Notfallsanitäter als Schwerbehinderte?

4 Antworten

Man muss zur Berufsausübung gesundheitlich geeignet sein. Ich würde diesbezüglich mit einem Arbeits- oder Betriebsmediziner Rücksprache halten, dieser entscheidet über die gesundheitliche Eignung. Auch solltest du eine Fahrerlaubnis der Klasse C1 erwerben können, auch darüber, solltest du mit dem Arzt sprechen.

Letztendlich solltest du dir auch im klaren darüber sein, dass die Urkunde als Notfallsanitäter von der zuständigen Behörde auch wieder entzogen werden kann, wenn die gesundheitliche Eignung irgendwann nicht mehr gegeben sein sollte.

Rein praktisch ist es so, dass viele Rettungsdienste ihre Ausbildungsplätze bevorzugt an Rettungssanitäter/innen mit ein- bis zweijähriger Berufserfahrung vergeben, ein Direktzugang zur Ausbildung ist zwar gesetzlich möglich, stellt jedoch in manchen Regionen die große Ausnahme dar. Zwischen Voraussetzungen auf dem Papier und Voraussetzungen in der Praxis, gibt es teilweise sehr große Unterschiede.

Mfg

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Rettungsdienst🚑, sehr großes Interesse an Notfallmedizin.

tikkinikki 
Beitragsersteller
 03.05.2021, 06:44

Also ich habe bereits ein Führerschein Klasse B, also sollte es bei einem Führerschein C1 kein Problem sein. Trotzdem danke für die Information, ich werde mal da anrufen :).

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Rollerfreake  03.05.2021, 14:56
@tikkinikki

Da wäre ich mir nicht ganz so sicher, denn der Gesetzgeber, stellt in der Fahrerlaubnisverordnung (FeV) an den Erwerb von Fahrerlaubnisklassen für LKW und da gehört die Klasse C1 dazu, deutlich strengere Anforderungen als an den Erwerb der "normalen" Fahrerlaubnis der Klasse B. Beim Antrag auf C1, wird unter anderem auch ein ärztliches Gutachten gefordert sowie ein augenärztliches Gutachten. Diese Untersuchungen, müssen von Gesetzeswegen her im fünf Jahres Rhythmus auch wiederholt und die Fahrerlaubnis verlängert werden. Auch diesbezüglich, solltest du mit dem Arbeits-/ Betriebsmediziner Rücksprache halten.

Was ich vergessen hatte, Notfallsanitäter ist nicht nur ein sehr kommunikativer Beruf (Kommunikation mit Kollegen, Patienten, Angehörigen und anderem am Einsatz beteiligten Fachpersonal) sondern du musst auch in der Lage sein, mit einem Stethoskop Lunge, Abdomen (Bauchraum) und das Herz abzuhören. Dass könnte unter anderem Schwierigkeiten geben und dazu führen, dass dir die Erlaubnis nach §1 Absatz 1 NotSanG nicht erteilt wird. Ob Auflagen möglich sind, dass weiß ich nicht, allerdings selbst wenn, du wirst mit einer behördlichen Auflage wie zum Beispiel, dass du nur mit einem zweiten Notfallsanitäter eingesetzt werden darfst, in der Praxis wohl kaum eine Anstellung im Rettungsdienst bekommen, da zwei NotSan's, wo sie nicht unbedingt nötig sind, den Arbeitgeber ununnötig Geld kosten. Bedenke auch, dass das Arbeitsumfeld Rettungsdienst mit vielen Nebengeräuschen verbunden ist, es kann zum Beispiel vorkommen, dass bei einem Brand ständig Fahrzeuge der Feuerwehr mit Sondersignal nachrücken, auch dann musst du noch in der Lage sein, am Einsatzort effektiv zu kommunizieren.

Mfg

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Von Experte Rollerfreake bestätigt

Hi,

eine pauschale Einschätzung kann man hier nicht geben - es kommt letztendlich auf den Grad der Beeinträchtigung an.

