Plural von "Bewusstsein"?
8 Antworten
Ich muss allen kommentierenden widersprechen, die glauben, dass es den Plural von „Bewusstsein“, Bewusstseine, nicht gibt. Es gibt ihn sehr wohl! In Sätzen wie z. B. „die Bewusstseine der Menschen ändern“ oder „Unsere Bewusstseine teilen dieselben Gedanken“. Klar würde man alltagssprachlich eher sagen „Wir denken dasselbe“ oder „Wir haben dieselben Gedanken“, aber dennoch ist das eine Variante, es zu sagen. „Bewusstseine“ im zweiten Beispiel sind im Englischen die "minds". Würde man im ersten Beispiel sagen „das Bewusstsein der Menschen ändern“, könnte man die generelle Fähigkeit der Spezies Mensch meinen, denken zu können. „Die Bewusstseine der Menschen ändern“ meint aber jedes einzelne Bewusstsein jedes einzelnen Menschen. Auch hier: im Alltag benutzt man den Singular „Bewusstsein“ auch, wenn man jedes einzelne Bewusstsein meint, wie man auch sagen kann „Legt euch den Gurt an“ oder „Legt euch die Gurte an“, wenn jeder einen Gurt hat aber es insgesamt eben mehrere Gurte sind.
"Vielleicht geschehen die Dinge auch spontan, Wechselwirkung physikalischer Zustände. Aber was wissen wir schon darüber? Wir kennen nur einen winzig kleinen Teil des Universums, wenn wir die Sichtweise akzeptieren, die uns die Astrophysiker vermitteln. Und wenn wir davon ausgehen, dass viele verschiedene Bewusstseine neben unserem eigenen existieren, gibt es einen Zusammenhang, den wir nicht kennen? Ein Kollektivbewusstsein, das alle Individuen umfasst?" (Wolfgang Salzmann)
Wenn die Philosophen für ihre exakten Formulierungen einen Plural benötigen, bilden sie ihn:
das Bewusstsein, die Bewusstseine (siehe Beispiel von gestern)
der Geist, die Geiste
die Menschlichkeit, die Menschlichkeiten
das Unbewusstsein, die Unbewusstseine
der Verstand, die Verstande
"Da hier einige Verstande zusammenarbeiten, liegt der offensichtliche Wert von Thoughtstorming darin, dass die Vorlieben, Vorannahmen und Sackgassen vermieden werden, die einen einzelnen Verstand zu vorzeitigem Aufgeben veranlassen." (avatarepc.com)
'Bewusstsein' als Abstraktum lässt sich nicht bzw. nur mit einem zusätzlichen Hilfsnomen pluralisieren:
Bewusstseinszustände, z.B. usw.
Dabei steht das Hilfsnomen im Plural.
Hey, ich habe gerade eine Antwort geschrieben, in der ich erkläre, wie „Bewusstseine“ angewendet wird und was der Unterschied ist zu „Bewusstsein“. Der Duden hat nämlich recht, es gibt den Plural, auch wenn er im Alltag nicht mehr verwendet wird.
Es ist ein Beispiel, WIE man das konstruiert. Sicher geht es noch treffender - jede Version ist besser als der Plural vom Duden!
"Bewusstseine" hört sich komisch an und wird auch gerade rot unterstrichen, aber ist sicherlich das treffendste Wort. Man könnte es auch irgendwie umschreiben, so dass es sich eleganter anhört, aber das würde das Gemeinte nicht so genau ausdrücken wie "Bewusstseine".
Und ich lasse mir gerade auf der Zunge zergehen, wie wir gemeinsam 'SEIN ODER NICHT SEIN' verhunzen könnten...
Willst daraus den Plural bilden? "Die Seine und die Nichtseine" käme dabei heraus. Das hört sich natürlich bescheuert an!
GENAU!
Ich weigere mich auch generell, so einen Quatsch wie die Pluralisierung von Abstrakta mitzumachen - dazu ist mir unsere Sprache zu viel wert.
Die 'Künstler', die die Sprachreform verzapft haben, hatten mit Sicherheit null Ahnung von Sprache.
Danke, danke, danke! Ich frage mich vor allem, wozu ich von Abstrakta einen Plural brauche. Jeder normale Mensch hat nur ein Bewusstsein. Ende. Sollte jedoch ein armer Patient an einer multiplen Persönlichkeitsspaltung leiden, so hat jede einzelne dieser Personen wieder nur ein Bewusstsein. Wozu also dieser Schwachsinn?
Was, bitte, soll das überhaupt aussagen? Jeder Mensch hat nur ein Bewusstsein. Er kann verschiedene Wahrnehmungen haben oder, im Falle schwerer psychischer Erkrankungen, Störungen verschiedener Bewusstseinsebenen, belastende Bewusstseinszustände oder problematische Bewusstseinswahrnehmungen. Das alles basiert aber nur auf seinem Bewusstsein. Wer sich hier einen Plural ausgedacht hat, muss selbst an einer Störung leiden. Abstrakta sind nicht zu pluralisieren. So einfach ist das.
Natürlich hat jeder Mensch nur ein Bewusstsein. Aber wie soll man sich ausdrücken, wenn man von den Bewusstseinen mehrerer Menschen spricht? Man könnte auch "das Bewusstsein jedes einzelnen Menschen" sagen, aber warum sollte man nicht eine einfache Pluralform von "Bewusstsein" verwenden? Es gibt ja auch Pluralformen von Körperteilen, von denen jeder Mensch nur eines besitzt: Köpfe, Nasen, Münder usw.
