Minderwertgutachten bei Leasing-Rückgabe akzeptieren?
Ich habe einen Renault Zoe auf 4 Jahre zu 10000 km geleast. Die vier Jahre sind nun um, ich habe 48000 auf dem Tacho, also 8000 km überzogen. Das Auto ist meiner Meinung nach in gutem Zustand (Garage, Aufladung an der Steckdose, im letzten Jahr Wallbox)
Mein Händler meinte jovial, "dann lassen wir da noch einen Gutachter drübergucken und wenn nix Besonderes ist, zahlen Sie nur die Mehrkilometer." Ich habe mich also auf rund 1200 EUR (8000 x 0,12 + MwSt) eingestellt.
Der Gutachter hat in meinem Beisein "drübergeguckt", er war sehr genau, um nicht zu sagen pingelig. "Ist ja auch zu Ihrer Sicherheit, damit aus einem harmlosen Kratzer nicht mehr gemacht wird".
Gestern schickte mir mein Händler das Gutachten als PDF.
Auszüge daraus:
- Allgemeinzustand gut
- Außenlackierung weist durchschnittlichen Erhaltungszustand auf
- Innenraum gepflegt
1.Pflichtangaben
(2 Außen-, 1 Innenfoto, Serviceheft, Fahrgestellnummer, Schlüssel etc.)
2.Karosserie außen
- Karosserie (Körper) in akzeptablen Zustand (iaZ)
- Türen iaZ (Gebrauchsspuren an den Kanten)
- Dach in nicht akzeptablem Zustand (inaZ) Delle (die man nur mit einem Dellenspiegel erkennt, anscheinend ist mir eine Kastanie auf's Dach gefallen)
- Haube inaZ Kratzer (polieren)
- Kotflügel iaZ
- Schweller iaZ
- Stoßstangen inaZ: vr Kratzer (SmartRep), hr Kratzer (SmartRep), hl (polieren)
- Spiegelkappe Kratzer
- Lackierung iaZ
- Scheiben iaZ
- Beleuchtung iaZ
- Seitenteil inaZ Kratzer (polieren)
- Lackschichtdickenmessung: ergab Auffälligkeiten (welche?)
- Einstieg inaZ HR 2x Dellen, HL 1x Delle mit Lackschaden (da war wohl die Zunge des Sicherheitsgurtes beim Zuschlagen eingeklemmt)
3.Innen-/Kofferraum/Bereifung
- Innenraum (7 Punkte: Innenraum, Sitze, Himmel, Verkleidung, Armaturen, Bodenbeläge, Kofferraum) alle iaZ
- Felge VR inaZ Schaden Materialverlust Instandsetzung nicht empfohlen (OK, da habe ich wohl mal einen Bordstein mitgenommen)
- Felge VL inaZ verkratzt
- Profiltiefen, Bereifung iaZ
4.Motorraum
- Motorraum in ordentlichem Zustand
5.Feststellungen ohne Bilddokumentation
- HU/AU/SP/§57b ist durchgeführt
- Wertminderung keine
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Die Schäden sind jeweils mit Foto dokumentiert. Bei den Schäden sind jeweils die Reparaturkosten und die Wertminderung angegeben:
- Dach Delle 120/60
- Haube Kratzer 80/40
- Stoßstangen (SmartRep u. Polieren) 680/340
- Spiegel 80/40
- Seitenteil (polieren) 100/100
- Einstieg 400/200
- Felge VR 350/350
- Felge VL 300/150
Summe ohne MwSt 2110/1280
Ich war eigentlich recht zuversichtlich gewesen, denn abgesehen von der Felge vorn rechts (350 EUR ???) waren nur leichte, polierbare Kratzer zu sehen. Die Delle auf dem Dach war mir gar nicht aufgefallen.
Dass sich Gutachter und Händler duzten, kam mir nicht ungewöhnlich vor.
Jetzt will mir mein Händler 1280 EUR in Rechnung stellen.
Muss ich das so akzeptieren?
Abgesehen von "Hättest halt nicht leasen sollen": Ist das das übliche Ende eines Leasingvertrages?
Kann jemand erkennen, warum ich die Reparaturkosten für "Seitenteil polieren" und "Felge VR" in voller Höhe, den Rest aber nur zur Hälfte tragen soll? Kostet eine Zoe-Felge tatsächlich 350 EUR und die Reparatur von Felgenkratzern 6/7 davon?
Mir kommt das nicht seriös vor (gleichzeitig wundere ich mich, weil der Händler in mehreren Generationen seit 1959 in unserer 30.000-Einwohner-Stadt ansässig ist und eigentlich einen guten Ruf hat)
Immerhin konnte ich 360 EUR runterhandeln. Ohne Gegengutachten und Anwalt. Einfach unter Berufung auf den Renault Schadenkatalog. Alle Schäden, die der Gutachter mit "Polieren" bezeichnet hatte und die Minidelle auf dem Dach, sowie etwas weniger bei den Felgen. Die Felge kostet 200 EUR netto (Anruf beim Mitbewerber), die hatte der "Gutachter" mit 350 angesetzt.
