotation geben. Im 2-Butin gibt es sie, aber eben nur eine einzige. Und die dreht sich um die ganze C–C≡C–C-Achse, nicht nur um eine einzelne CC-Bindung.
Das hat wirklich nur mit der linearen Geometrie an der C≡C-Bindung zu tun. Wie diese Bindung quantenmechanisch funktioniert, ist völlig irrelevant; eine lineare σ-Bindung würde sich genauso verhalten.
Danke aber ich verstehe es immer noch nicht.