Ganz einfach: Körperteile sind konkrete Begriffe, also kann man problemlos einen Plural bilden. Das Bewusstsein jedoch, ist abstrakt, weshalb kein Plural gebildet werden kann.
Es wäre gar nicht nötig, so kompliziert "das Bewusstsein jedes einzelnen Menschen" zu sagen. Es genügt vollkommen, "das Bewusstsein der Menschen" zu sagen, weil der Plural des Nomens in diesem Fall impliziert, dass das jeweils zum Menschen gehörende Bewusstsein gemeint ist. Möchte ich ein gemeinsames Bewusstsein zu einem bestimmten Thema ansprechen, also eine Wahrnehmung, so nennt man das das kollektive Bewusstsein der Menschen.
Für so abstrakt, wie du das Bewusstsein ansiehst, halte ich es nicht. Außerdem gibt es einen Unterschied zwischen dem kollektiven Bewusstsein der Menschheit und den Bewusstseinen der einzelnen Menschen. Das ist wie das Verhältnis zwischen Wald und Bäumen. Deshalb ist für mich eine Pluralform von "Bewusstsein" sinnvoll.
Dass einem das Wort "Bewusstseine" falsch vorkommt, liegt in erster Linie daran, dass es nur selten gebraucht wird. Das gilt im Deutschen auch für andere seltene Wörter. Wenn man das Wort nicht verwenden will, muss man es ja nicht. Aber die Möglichkeit, es zu benutzen, sollte schon vorhanden sein. Aus diesem Grund finde ich es auch richtig, dass es im Duden steht.
Ich hatte dieses Wort bisher auch noch nie benutzt. Aber für einen wissenschaftlichen Bericht über Gehirne und darüber, wie das Bewusstsein entsteht, könnte es sehr wichtig sein.
Es ist nicht wichtig, ob ich das Bewusstsein als solches abstrakt finde oder nicht, aber das,Nomen Bewusstsein ist eine abstrakte Form, weshalb kein Plural zu bilden ist. Dss sollte eigentlich jeder im Rahmen der deutschen Grammatik in der Schule gelernt haben.
Und wieso hast du jetzt in dem Satz 'wie das Bewusstsein entsteht' nicht deinen Plural verwendet? Merkst du was?
Da darf ich deinem Unterbewusstsein mal ein dickes Kompliment aussprechen, und nur darauf bezieht sich mein DH!
Ob von abstrakten Formen bzw. Wörtern kein Plural gebildet werden darf, weiß ich nicht. Ich kann mich nicht erinnern, das in der Schule gelernt zu haben. Ich werde mich aber mal im Internet darüber informieren.
Wenn ich den Satz anders formuliert hätte, hätte ich auch den Plural verwenden können. Ich habe ja geschrieben, dass man das Wort "Bewusstseine" nicht verwenden muss. Man sollte aber die Möglichkeit dazu haben.
Was meinst du mit DH?
DH ='Daumen hoch'
Ich bleibe dabei: von Abstrakta wird kein Plural gebildet, glaub mir (und Tanzistleben)! Der Singular ist ja gerade das Merkmal der Unzählbarkeit (Ich wollte den Linguisten nicht so raushängen lassen...).
Wenn die Duden-Redaktion sich schon auf einen Plural-Eintrag festlegt, sollte sie wenigstens darauf hinweisen, dass er damit den Bereich des Abstrakten verlässt und stattdessen konkret zählbare Begriffe der bis dahin abstrakten Idee ausdrücken soll. So wie bei Verkehre und Bedarfe - da liegt die Betonung auf der erforderlichen Quantifizierung (s. Anfrage bei der Deutschen Gesellschaft für deutsche Sprache e.V.).
Um nun die vorliegende Frage korrekt zu beantworten, muss man genau auf diesen Unterschied zwischen unzählbarem Abstraktum und dem zählbaren konkreten Äquivalent eingehen - sonst gibts Verwirrung.
Trotzdem: ich würde statt eines Plurals immer eine zusammengesetzte Form verwenden! So reich bin ich - sprachlich gesehen!
nicht jeden deskriptiven Ansatz als gültigen Eintrag gelten lassen und übernehmen - das stiftet nur Verwirrung. Schließlich wollen wir doch unsere Deutschlernenden nicht an den Rand der Verzweiflung treiben.. oder?
In der 'Leo Flexionstabelle' werden mögliche Pluralendungen bei 'Bewusstsein' in Rot angezeigt - immerhin! Da ist sicherlich allen, die sprachlich ein bisschen bewandert sind, ganz anders. Aber eine Idiotie mehr oder weniger macht jetzt auch den Kohl nicht mehr fett.
Vielen Dank für die interessante Diskussion! Ich habe dem nichts mehr hinzuzufügen.
Mein Entsetzen über diese Ausgeburt einer abstrusen Pluralform im Duden bestätigt nur, dass mein gesundes Sprachgefühl noch voll funktionsfähig ist.
(Es ist doch nicht zu fassen, oder? In Frankreich bräche die nächste Revolution aus bei so einem Fehlgriff der Académie)
Nicht nur in Frankreich! Auch in Spanien und England würden die königlichen Akademien auf die Barrikaden steigen.
Ich würde mir mit "Bewusstheiten" behelfen. Meine Liebe zur Sprache schmerzt der Plural von Sein zu sehr.
Ein Bewusstseinszustand ist aber nicht dasselbe wie ein Bewusstsein.