Wer kann mir den Sinn der Geschichte von Bertolt Brecht Wer kennt wen erklären?

2 Antworten

Vom Beitragsersteller als hilfreich ausgezeichnet

In der Literaturgeschichte „Wer kennt wen?“ von Bertolt Brecht geht es um zwei Frauen, welche unterschiedlich über die Beziehung mit ihrem Ehemann nachdenken. Die 1. Frau glaubt ihren Mann zu kennen und erzählt Herrn Keuner viele Sachen über ihren Mann. Die 2. Frau ist sich nicht so sicher und erzählt Erlebnisse aus vergangener Zeit, denn sie wurde von ihrem Mann schon seit einem Jahr nicht mehr besucht. Die 1. Frau glaubt ihren Mann zu kennen, denn sie lebt schon seit 20 Jahren mit ihm zusammen. Die beiden haben vieles zusammen gemacht. Der Mann erzählte ihr alle seine Geschäfte. (Zeile 5) Die 2. Frau ist sich nicht sicher, ob sie ihren Mann kennt oder ihn liebt. Ihr Mann treibt sich oft herum und erzählt seiner Frau nicht viel.(Zeile 21) Die Geschichte ist im Präteritum geschrieben. In der Sprache ist kein Akzent zu finden. Die sprachlichen Merkmale lassen sich in 2 Teile spalten, genau wie die Geschichte. Es gibt den ersten Teil, der von Zeile 1 – 11 geht und den zweiten Teil, welcher von Zeile 12 – 35 geht. Im ersten Teil nutzt Brecht kurze Sätze. Er nutzt Parataxe. Der zweite Teil ist das Gegenstück zum ersten, denn dort werden die Sätze länger und aus Parataxen werden Hypotaxe. Brecht nutzt im zweiten Teil häufig die Wiederholung: Ich weiß nicht oder Weiß ich es. Er zeigt damit, dass die Frau sich unschlüssig gegenüber ihren Gefühlen ist. Ich glaube, dass Bertolt Brecht uns damit zeigen will, dass es bei einem Menschen nicht auf die Fassade/ das Äußerliche ankommt. Man kann Geheimnisse und Fehler verstecken und Geheimhalten, wie hinter einer Maske. Vielmehr ist es wichtig die Seele einer Person zu kennen. Zu verstehen wie der Mensch handelt und reagiert in verschiedenen Situationen. Die 2. Frau nennt ihren Mann dunkler Herr (Z. 29). Meiner Meinung nach nennt sie ihren Mann so, da er fast nie zuhause ist und seine Seele verdunkelt ist. Der Mann meinte, dass das was weg ist, dunkel ist. (Z. 30) Der Mann ist fast nie zuhause und für die Frau ist er weg. Dem Mann ist egal, wie seine Frau sich fühlt. Er macht das, was er für richtig hält. „Die Menschen sind nicht ebenso fertig wie die Bildnisse, die man von ihnen macht und die man also auch besser nie ganz fertig machen sollte.“ Ich glaube, dass Bertolt Brecht damit zeigen will, dass Menschen nicht perfekt sind, auch wenn man glaubt sie seien es. Man sollte sich kein endgültiges Urteil bilden, denn jeder Mensch kann auch seine Maske absetzen und das Bildnis zerstören. Max Frisch schreibt dazu: „In gewissem Grad sind wir wirklich das Wesen, das die andern in uns hineinsehen, […] Wir sind die Verfasser der andern; wir sind […] verantwortlich für das Gesicht, das sie uns zeigen.“ Ich denke, dass der Mann eine dunkle und eine helle Seite hat. Meiner Meinung nach, zeigt der Mann nur die dunkle Seite um das Gegenstück zur Frau zu repräsentieren, denn sie ist eine helle Frau, d.h. wenn sie eine dunkle Frau wäre, wäre der Mann vielleicht ein heller Mann. Die Literaturgeschichte gefällt mir persönlich sehr gut, denn sie zeigt, dass man Menschen nicht nur nach dem Äußeren beurteilen soll, sondern sich auch mit dem Inneren beschäftigen muss.


lizzza 
Beitragsersteller
 01.05.2012, 22:41

Wooow. Danke Danke Danke. Du hast dir unglaublich viel Mühe gemacht und ich versteh den Sinn dieser Geschichte. Ich denke manchmal ein bisschen zu kompliziert.:)

