Probleme des historischen Fragens nach Jesus

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Auch wenn es evtl. einen historischen Jesus gab - mit der Figur "Christus" aus den Evangelien hat er nichts zu tun. :3

Schau hier:

Es gibt über Jesus märchenhafte Berichte im Neuen Testament und in den apokryphen Evangelien, die nachweislich falsch sind. Andererseits ist die Geschichte des Jesus von Nazareth so außerordentlich, dass man nicht davon ausgehen muss, alles sei frei erfunden. Irgendetwas muss mit dieser Person gewesen sein, irgendetwas muss mit ihr passiert sein, was die Zeitgenossen erschütterte und bewegte. Der Leser sollte auch wissen: Keiner der vier Evangelisten die über Jesus schrieben kannten ihn als lebende Person. Es ist schon auffällig, dass es keinen einzigen Bericht von einem Augenzeugen gibt.

und genauer:

Aufgeschrieben wurden die Evangelien etwa in den Jahren 70 bis 100 nach Christi Geburt. Sie wurden in Griechisch geschrieben, der damaligen Verkehrssprache im römischen Reich. Es waren Berichte, die vom Hörensagen her aufgeschrieben wurden. Wissenschaftler vermuten, dass es schon vorher eine Spruchsammlung der von Jesus vertretenen Lehre gab, die verloren ging. Diese musste aus dem Aramäischen ins Griechische übersetzt werden. Solche Berichte weisen zwangsläufig Fehler auf. Es wurde auch keine Biografie erstellt. Die Evangelien sind mit Sicherheit kein kompletter vorsätzlicher Betrug. Es sind also keine Geschichten, die von A bis Z zusammengelogen wurden. Vieles, was bei den ersten Christen Ärgernis und Unverständnis erregt hätte, wurde weggelassen. Alte, gewohnte und heidnische Religionsvorstellungen wurden in die Texte der Evangelien eingebaut. Manches wurde nur ganz beiläufig angedeutet, was uns heute interessieren würde: Wovon und wie lebten Jesus und seine Jünger?

aus dem Buch "Jesus Schwindel" von Detlef Wiewiorra, S. 15-18

Die Evangelien sind daher weder "Biographie" noch "Roman"

Die Evangelien sind schlicht und er greifend Erzähltexte, da sie vermutlich manche wahre Kerne enthalten, aber viel hinzugedichtet wurde. :)

Lg


Nadelwald75  28.09.2014, 20:14

Hallo CalicoSkies,

deinen Beitrag habe ich mir Wort für Wort durchgelesen, auch die Quellen dazu. Du hast zwar eigentlich ein anderes Fachgebiet, aber hier: Kompliment! Als Katholik kann ich hier nur bestätigen, was du schreibst. Es ist eine sachliche Darstellung, die für meine Begriffe inhaltlich richtig ist.

Einige Schwerpunkte müsste ich anders setzen:

Der historische Jesus ist etwas anderes als Jesus Christus. Ja! – Aber die „beiden“ haben aber sehr wohl miteinander zu tun.

Beim historischen Jesus spreche ich von der Person, die in einem bestimmten Zeitraum gelebt, gewirkt, gesprochen und eine Lehre verkündet hat, bei dem viele Menschen die Hoffnung hatten, dass er der von den Juden erwartete Messias (= Gesalbter) und Sohn Gottes (im Sinn des erwarteten Nachfolgers David, der wie alle Könige als Sohn Gottes bezeichnet wurde!).

Bei Jesus Christus spreche ich von der Person, die seine Anhänger (nach christlichen Glauben) als den Auferstandenen erlebt haben, von dem sie eine Lehre verkündet haben, bei dem sie die Erfahrung gemacht haben, dass er mehr als ein Mensch ist, bei dem sich die Lehre weiterentwickelt hat bis zum Begriff des Sohnes Gottes als Seinsweise Gottes in der Dreifaltigkeit. – Und der heute noch in seiner Kirche durch den Heiligen Geist wirkt.

Deinen letzten Satz würde ich gerne umformulieren und ergänzen:

Die Evangelien sind schlicht und ergreifend Erzähltexte. Sie sind aber nicht zweckfrei, sondern sollen die Lehre untermalen, darstellen, dokumentieren. Sie enthalten eine Reihe von historisch wahren Dingen, die aber nicht Ziel des Textes sind und auch oft nicht mehr nachprüfbar sind. Vieles ist vermutlich nicht original von Jesus, sondern aus Sicht der Urkirche von ihren Verfassern zugefügt und interpretiert.

Ich habe hier zu der Frage an verschiedenen Stellen weiteres geschrieben, das ich deswegen hier nicht wiederholen muss (z.B. Text des kath. Theologen A. Vögtle und Anfang des Lukasevangeliums). Du kannst ja mal durchblättern.

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Wie könnte man die Literaturgattung "Evangelium" charakterisieren?

