Muhammed Dahlan?

1 Antwort

Vom Beitragsersteller als hilfreich ausgezeichnet

Ich halte Muhamad Dahlan für keine ernstzunehmende Zukunftslösung, nicht für Palästina und erst recht nicht für Gaza.

Politisch steht er dem Westen nah, erzählt viel von Demokratie (was ich bei einem Opportunisten nicht authentisch finde) und ist unbestritten ein enger Verbündeter der CIA und der Golfstaaten.

Damit gewinnt man in Palästina keinen Blumentopf, und in der Juli-Umfrage palästinensischer Meinungsforschung nennen ihn auch gerade mal zwei Prozent als Wunschnachfolger von Präsident Abbas.

Aber selbst wenn der Wert deutlich höher wäre - Fatah hasst ihn, wirft ihm Morde, Mordversuche, Spionage und Verrat vor (nicht wirklich unbegründet, wenn du mich fragst), und für Hamas gilt das gleiche.

In Gaza einst verhältnismäßig beliebt, hat sich das dort seit dem Bürgerkrieg ins Gegenteil verkehrt. Hamas und ihre Anhänger haben weder die Härte seiner Truppen noch seinen Mordanschlag auf Ismail Haniyya verziehen.

Eine Wahlkampagne für ihn in Palästina halte ich daher für schlicht unmöglich.

Summa summarum: Person und Programm sind chancenlos in Palästina, und aus meiner Sicht disqualifiziert ihn auch sein Charakter für hohe politische Ämter.

Ich denke (und sage es begeisterungslos), dass man es eher mit Marwan Barghouti wird versuchen müssen. Zumindest sollte Israel seinen Teil tun, das nicht zu verhindern - und ihn begnadigen und nach Ramallah ausweisen.


Steffile 
Beitragsersteller
 26.07.2024, 08:55

Hey danke, das ist ja eine Menge HIntergrund. Von dem Mordanschlag auf Haniye haeb ich z.b. noch nicht gehoert.

Was Barghouti angeht - keine Chance dass Israel den begnadigen wird. Ich kann auch nicht verstehen wie er als neuer 'Nelson Mandela' gehyped wird - ich wuerde keinen Terroristen und Moerder als Staatoberhaupt wollen

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Silicium58  26.07.2024, 09:08
@Steffile
Von dem Mordanschlag auf Haniye haeb ich z.b. noch nicht gehoert

Die Umstände und Vorwürfe kannst du u.a. hier nachlesen (BBC, 15.12.06).

Barghouti

Wir werden über den Mann nicht groß unterschiedlich denken. Ich wäre allerdings für einen Versuch zu haben. Mangels Alternativen.

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Steffile 
Beitragsersteller
 26.07.2024, 09:10
@Silicium58

Naja, du wuerdest ja nicht als Nachbar zu ihm leben....

Ich google gerade, danke!

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Silicium58  26.07.2024, 09:28
@Steffile

Das weiß ich noch nicht.

Jedenfalls sehe ich keine Optionen. Ich mag Mohamad Mustafa nicht, könnte mit ihm aber leben - nur hätte der ebensowenig Chancen wie Dahlan.

Wer bleibt denn ansonsten übrig? Mustafa (also nicht Marwan) Barghouti und seine seltsame Einstaatenlösung? Irgendein PFLP-Freak wie al-Majdalawi, der auch nichts anderes im Sinn hätte, als Marwan Barghouti zu unterstützen?

Die haben halt alle keinen Rückhalt. Das gleiche gilt für die zweite Reihe Fatahs mit Leuten wie Mohammad Shtayeh oder Rami Hamdallah.

Ich denke, wenn es um die Nachfolge von Abbas geht, wird Israel eine Kröte zu schlucken haben.

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Steffile 
Beitragsersteller
 26.07.2024, 09:38
@Silicium58

Ja wahrscheinlich.. Aber es geht nicht nur um Israel, sondern wer kann die Palestineser in eine bessere Zukunft leiten.

