Schreiben die Sieger Geschichte?

11 Antworten

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Geschichtliche Ereignisse sind natürlich Fakt. Ihre Darstellung ist aber immer eine Frage der Perspektive. Denn Geschichte wird letztlich auch nur von Menschen geschrieben und Menschen neigen zu subjektiven Betrachtungsweisen. Entsprechend wird manches hochstilisiert, anderes bleibt in der Betrachtung gern unberücksichtigt. Zwar bleiben die Fakten unbestritten. Aber in Summe führt das zu einem verzerrten Realitätsbild, das tendenziell auch immer dazu neigt, den Sieger als Helden und den Verlierer als Bösen zu skizzieren. Wir kennen das im Kleinen, wenn man die Meinung zweier Personen zu ein und demselben Thema hört.

Aktuell beschäftige ich mich mit den Ursachen und Auslösern des amerikanischen Unabhängigkeitskrieges und hier zeigt es sich wiederum sehr deutlich, dass die Geschichtsschreibung lange Jahre allein aus amerikanischer Feder stammte. Entsprechend heroisch und großspurig kommt die Revolution daher und wird getragen von Idealen, die bei der Revolution wenig bis gar keine Rolle spielten. Vorrangig ging es um finanzielle Eigeninteressen.

Betrachtet man die Ereignisse neutral aus britischer und amerikanischer Sicht, erkennt man schnell, dass sich beide Seiten sehr intensiv, aber leider zu spät, um einen gütlichen Kompromiss bemüht haben, dass die Briten keine bösartigen Unterdrücker waren, die Gründerväter keine Heiligen, die Revolution nicht geschlossen und das Land voller innerer Spannungen und ohne jedwede Kontrolle und innere Stabilität. Auch waren die Whigs weit kriegerischer als die verteufelten Tories. Wenn Amerikaner heute auf die Straße gehen und die "Join or Die"-Symbolik schwenken, verdrehen sie nicht nur historische Fakten, sondern berufen sich auf Ideale, die aus dem Kontext gerissen werden und von denen sie so wenig verstehen wie die Kuh vom Eierlegen.

Betrachtet man geschichtliche Ereignisse ganz allgemein, fällt auch schnell auf, dass so mancher Held in Wahrheit kein Held war und dass der entscheidende Funke oft von anderen Personen kam, die namentlich völlig unerwähnt bleiben.


thetee99  13.07.2019, 06:46
Wenn Amerikaner heute auf die Straße gehen und die "Join or Die"-Symbolik schwenken, verdrehen sie nicht nur historische Fakten, sondern berufen sich auf Ideale, die aus dem Kontext gerissen werden[…]

Ich denke auch das Benjamin Franklin mit dieser Karikatur nur aussagen wollte, dass eine Schlange nicht "lebensfähig" ist, wenn sie in 8 Teile zerstückelt wird (damals für die 8 Kolonien). Während dem Unabhängigkeitskrieg wurde daraus eine Analogie zu "5 Finger bilden eine Faust", wobei diese Interpretation nicht zwangläufig falsch sein muss...

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Brecht kehrte nach seinem Asyl zurueck und zwar in die DDR.

Ein guter Mann sprach man vom ihm, aber warum musste ausgerechnet in die DDR gehen und dann noch die Frauengeschichten?

Das Brecht nicht die gleichen Leute wiedersehen wollte, vor denen er einst geflohen ist, kommt solche Leuten, die so redeten nicht in den Sinn.

Ansonsten stimmt dein Frage, da gibt es nichts dazu neues zu sagen.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Alle schreiben Geschichte. Jeder schreibt seine Version der Geschichte. Wer sich mit Monographien und Memoiren auseinandergesetzt hat weiss es sehr gut. Natürlich ist es aber so, dass die Sieger mehr Mittel zur Verfügung haben um nur ihre Version der Geschichte mal mehr mal weniger offensichtlich und/oder brutal dem Rest der Welt aufzubinden.

Deutschland ist eine Demokratie und ein Rechtsstaat, du hast Zugriff auf alle möglichen informationen, da Geschichte eh meist relativ düster ist, kann man schon davon ausgehen, dass alles stimmt. Aber was du davon hältst, ist deine sache, auch wenn der Mainstream meinen muss, eine Meinung vorzugeben

Außerdem... die USA waren häufig der Sieger in der Geschichte und trotzdem wissen viele über die schlechte Vergangenheit, das muss also genau deswegen nicht immer stimmen

ICh weiß nicht recht. Wenn wir die Mongolen betrachten, die fast ganz Asien unterworfen und mit einem blutigen Vernichtungskrieg überzogen haben kommen mir Zweifel. Denn obwohl es massenweise Texte gibt, die in aller Herren Länder von ihre Grausamkeit berichten, sind sie nicht verfehmt. Wir singen sogar lustige Lieder über Dschingis Khan.

Der entscheidene Punkt ist, dass die Masse der Leute die "von den Siegern geschriebene Geschichte" nicht ließt. Ein Hollywoodfilm reicht aus, um das Geschichtsbild einer ganzen Generation zu ändern.

Deshalb sind Piraten nicht der mordende Abschaum, der sie waren, sondern kecke Draufgänger, können Cowboys aus der Hüfte zwischen die Augen treffen, Indianer edle Wilde, Kolumbus der erste Entdecker Amerikas usw. Obwohl es leicht zu widerlegen wäre, weil meist auch die Verlierer Büchr schreiben.