Als Prosa, die den Zweck hat, eine bestimmte Lehre zu vermitteln. Denn im Evangelium haben wir ja die Geschichte des Menschen Jesus als Rahmen für eine bestimmte Lehre, die in Reden, Gleichnissen, im Handeln der Person Jesus und im Handlungsverlauf dargestellt wird.

Anzumerken ist dabei, dass die Form dieser Prosa von Metaphern und Symbolen durchzogen ist. Insofern würde ich die Evangelien in die selbe Gattung einordnen wie Nietzsches Also sprach Zarathustra: In beiden wird im Rahmen einer Prosahandlung eine bestimmte Lehre vermittelt, beide sind außerdem voll mit Metaphern und selten wörtlich zu nehmen.

Hallo DefneCeylan,

anders, als es Dein der Bibelkritik folgender Ansatz vorgeben will, ordne ich die Evangelien unter die Begriffe:

  • Antike Literatur
  • Religiöse Literatur‎
  • Geschichtsschreibung‎
  • Biografie‎
  • Brief (nur das Evangelium nach Lukas)
  • Erbauungsliteratur‎

Die Evangelien nach Matthäus, sowie nach Johannes sind Augenzeugenberichte von Jesus nahestehenden Aposteln. Markus stand Petrus sehr nahe, der selbst von Anfang bis Ende bei Jesus war. Lukas stützte seinen Bericht auf Aussagen von Augenzeugen sowie damals zugangliche schriftliche Dokumente und Berichte (Lukas 1,1.2).

Wann wurden die Evangelien niedergeschrieben?

  • ca. im Jahr 41 Matthäus
  • ca. 58 Lukas
  • ca. 65 Markus
  • ca. 98 Johannes

Die Evangelien wurden,schon etwa um das Jahr 100 von der Christengemeinde zu den von Gott inspirierten Schriften gezählt, ähnlich, wie die Paulusbriefe. Dazu 2.Pet 3, 15.16 (GNB):

Genau das hat euch auch unser lieber Bruder Paulus geschrieben,5 dem Gott viel Weisheit gegeben hat. 16 Er sagt das in allen seinen Briefen, wenn er über dieses Thema schreibt. Es gibt in ihnen allerdings einige schwierige Stellen. Die werden von unverständigen Leuten missdeutet, die im Glauben nicht gefestigt sind. Aber so verfahren diese Leute ja auch mit den übrigen Heiligen Schriften.

TestDummyli  20.06.2019, 19:52

Danke schön. Bin schon wieder von Markus als das älteste ausgegangen, gut zu wissen, dass dies umstritten ist. Jedenfalls ergibt google so Zahlen ab 65 raus. Glaube gelesen zu haben, dass hier mal die Jahreszahlen korrigiert wurden. Kenne so um 40 rum auch noch von früher. Evtl. soll Markus früher schneller verbreitet worden sein, soll angeblich auch das Kompakteste sein.

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Die Evangelien wollen weder als eine "Biographie" noch als "Kriminalroman" verstanden werden.

Jaja, das wird anderen Bibelbüchern (z. B. der weichenstellenden Genesis) auch nachgesagt. Und schon gehts los mit dem großen Rätselraten nach dem Motto:

Wie könnte man die Literaturgattung "Evangelium" charakterisieren?

Was weiteren müssigen Spekulationen und Irrtümern Tür und Tor öffnet. Also machen wirs uns doch nicht unnötig kompliziert und lassen auch die Evangelien das sein, was sie schon immer waren: Biografien!

Man könnte die vier Evangelien als "Tatsachenberichterstattung" oder "Berichterstattung" bezeichnen, in denen Matthäus, Markus, Lukas und Johannes Geschehnisse und Begebenheiten aus dem Leben von Jesus Christus aufschrieben.

Dass die Evangelien nur einen kleinen Einblick in das einmalige Leben von Jesus und seine Taten geben können, unterstreicht Johannes 21,25: "Es sind aber noch viele andere Dinge, die Jesus getan hat; und wenn sie eines nach dem anderen beschrieben würden, so glaube ich, die Welt würde die Bücher gar nicht fassen, die zu schreiben wären. Amen."

Wichtig finde ich, dass die Bibel den Anspruch erhebt, dass sie von menschlichen Autoren aufgeschrieben, aber von Gottes Geist eingegeben (wörtlich: von Gott ausgehaucht, gottgehaucht, inspiriert) ist. 2. Timotheus 3,16.17 erklärt: "Die ganze Schrift ist von Gott eingegeben und nützlich zur Belehrung, zur Überführung, zur Zurechtweisung, zur Erziehung in der Gerechtigkeit, damit der Mensch Gottes ganz zubereitet sei, zu jedem guten Werk völlig ausgerüstet."


Nadelwald75  28.09.2014, 16:01

Hallo chrisbyrd,

mit einer Einschränkung: Auch wenn in den Evangelien Tatsachen genannt und Berichterstattung geliefert werden, so geht es nicht vorrangig darum, sondern um die Verkündigung, dass Christus die Offenbarung Gottes ist, um die Verkündigung einer Lehre.

