Nathan der Weise im vergleich zu heute?

1 Antwort

Eine spannende Frage. Leider ist die Lösung der Ringparabel wohl etwas zu schön, um wahr zu sein. Auf der folgenden Seite wird das recht gut entwickelt:

https://www.relevantia.de/lessing-nathan-heute

Da geht es im wesentlichen darum, dass sich eine echte Religion eben nicht in einen Good-will-Wettstreit einlässt.

Außerdem - und das hat mich am meisten überzeugt - ist das Nett-zueinander-Sein, das die Ringparabel als Heilmittel aller Konflikte verkündet, viel zu sehr abgekoppelt von den realen Machtverhältnissen. Die, die sich unterdrückt fühlen, werden das paradiesische Zusammenleben aller Menschen immer erst in ihrem Sinne herbeiführen wollen, es aber nicht im gegenwärtigen Zustand bereits akzeptieren.

Also: Die drei Argumente wären - aus meiner Sicht:

  1. Es wäre schön, wenn sich alle Menschen darauf verständigen könnten, nett zu einander zu sein und den am meisten zu loben, der am meisten Positives hervorbringt.
  2. Lessing hat als Aufklärer aber nicht die geringste Ahnung von der Unbedingtheit vieler Religionen, die sich eben ernst nehmen und nicht einfach an die Regeln der Aufklärung halten. Wenn eine Religion noch die Herrschaft ihres Gottes auf der Erde durchsetzen will, dann kann sie keine Ringparabel daran hindern.
  3. Außerdem ist Lessings Ringparabel völlig realitätsfern, weil sie die realen Interessenkonflikte der Menschen untereinander nicht ernst nimmt. Schön vor langer Zeit hat einer den Gedanken formuliert: "Der Klügere gibt nach - und das begründet die Weltherrschaft der Dummheit." Es ist wohl Marie von Ebner-Eschenbach gewesen - das findet man jedenfalls im Internet.

Viel Erfolg bei der Arbeit!


Kyrdex 
Beitragsersteller
 18.02.2020, 22:54

Danke, dein Kommentar war sehr hilfreich :)

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