Nathan der Weise Zitat deuten?

3 Antworten

Vom Beitragsersteller als hilfreich ausgezeichnet

Ja, aber da muss man schon ziemlich genau um den Kontext wissen.

Das Zitat legt nahe, dass Lessing über gewisse Themen nicht mehr frei ("ungestört") schreiben konnte, und mit der "alten Kanzel, dem Theater" meint er sein Stück Nathan der Weise.

Zum Kontext:

Reimarus, ein Bekannter von Lessing, hatte ein Traktat geschrieben, das er nicht veröffentlichen wollte, es verstoße nämlich allzusehr gegen die herrschende Theologie.

Nach seinem Tod hat seine Tochter den Text Lessing anvertraut, und dieser hat ihn auszugsweise (nach langem Zögern der Tochter) veröffentlicht. Er hat dabei zu einer List gegriffen: die Handschrift gehöre dem Fonds seiner Bibliothek (Wolfensbüttel) an, was eine Veröffentlichung in den Beiträgen zur Geschichte und Literatur (1773) rechtfertige. Ihm war wichtig ist, dass diese Beiträge nicht der Zensur unterlagen.

Die Schrift von Reimarus heisst: Apologie oder Schutzschrift für die vernünftigen Verehrer Gottes.

Es geht also um eine rationalistisch orientierte Kritik an der Religion, die an sich damals nicht neu ist. Es geht grob gesagt darum, alles in Frage zu stellen, was nicht mit Vernunftgründen zu erfassen ist - also z.B. Wunder und alles Übernatürliche überhaupt.

Neu ist vielmehr, dass sie durch Lessing an die Öffentlichkeit gelangt, und zwar nicht, wie damals für theologische (Streit)schriften üblich, in Latein, sondern in der allgemein verständlichen Sprache Deutsch.

Die Schrift kann also von vielen gelesen werden und dadurch Resonanz finden, was die Zensur verhindern will.

Das ist der Auslöser der Kontroverse zwischen Lessing und Goeze (einem Dogmatiker, der nur das Überlieferte gelten ließ), verbunden mit der Tatsache, dass Lessing eine Kritik irrtümlicherweise Goeze zugeschrieben und sich deshalb direkt gegen ihn gewandt hat. Da Goeze in der Beziehung "unschuldig" war, hat er natürlich überreagiert und verlangt, dass der Streit nicht mehr fortgeführt werden dürfe - was ganz klar einer Zensur gleichkam.

Mit Nathan der Weise beschließt also Lessing, der Religion weiter kritisch nachzuspüren, aber in einer Form, die nicht mehr direkt anfechtbar ist.


achwiegutdass  11.01.2021, 23:47

Herzlichen Dank für den Stern!

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saidqwrzuwnejd 
Beitragsersteller
 10.01.2021, 19:14

danke leute für eure Antworten . Kuss geht raus

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Als Bühnenautor schreibst du nicht ohne Sinn, du möchtest eine Botschaft vermitteln, eine Meinung verbreiten, zum Nachdenken anregen. So wie es der Pastor von der Kanzel predigt. Lessing fragt sich, ob sein Landesherr seine Theaterstücke zensieren oder sogar verbieten wird. Das will er will er erfahren, indem er z. B. ein Werk aufführt oder mit einem Beamten des Hofes ein Gespräch führt oder wie auch immer.

Vielleicht waren seine anderen Schriften verboten? Klingt ja fast so: Vielleicht lässt man ihn wenigstens seine Theaterwerke, wenn schon nicht seine anderen Werke dem Publikum präsentieren.

Ich denke es ist wie folgt zu interpretieren:

"Ich muß sehen ob ich bei meinem Vortrag in meinem Theater von der Zensur unbehelligt bleibe."

Gruß von Littlethought.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Lehrer u. Fachbetreuer für Mathematik und Physik i.R.