Ich meine, Mahmoud Abbas ist ja schon steinalt und koennte jeden Tag sterben. Weisst du wie das mit der Nachfolge geregelt ist? Soweit ich weiss muessten dann demokratische Wahlen stattfinden, aber da er sich die ganzen Jahren mit praaktich unwaehlbaren Maennern umgeben hat, kann da totales Chaos ausbrechen.

Was waere wenn er Hussein al-Sheikh oder Mohammad Shtayeh als seinen Nachfolger ernennen wuerde, wuerden den dann die meisten waehlen, oder waere dnan eine Wahl nicht vorgeschrieben?

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GoriIIa  26.07.2024, 09:43
@Steffile
wer kann die Palestineser in eine bessere Zukunft leiten

Das können nur zwei Parteien.

  1. Israel
  2. Sie selbst (die vernünftigen unter diesen).
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Silicium58  26.07.2024, 09:55
@Steffile

Wenn Abbas mal eben stirbt, sieht die Verfassung eine Übernahme des Amtes durch den Sprecher des Palästinensisches Nationalkongresses vor.

Das wäre dann Abd al-Aziz Duwaik, der interimsmäßig einspringen würde, aber nicht für eine reguläre Nachfolge in Frage käme.

Für diesen Fall rechne ich aber mit einer Staatskrise im Westjordanland, und die Nachfolge würde ausgefochten. Nicht bürgerkriegsmäßig, aber mit punktueller Gewalt.

Was waere wenn er Hussein al-Sheikh oder Mohammad Shtayeh als seinen Nachfolger ernennen wuerde, wuerden den dann die meisten waehlen, oder waere dnan eine Wahl nicht vorgeschrieben?

Aus meiner Sicht wären beide zu schwach, um sich durchzusetzen. Dass Abbas keinen Nachfolger benennt, hat u.a. ja auch damit zu tun, dass vermutlich sofort Gezänk ausbrechen würde.

Ich denke, er kann vorschlagen, wen er will. Entweder würden die Funktionäre murren oder die Tanzim. (es sei denn, er bestimmt Marwan Barghouti).

Wählen lassen müsste der Nachfolger, wenn er die Gesetze beachtet. Das aber macht ja bereits Abbas seit fünfzehn Jahren nicht. Ich bin mir nicht sicher, ob jemand, der von Abbas vorgeschlagen wurde, das anders hielte.

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Steffile 
Beitragsersteller
 26.07.2024, 12:05
@Silicium58

Guter Punkt.

Viele sagen dass die palaestinesiche Gesellschaft nicht fuer Demokratie reif ist und ein Autokrat fuer die vorhersehbare Zukunft besser fuer sie ist - wie siehst du das?

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Silicium58  26.07.2024, 19:54
@Steffile

Ich schätze die palästinensische Volksgemeinschaft als die desolateste ein, die ich kenne.

Besonders Gaza ist ein über viele Jahrzehnte durchgeführtes Zuchtexperiment, was mit Menschen geschieht, die in isoliertester Form religiöser und nationalistischer Propaganda ausgesetzt wurden und ansonsten kaum Bildungsmöglichkeiten hatten.

Eine zivile Mittelschicht existiert nicht, und ohne diese ist keine Demokratie zu machen. Da sehe ich keine größeren Chancen als in der Vergangenheit.

Dazu ist ein gigantisches Anspruchsverhalten entstanden. Durch das schon immer hohe Spendenaufkommen für Palästina hat ein arbeitsloser Palästinenser allgemein mehr als ein Arbeitsloser in Syrien, Libanon oder anderen Nachbarn.

Es kommt ja nicht von ungefähr, dass wirklich jedes Land entschieden ablehnt, Palästinenser aufzunehmen.

So wird es aus meiner Sicht auch wieder auf ein autoritäres System hinauslaufen.

Die beste Lösung wäre für mich die Installation eines UN-Gouverneurs für ein bis zwei Generationen. Wobei der natürlich auch als kolonial bekämpft würde und hartes militärisches Backup brauchte.

Für mich sieht die Zukunft der Palästinenser jedenfalls düster aus. Wenn der Krieg vorbei ist, wird man sie wieder sich selbst überlassen. Mit den gleichen Konsequenzen wie seit 1948. Der ewige Kreislauf zwischen aufgehetzt und zusammengeschossen werden.

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