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Essimone  16.10.2022, 10:10

Entschuldigung, "Literaturgeschichte", das ist die Geschichte der Literatur, also: wie hat man im Mittelalter anders gedichtet als im Barock oder wann fängt die Klassik an. Die Geschichte "Wer kennt wen?" von Brecht ist "Kurzprosa" und vielleicht eine "Kalendergeschichte".
Die Deutung mit der dunklen und der hellen Seite halte ich für äußerst fragwürdig - als wenn alle Männer von normalen Frauen sich aus lauter Liebe zu ihr bemühen würden, möglichst große Ekelpakete zu sein.
Man muss den Titel mit einbeziehen. Man muss sich wundern. Hätten wir nicht auch alle gedacht, wenn jemand so viel mit uns geteilt hätte, wie der Mann der ersten Frau, dass wir ihn kennen? Würden wir das nicht an jedem Tag von jedem Freund so sagen? Behaupten wir nicht sogar, all die Menschen von denen wir kaum je einmal was gehört hätte, seien auf facebook unsere "Freunde".
Die zweite Frau weiß kaum etwas - aber sie weiß, dass sie nichts weiß. Seit der Antike kann man wissen, dass das die einzige Erkenntnis ist, zu der man gelangen kann. Sie weiß immerhin, dass ihr Mann ein Eigenleben führt. Die erste Frau wäre sicher sehr erstaunt über nicht geteilte Gedanken ihres Mannes. Dennoch ist das keine reine "Fassade", sondern eine tiefe, philosophische Erkenntnis.
Und was Brecht wollte, kann ohnehin niemand wissen - und danach zu fragen, war in der Literaturwissenschaft schon out, als ich vor dreißig Jahren studiert habe. Der Text hat eine Aussage und die entsteht im Lesen.
Das sind also viele Ideen und schön mit Frisch und anderen mit einbezogen, aber keine "Wow"-Antwort.

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Also ihr lieben Leute, nun habe ich mal einfach aufgeschrieben, was die Geschichte vielleicht bedeuten könnte: Bertolt Brecht weist mit seiner Kurzgeschichte auf die oberflächliche Einschätzung eines Menschen hin. Es kommt nicht darauf an, dass man jede oberflächliche Einzelheit von einem Menschen kennt, der perfekt zu sein scheint, so wie es die erste Frau beschreibt. Sie ist sicher, dass ihr Mann ihr alles erzählt und sie daher alles von ihm weiß. Sie denkt er wäre stets ehrlich und aufrichtig. (z.3ff “ Er erzählte mir alle seine Geschäfte. Ich lernte seine Eltern kennen und verkehrte mit allen seinen Freunden. Ich wusste alle seine Krankheiten, die er selber wusste, und einige mehr. Von allen, die ihn kennen, kenne ich ihn am besten."). Ich denke Brecht möchte damit sagen, dass es nicht auf die Fassade eines Menschen ankommt. Der Mensch hat Geheimnisse und Fehler. Diese kann er durch seine Fassade verstecken, dadurch sind sie nicht sichtbar für andere Menschen. Auf eine übertriebene Art und Weise spricht auch die zweite Frau von ihrem Mann. Sie weiß kaum wo er sich herumtreibt und hat das Gefühl ihn nicht zu kennen. (z.10f “Ich weiß nicht, ob er wiederkommen wird. Ich weiß nicht, ob er aus den guten Häusern kommt oder aus den Hafengassen.“) Sie weiß nicht was er macht und ob sie ihn liebt. Brecht ist sich sicher, die zweite Frau kennt ihren Mann. (z. 20f “ "Sprich nicht weiter", sagte Herr Keuner hastig. "Ich sehe, du kennst ihn. Mehr kennt kein Mensch den andern als du ihn.") Er will damit aufzeigen, dass es nicht darauf ankommt, das Oberflächliche des Menschen zu kennen. Es kommt nicht darauf an die für alle sichtbaren Situationen und Dinge zu kennen. Sondern es kommt darauf an die Seele des Menschen zu sehen. Die zweite Frau sagt über ihren Mann, dass er ein dunkler Herr sei. Damit beschreibt sie meiner Meinung nach seine Seele. (z. 17ff „Wenn ich ihndunkler Herrnenne, lacht er und sagt: Was weg ist, ist dunkel, was aber da ist, ist hell. Manchmal aber wird er finster über dieser Anrede. …“) Sie ist enttäuscht, dass er sie nicht Ernst nimmt und ihre Gefühle ignoriert. (z. 19“ Ich weiß nicht, ob ich ihn liebe. Ich..."). Meiner Meinung nach ist die Kurzgeschichte als gelungen zu betrachten, da sie zum nachdenken anregt und aufzeigt, dass die Oberfläche eines Menschen nichtssagender ist, als die Seele.