Jetzt soll ich hier eine Antwort als "am hilfreichsten" markieren?
incl. der 1200€ Euro für die Mehrkilometer ?
Schön wär's. Nein, die kommen noch drauf. Das ist ja vorab vertraglich vereinbart gewesen.
3 Antworten
Nein, dir steht der Rechtsweg immer offen.
Wird natürlich etwas kostspielig.
Du kannst natürlich ein Gegengutachten machen lassen. Und damit sich dann vor Gericht streiten. Musst du aber auch erstmal alles selbst zahlen und der Ausgang ist unbekannt.
Würde das zahlen und dann einen Deckel draufmachen. Und beim nächsten Auto ernsthaft überlegen den nochmal zu leasen. Eine klassische Finanzierung mit anschließendem Verkauf ist mMn immer noch der beste Weg. Gerade mit relativ wertstabilen E-Autos.
Tja, der nächste Vertrag läuft bereits. Allerdings bei einer anderen Firma. Ich hätte die Zoe gern behalten, aber bei einem Anschlussleasing wäre die Rate um 50% höher gewesen und passende Alternativen konnte mir der Händler nicht anbieten. Das motiviert ihn vermutlich auch nicht besonders, mir entgegen zu kommen.
Dass bei der Leasing-Rückgabe jeder Kratzer und jeder Vogelschiss in Rechnung gestellt wird, war dir aber vorher schon klar. Oder ist das dein erstes Privatleasing?
Du kannst der Nachzahlung natürlich widersprechen, wenn du entsprechende Argumente hast
Tja, was soll ich dir jetzt sagen? Ich kenne den einen oder anderen Fall aus meinem Bekanntenkreis. Da gings am Ende auch um viel Geld, nichtmal wegen Mehrkilometer. Und ich weiss, weswegen ich privat niemals ein Auto leasen würde.
Wie gesagt, du kannst widersprechen, einen eigenen Gutachter auf eigene Kosten bestellen und ggf einen Anwalt einschalten. Aber 1280€ reichen dafür sicher nicht
Die Mehrkilometer stehen ja außer Frage, das sah ich kommen, als unser Erstwagen den Geist aufgegeben hat und jede Fahrt mit der Zoe gemacht wurde.
Aber dass die Mini-Schäden den Wert um 1280 EUR mindern sollen, erschließt sich mir nicht (die stark beschädigten Felge sehe ich auch als Laie ein, aber 350 EUR für eine Felge bei einem Kleinwagen???)
Im Vertrag (den ich natürlich erst anschließend genau studiert habe) steht, dass das Auto in "dem Alter und der Fahrleistung entsprechenden Zustand" zurückgegeben werden soll und bei Rückgabe ein Protokoll über die Schäden (normale Verschleißspuren gelten nicht als Schäden) angefertigt wird. "Können sich LG und LN nicht einigen, wird der LG den Schaden durch einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen ermitteln lassen. Hierzu schlägt er dem LN zwei Sachverständige zur Auswahl vor." Der Versuch der Einigung ohne Sachverständigen hat gar nicht stattgefunden und der Sachverständige ist lt. seiner Visitenkarte weder "öffentlich bestellt" noch "vereidigt".
Ich bin juristisch nicht sonderlich versiert, aber richten sich Anwaltskosten nicht nach dem Streitwert? Warum sollten 1280 € dafür sicher nicht reichen?
Ich bin an einem Rechtsstreit eigentlich gar nicht sonderlich interessiert und hatte mir hier Argumentationshilfen für eine gütliche Einigung erhofft.
Wie gesagt - nimm dir einen eigenen Gutachter auf eigene Kosten. Mehr kann man dir nicht raten. Oder zahle und lerne draus
Ja, ist mein erstes Leasing.
Dass ich vier Jahre lang eine Leasinggebühr zahle und anschließend ein neuwertiges Fahrzeug zurückgeben soll, war mir tatsächlich nicht klar.
Ich war nach Lektüre dieses Dokuments nicht darauf gefasst, über den Tisch gezogen zu werden:
https://www.autohaus-toennemann.de/wp-content/uploads/2020/03/DEKRA-Schadenkatalog.pdf
(Autohaus Toennemann hat mit der Angelegenheit nichts zu tun, das war der erste Beste, bei dem ich den Dekrakatalog gefunden habe)
Meine Hauptargumente wären, dass polierbare Kratzer keine Wertminderung darstellen und dass eine Einzelfelge für einen 4 Jahre alten Kleinwagen wohl kaum 350 EUR wert ist.
Ich gehe nicht davon aus, dass ich nichts bezahlen muss. 1280 EUR für ein Auto in gutachterlich bescheinigt gutem Allgemeinzustand ohne Wertminderung finde ich allerdings etwas happig.