Seid ihr auch schon oft Menschen begegnet, die Klischees und Vorurteile durch ihre Existenz entkräften?

7 Antworten

Seid ihr auch schon oft Menschen begegnet, die Klischees und Vorurteile durch ihre Existenz entkräften?

Ja, zum Glück!

Es fing damit an, dass ich überwiegend gute Erfahrungen gemacht habe, als ich mit 20 Jahren eine Stelle in Paris angenommen habe. In der Firma arbeiteten Leute aus unterschiedlichen Nationalitäten, ich als Deutsche war selbst eine Ausländerin. Wo hätte ich da mit Vorurteilen anfangen sollen?

Bei ein paar Kolleginnen, die mir gegenüber Vorurteile hatten, weil ich Deutsche war (und auch so aussah: groß, blond, blaue Augen), fand ich nur normale Gefühlsreaktionen auf das, was die Geschichte uns allen beschert hatte. Mit der Zeit legten sich ihre Animositäten - da hatte die Vernunft wohl gesiegt.

Der Rest, was DIE Franzosen angeht (die es im übrigen nicht gibt: es sind alles Individuen!), ist Lebensart und eigene Gewohnheiten, von denen viele eben landestypisch waren - wie das eben so ist. Kein Grund für Vorurteile! Sie hätten meine Jahre in Frankreich zur Hölle gemacht!

Freundschaften mit zuerst wildfremden Menschen, wo man sich in sich hätte verkriechen können, wurden sehr gehaltvoll und dauern heute noch an. Ihnen war ich offen gegenübergetreten und wir haben viel voneinander gelernt und uns befreundet. (Dann waren es keine Wildfremden mehr!) - Wie es eben so ist!

Ich bin nun ein Mensch, der mit seiner offenen Herangehensweise an grenzwertige Situationen schon oft gescholten wurde, z. B. von meinen Eltern, die sich das wohl nicht zugetraut hätten oder vom Leben bereits ihre Lehren bekommen hatten. Aber da ich zuerstmal nur Gutes erwarte und diese Haltung eben ihr Echo findet, hatte ich Glück - oder war es das Resultat meiner Erwartungen?

Selten, dass ich Pech hatte. Als das aber mal der Fall war, hätte man an keinem Merkmal Veranlassung für ein Vorurteil erkennen können. Da war jemand total geschickt, aber andere machten ebenso eine schlechte Erfahrung. Bitter, aber daraus ein generelles Misstrauen oder gar Vorurteile abzuleiten, nein. Etwas vorsichtiger bzw. reifer bin ich mit zunehmendem Alter aber schon geworden. Nur hatte das mit Vorurteilen nichts zu tun.

Ich denke, Vorurteile entstehen aus Angst gegenüber dem Fremden ('der' oder 'das Fremde'). Da hilft nur, Wissen ansammeln, Sprachen lernen, Grenzen ausloten und eine zeitlang im Ausland zu leben. Ebenso mit Respekt und Höflichkeit vorgehen und die Maxime beherzigen: 'wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus'.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Sprachen machen Spaß!

Spielwiesen  02.07.2024, 11:40

Beim Lesen der anderen Beiträge fällt mir DAS Paradebeispiel ein, eine Episode in Sagan, Niederschlesien, während einer Autoreise mit meiner Mutter zu den Wurzeln der Familie. Da parkte ich meinen Golf auf dem großen Platz vor unserem Quartier - unverschlossen, schlicht vergessen. ihn zu verriegeln. (Dabei hatte ich zuvor extra eine Alarmanlage anbringen lassen!!). Zwei Tage und Nächte stand er da - und es war überhaupt nichts passiert.

Da ging mir auf, dass man sich nicht mal auf Vorurteile anderer verlassen konnte !!^^

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Spielwiesen  01.07.2024, 23:13

Ein paar solide Geschichtskenntnisse sind auch vonnöten, wenn man ins Gespräch kommt und u.U. seine Position verteidigen oder eine Gegenposition entkräften können muss.

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lumbricussi  01.07.2024, 23:03

Leben und leben lassen - das ist schon mal eine gute Devise.

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So wie du das alles beschreibst, hört sich das ganz normale Leben, der Alltag an. Große Typen mit kleinen Chihuahuas und Menschen mit Doppelleben - ganz normal. Die Leute mit ihren Klischees sind ja eher die, die das Haus nie verlassen.

Ich habe ältere deutsche Verwandte in Polen, die aber auch noch polnische Verwandte haben.

Als ich das erste Mal dort hin reiste und einen Mietwagen buchte, kam:

  • Du willst doch nicht in die 3. Welt reisen
  • Du willst doch nicht Dein Kind dahin mitnehmen
  • Die brechen Dir das Auto auf
  • Bist Du geimpft?
  • Lass Dich nicht um Geld anbetteln

Was tatsächlich passierte:

  • Wir hatten ein Hotelzimmer vom Feinsten mit Buffet wie im Schlaraffenland
  • Die Familie lud uns jeden Tag mehrmals zum Essen ein
  • Das Auto blieb intakt
  • Keiner wurde krank
  • Die Häuser der jüngeren Verwandten waren 3x so chic und ausgestattet wie meins
  • Die Straßen waren besser als in Deutschland
  • Alle waren gastfreundlich
  • An Autobahnbaustellen wird -im Gegensatz zu Deutschland - rund um die Uhr gearbeitet und sie werden innerhalb weniger Tage fertig
  • Mein Kind fühlte sich sicher und geborgen
Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – mehrere Semester Psychologie, Erfahrung m. psychisch Kranken

Ich bin wohl selber so ein lebender Widerspruch, denn ich wurde früher von vielen als sehr bieder, teilweise sogar als arrogant, als humorlos und knochentrocken angesehen (musste man in meiner Heimat in meinem Beruf aber auch sein, sonst wären einem alle schneller als gedacht auf der Nase rumgetanzt ... reine Vorsichtsmaßnahme) und viele waren erstaunt, dass sie mich auf Festivals beim Feiern angetroffen haben mit nicht gerade "chefmäßiger" Kleidung und einem Bier in der Hand. Mehr wie einmal kam der sinngemäße Satz, man hätte nie gedacht, dass ich eigentlich ganz in Ordnung sei und man prima mit mir feiern könnte, ich einen guten Zug hätte und ein netter Kerl sei. Manche hat das aber auch sichtlich überfordert.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Ja

Aber viel öfter trifft man halt dann doch welche, die Klischees eher bestätigen.