Physik: Wie kann ich einen systematischen Fehler einfach von einem zufälligen Fehler unterscheiden?

4 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Systematische Fehler sind immer gleich: Eine Stoppuhr, die zu schnell läuft, oder ein Messgerät, das zu wenig Spannung anzeigt.

Auch Fehler im Versuchsaufbau sind systematische Fehler, wenn Du bei der Messung von Strom und Spannung mit zwei (herkömmlichen analogen) Instrumenten übersiehst bzw. nicht berücksichtigst, dass ein Teilstrom durchs Voltmeter und nicht durchs Amperemeter fließt.

Wenn Du eine Zeitmessung mit der Stoppuhr machst: Dass Du eine Reaktionszeit hast und deshalb im Mittel 100 ms zu spät auf den Knopf drückst, ist ein systematischer Fehler. Dass Deine Reaktionszeit schwankt und mal 50 ms und mal 150 ms beträgt, ist ein zufälliger Fehler. Mit etwas Glück gleichen sich die beiden systematischen Fehler beim Drücken von Start und Ende aus.

Zufällige Fehler variieren. Dass Du mal links schief und mal rechts schief auf den Zeiger schaust. Dass durch das Rauschen der Verstärkerschaltung mal ein Millivolt zuviel und mal eins zuwenig gemessen wird.

Bei mehrfacher Messung gleichen sich die zufälligen Fehler aus. Durch mehr Messungen wird die Abweichung des Mittelwerts vom wahren Wert kleiner. Systematische Fehler werden davon aber nicht geringer.


KnorxyThieus 
Fragesteller
 12.03.2016, 21:18

Okay, danke schön!

1

Ein systematischer Fehler ist reproduzierbar. Man kann jederzeit, wo die Voraussetzungengegeben sind, diesen Fehler auslösen. Ein zufälliger Fehler, der gerade dann nicht auftritt, wenn der Mechaniker da ist (Vorführeffekt).

Wenn man die Ursache eines Fehlers nicht kennt und auch nicht weiß, wie man ihn auslösen kann, erscheint einem dieser Fehler zufällig. In Wirklichkeit gibt es diese Ursache und der Fehler ist nicht zufällig. Spätestens dann, wenn man den Fehler gefunden und behoben hat, wird einem das klar.

Auch die Kugel beim Roulette bleibt nicht zufällig irgendwo stehen, sondern genau dort, wo die Bewegungsenergie aufgebraucht war. Das wäre sogar berechenbar. Nur nutzt das nichts, weil wir die Ausgangsgrößen nicht oder nicht genau kennen.

Angenommen du möchtest die Fallzeit messen. Jetzt nimmst du also eine Kugel, lässt sie runterfallen und misst mit der Stoppuhr die Zeit.

Jetzt wirst du die Zeit nie so ganz genau messen können, mal drückst du ein bisschen zu früh, mal zu spät, dieser Fehler ist dann zufällig um den richtigen Wert verteilt. Umso öfter du den Versuch wiederholst, umso eher wirst du zum richtigen Wert kommen wenn du den Mittelwert bildest.

Jetzt kann es aber sein, das du z.B. die Höhe falsch gemessen hast. Dieser Fehler ist systematisch, er wirkt sich auf jede Messung aus, und egal wie viele Wiederholungen du machst er bleibt immer gleich. Die systematischen Fehler sind also viel schlimmer.

Der Unterschied ist also bei der Wiederholung.


KnorxyThieus 
Fragesteller
 12.03.2016, 20:58

OK, und kann man die Art des Fehler auch irgendwie an seiner Berechenbarkeit festmachen?

0
Maimaier  13.03.2016, 20:55
@KnorxyThieus

Die Berechnung der Fehler lernt man in der Stochastik. Wenn man annimmt, das die zufälligen Fehler stochastisch unabhängig voneinander sind, dann spricht man von einer Normalverteilung, d.h. der Mittelwert wird vom richtigen Wert eine Standardabweichung und Varianz haben die man dann berechnen kann in Abhängigkeit der Wiederholungen.

Bei dem systematischen Fehler ist das viel einfacher zu rechnen, hier ist einfach die Höhe falsch und damit auch die gemessene Zeit, fertig.

1

Die mittlere Abweichung (Standardabweichung) bzw. die Varianz eines zufälligen Fehlers ist umso kleiner, je mehr Messungen man vornimmt. Typischerweise ist die Standardabweichung proportional zur Anzahl der Messpunkte. Nicht zufällig ist die Standardabweichung ein Begriff aus der Stochastik, die sich mit zufälligen Prozessen beschäftigt.

Die Abweichung eines systematischen Fehlers bleibt immer gleich. Kein Wunder bei einem Fehler, der "im System" verankert ist.

Wie Maimaier schon bemerkt hat, kann man auf diese Weise zufällige Fehler normalerweise so klein machen wie man es braucht. Bei systematischen Fehlern hilft nur, das ganze Experiment und seine Durchführung noch einmal zu überprüfen.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Studium, Hobby, gebe Nachhilfe

KnorxyThieus 
Fragesteller
 12.03.2016, 20:53

Danke für deine Antwort! Also kann man die Art des Fehlers gar nicht daran ausmachen, ob man ihn seine Auswirkungen berechnen kann?
Beispiel: Messgeräte-Fehler kann man berechnen (systematisch), zu lange Kabel (systematisch) aber nicht, einen Reaktionszeitfehler (zufällig) kann man zumindest einschätzen, z. B. zwischen zehn und hundert ms und Ablesefehler ebenso.

0
PWolff  12.03.2016, 21:49
@KnorxyThieus

Nein, ein Fehler wirkt sich immer als Abweichung vom wahren Wert aus.

Es stimmt, dass man systematische Fehler nur durch (begründetes!) Rechnen oder/und Schätzen in den Griff bekommt.

Zu den von dir genannten Beispielen gibt es auch Lösungsvorschläge, z. B. Spiegelskala, "persönliche Gleichung" in der Astronomie.

1