Die gesundheitliche Eignung ist eben eine Grundvoraussetzung für die Ausbildung und die Berufsausübung. Geeignet heißt in diesem Fall: gesundheitliche Beeinträchtigungen dürfen die Berufsausübung nicht behindern oder stören.

Ob das in diesem Fall gegeben ist? Halte ich erstmal für fraglich. Denn

kann auch ziemlich gut sprechen

ist eben eine relevante Einschränkung. Was der vollkommen gesunde Zwanzigjährige versteht, kann für den selbst hörgeschädigten Achtzigjährigen schon unmöglich sein. Und letztere Gruppe macht einfach mal drei Viertel des Patientenklientels aus...

In einem Beruf, in dem Hören und Sprechen absolute Grundvoraussetzungen für die Tätigkeit und essentiell wichtige Bestandteile sind, liegen die Anforderungen hierfür dementsprechend hoch. Und Kommunikation im Einsatz, unter Stress, Zeitdruck, nachts um drei mit vollkommen fremden und aufgebrachten Menschen ist doch etwas anderes als der Smalltalk mit Freunden und Bekannten. Missverständnisse sind hier nicht ärgerlich, sondern im Zweifelsfall lebensgefährlich.

Persönliche Empfehlung

Sprich mit einem Arbeits-/Betriebsmediziner sowie ggf. dem behandelnden HNO-Arzt, was die gesundheitliche Eignung angeht.

Das ist spätestens, wenn der Führerschein Klasse C1 ansteht (und das tut er), ohnehin ein Thema, das geklärt werden muss.

Neben dem "Dürfen" sollte man sich auch die Frage nach dem "Ist es sinnvoll?" stellen. Betrachtest Du es als sinnvoll, in einer akuten Notlage mit nicht ganz unwahrscheinlichen Kommunikationsschwierigkeiten zu agieren?

Fazit

Ärztlich abklären lassen und eine eigene realistische Situationseinschätzung - auch die Chancen, die den Ausbildungsplatz betreffen - treffen.

Denn die Anforderungen auf dem Papier erfüllen sehr, sehr viele - bekommen tun ihn allerdings die wenigsten (und das ohne jegliche gesundheitliche Beeinträchtigungen). Zehn Bewerber pro Ausbildungsplatz sind die Regel, nicht die Ausnahme.

LG

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Notfallsanitäter, Blogger, Medizinstudent

„Ziemlich gut“ sprechen ist ja mehr so eine Selbsteinschätzung. Kommunikation mit Patienten und Ärzten ist aber für den Beruf des Notfallsanitäters essenziell.
Weiterhin hätte ich bedenken, ob mit „Hörgerät“ über das Stethoskop Herztöne, Darmgeräusche und verschiedene Atemgeräusche auch so wahrgenommen werden. Dies ist jedoch für eine Diagnostik unerlässlich. Aber vielleicht geht das mit CI sogar noch besser.
Endgültige Gewissheit kann dir dazu aber nur ein Gespräch mit einem Arbeitsmediziner bringen.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung

Um es kurz zu machen: Ja, es wäre durchaus möglich. Leider habe ich zwar selbst keine Erfahrung, aber ich kenne so Fallbeispiele, das es tatsächlich gibt.

Hier findest du auch etwas in diese Richtung:
https://www.malteser.de/aware/stories/julia-ist-deutschlands-erste-gehoerlose-notfallsanitaeterin.html

https://www.rettungsdienst.de/tipps-wissen/15-praxistipps-zur-kommunikation-mit-hoerbehinderten-46354

Ich würde eher Raten, sich mit dem Presse mal vertraut zu machen und dann dortigen Stelle mal beraten zu lassen, und die Erfahrung einholen. Schwierig wäre es, wenn es nur bestimmten Orten möglich ist, aber ich denke, das heutzutage dringend benötigt werden und jeder Ausbilder froh wäre, jemanden einzustellen.

Wenn das ganze mal nicht so hilft, kannst dich ebenso beim Deutschen Gehörlosen-Bund e.V. beraten lassen, da ich jetzt auf die Schnelle nicht noch Recherchen dürchführen möchte. Wenn du das Ziel dazu hast, wirst du ihn auch erreichen.