Lässt sich Platzangst durch Marleau Pontys Phänomonologie erklären?
Ich lese aktuell Marleau Ponty und habe noch Schwierigkeiten mit dem Verständnis seiner Theorien. Mir ist dabei jedoch Platzangst als mögliches Beispiel eingefallen. Lässt sich mit Marelau Pontys Theorie Platzangst erklären? Ein enger Raum würde ja laut Descart als solcher wahrgenommen und somit auch nicht als Gefahr klassifiziert werden, weil ja durch die gegebenen Informationen, die der Geist analysiert, keine besteht. Aus Pontys Sicht könnte man dann doch sagen, dass der enge Raum für einige Menschen Angst auslöst, weil sie ihn nicht mit ihrem Geist, sondern mit ihrem Körper wahrnehmen. Ansonsten wäre ja keine Angst möglich, weil es ja keine Hinweise auf eine Gefahr gibt. Verstehe ich das richtig?
1 Antwort
Weder der zwei Jahrhunderte vorher lebende Descartes noch Merleau-Ponty sind klinische Psychologen oder Psychiater gewesen, sondern Philosophen, die sich mit Grundlagen der Wahrnehmung befasst haben. Insofern liefern sie keine erschöpfende Erklärung für klinische Phänomene wie Platzangst.
Deine Einwände scheinen mir durchaus berechtigt.
Gerade auch in der deutschen Gestalttherapie-Szene spielte der Einbezug von Merleau-Ponty bei manchen 'Koryphäen' eine beachtliche Rolle.
Ich hatte dennoch das Bedürfnis, die Fragestellung von der 'philosophischen Verkopfung' auf die klinische Geerdetheit / Nüchternheit zurückzuführen. (Wohl wissend, dass weitere Disziplinen wichtige Beitrage zu liefern haben).
Auch damit habe ich meine Schwierigkeiten. Die Psychologie arbeitet natürlicherweise mit philosophischen Konzeptionen. Das fängt bereits mit Begriffen wie „Ich“ und „Selbst“ an und von der Psychoanalyse von Freud brauchen wir gar nicht erst reden. Auch gibt es eine „Daseinsanalyse“ die auf der Philosophie von Martin Heidegger beruht usw.
Philosophie ist nicht unredlich oder zu verkopft, sondern essenziell notwendig für die Psychologie.
Und das ist auch einer der Aspekte, die die Psychologie so spanned macht, da sie sich an der Schnittstelle von Natur- und Geisteswissenschaft bewegt.
Klar doch ...
Ich bin jetzt mal mehr von meiner klinischen Erfahrung ausgegangen, dass solche 'Gedankenakrobatik' - beispielsweise in Zusammenhang mit Platzangst oder gar eigenartig wirkender Ideen - eher ein Zeichen von leiblicher Entfremdung ist als von fundierten philosophischen Abwägungen in Kombination mit psychisch-mentaler Stabilität. Aber da sind wir wohl durch unsere jeweilige Ausbildung geprägt.
Das ist so nicht ganz richtig. Gerade die Phänomenologie beschäftigt sich mit der Wahrnehmung des Subjekts. Und wer ist es, der etwas wahrnimmt? Das Subjekt.
Es stimmt, dass man mit der Phänomenologie die Psychopathologie nicht vollständig erklären kann, jedoch kann die Phänomenologie dazu einen wichtigen Beitrag leisten. Nicht umsonst gibt es richtig dicke Bücher zur „Phänomenologie der Psychopathologie“.
Beachte auch, dass die Psychologie keine Einzelwissenschaft ist, sondern interdisziplinär; sie ist immer ein ganzer Pool an Wissenschaften, wie Biologie und Soziologie, die sich auf einen bestimmten Gegenstandsbereich konzentrieren. Wenn ich also psychologisch etwas klären will, bediene ich mich für ein vollständiges Bild an mehreren Disziplinen und da gehört die Phänomenologie genauso mit rein.