Zum Stellenwert der Tatsachen habe ich hier in einem Kommentar an Hamburger 02 aus einem Text von dem kath. Theologen A. Vögtle zitiert.

Aus dem Anfang des Lukasevangeliums geht außerdem recht deutlich hervor, weshalb er sein Evangelium geschrieben hat:

Lk 1, 1 Schon viele haben es unternommen, einen Bericht über all das abzufassen, was sich unter uns ereignet und erfüllt hat. 2 Dabei hielten sie sich an die Überlieferung derer, die von Anfang an Augenzeugen und Diener des Wortes waren. 3 Nun habe auch ich mich entschlossen, allem von Grund auf sorgfältig nachzugehen, um es für dich, hochverehrter Theophilus, der Reihe nach aufzuschreiben. 4 So kannst du dich von der Zuverlässigkeit der Lehre überzeugen, in der du unterwiesen wurdes**t.

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XXholditXX  30.09.2014, 15:52
@Nadelwald75

Nadelwald - Lk 1,1:

Und der gleiche Lukas sagt doch ein Stück weiter:

"Doch diese meine Feinde, die nicht wollten, dass ich ihr König werde, bringt her und bringt sie hier vor mir um." (19,27)

Deshalb hat er also sein Evangelium verkündet!! Um anders Denkende zu morden!

"Stellenwert der Tatsachen">

"Nadelwald" - ärmlich bist Du (zusammen mit Deinen Gottesvasallen).

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Nadelwald75  30.09.2014, 19:00
@XXholditXX

Hallo, XXholditXX,

da darf ich mal analysieren:

Ich möchte darstellen und niemanden bekehren. Interessant ist es, wenn jemand sachlich argumentieren kann. Es amüsiert mich dann, wenn der Angriff aber persönlich wird (…. ärmlich bist du …). Das bedeutet, dass die Sachargumente schwach sind oder fehlen.

Zu deinem zitierten Satz: Die Ausgangsfrage drehte sich hier um Literaturgattungen. Zu deiner Information: Diesen Satz hat weder Gott noch Jesus gesagt, sondern er taucht am Schluss eines Gleichnisses auf und wird von Jesus hier einer Person in den Mund gelegt.

Als gebildeter Mensch weißt du natürlich, dass diese Gleichnis vom anvertrauten Geld Lk 19,11-27 natürlich eine sogenannte Parabel ist, ein frei erfundener interessierender Einzelfall. Du weißt auch, dass Gleichnisse eine typische Redeform der Rabbiner sind, in der sie mit z.Tl. drastischen Bildern einen einzigen Punkt darstellen wollen. Dieser einzige Vergleichspunkt ist hier: Man ist aufgefordert, mit seinen Talenten vernünftig und verantwortlich umzugehen und sie nicht ruhen zu lassen.

Alles andere ist Beiwerk zur Ausschmückung, wie sie der Orientale gern nimmt.

Wenn man nun einen Satz aus dem Zusammenhang reißt und daraus Folgerungen ziehen will, ist man literarwissenschaftlich auf dem Glatteis. Auf diese Weise macht man genau das, was Sekten vorgeworfen wird: aus der Bibel herauszulesen, was einem gerade passt.

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XXholditXX  01.10.2014, 08:31
@Nadelwald75

hallo nadelwald!

Es ist fast schon Blasphemie, die biblischen Evangelien gemeinsam mit dem Wort "Wissenschaft" in den Mund zu nehmen. Selbst eingefleischte Theologen haben anerkannt, dass Theologie keine Wissenschaft im herkömmlichen Sinne ist!

Ein typisch unwissenschaftlicher Zirkelschluss bspw. ist Dein Zitat Lk 1,1.

habe auch ich mich entschlossen, allem von Grund auf sorgfältig nachzugehen, um es für dich, hochverehrter Theophilus, der Reihe nach aufzuschreiben. 4 So kannst du dich von der Zuverlässigkeit der Lehre überzeugen, in der du unterwiesen wurdes**t.>

Also weil ich sage, dass die Lehre zuverlässig ist, kannst Du Dich auch darauf verlassen, dass sie es ist! Ha :-)

Im Übrigen sind so ziemlich ALLE Bibelzitate, die hier bei GF gepostet werden, aus dem Zusammenhang gerissen.

Und dann muss man sich "als gebildeter" Mensch anhören, dass dies alles Gleichnisse, Parabeln u. ä. sein sollen!

Ich denke da an meine "ungebildete" Oma, eine ehemalige "treu-doofe", aber mit echter christlicher Nächsten- und Menschenliebe gesegnete Anhängerin Deines Gottes. Damit die die Bibel richtig verstand, hätte sie also alles als Gleichnis verstehen müssen? Ich denke, wenn Du ihr dies erklärt hättest, hätte sie Dir den Scheuerhader um Deine gesalbten Ohren gehauen!

Ich wiederhole, "ärmlich bist Du!" (bezeichne es als "Angriff oder wie auch immer, es ist nun mal so!)


Ende der Debatte, man kann mit Dogmatikern nun mal nicht seriös diskutieren!

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