Kopftransplantation Leib und Seele, wer ist wer?

1 Antwort

Bei dieser Frage wird übersehen, dass sich im Körper - verteilt um die inneren Organe - etwa genauso viele Nervenzellen befinden wie im Gehirn.

Manche sprechen hier sogar vom "Bauch-Hirn" oder "Darmhirn", siehe z.B. https://www.geo.de/wissen/13364-rtkl-neurologie-wie-der-bauch-den-kopf-bestimmt

Diese Nervenzellen im Körper haben andere Aufgaben und sind anders organisiert, aber sie sind genauso wesentlich für die Person wie das Kopfgehirn. Ich denke, es wäre nicht ganz falsch, dieses Bauch-Hirn als die Seele des Menschen zu bezeichnen.

M.E. ist dieses Gedankenexperiment gut vergleichbar mit der ähnlichen Idee, eine Gehirnhälfte zu transplantieren ( also z.B. linke Gehirnhälften zwischen 2 Personen tauschen).

Und die Antwort ist natürlich bei beiden Fragen, dass dann als Resultat zwei unterschiedlich gemischte neue Personen entstehen. Die Vorstellung, dass eine Person etwas unteilbares und unveränderbares sei ist eben eine stark vereinfachte Vorstellung, bei der solche Operationen ausgeschlossen werden.

Tatsächlich weiss man seit dem Weltkrieg aus vielen Beispielen sehr genau, dass schon ein gewöhnlicher Kopfschuss eine Person komplett zerstören aber auch komplett verändern kann. Es gibt auch aus den 50er Jahren einige Berichte, wie man durch neurochirurgische Eingriffe die Person ändern, z.B. aus einem trotzigen Kind ein immer folgsames machen kann etc.


ghdvuduwgssww 
Beitragsersteller
 08.11.2021, 19:19

Vielen Dank für Ihre Denkansätze! Wie würden sie es beurteilen, wenn eine Person durch verschiedene Unfälle fast den ganzen Körper durch Prothesen ersetzen musste (z.B Beinprothesen) und schlussendlich mit einer sehr hohen Summe verschuldet ist (an dieses eine Unternehmen die all diese Prothesen extra angefertigt hat)? Diese Person besteht lediglich aus eine einzigen Gehirnhälfte, die wirklich von ihr abstammt. Die andere Gehirnhälfte, so wie der ganze Rest des Körpers besteht nur aus Prothesen. Wären Sie der Richter, wie würden Sie urteilen? (das Unternehmen sagt, die Person sei nur noch ein materieller Gegenstand, sozusagen eine ,,Maschine‘‘).

rr1957  08.11.2021, 21:45
@ghdvuduwgssww

Das wäre dann so was wie ein Koma-Patient, nur noch viel schlimmer. Man würde die Person schon lange vorher für tot erklären, bzw. die Lebenserhaltungs-Systeme abstellen.

Ok, wir können nun annehmen, dass diese Prothesen so gut funktioneren, dass die Person menschlich interagieren kann. Dann sind wir im Umfeld des Turing-Tests: ist das eine Maschine, die versucht sich als Mensch auszugeben, oder (noch) ein echter Mensch ?

Man könnte nun als Test ein Kopie der ganzen Prothesen zusammenbauen, alles bis auf das verbliebene halbe Gehirn - und dann müssen die Tester versuchen, festzustellen, in welchem der beiden Prothesen-Menschen das halbe Gehirn steckt, und wo nicht.

Wenn der Unterschied klar ist und das halbe Gehirn sich bemerkbar macht, dann ist es eben nicht nur eine "Maschine". Wenn man die beiden Alternativen aber nicht unterscheiden kann, dann sind beide praktisch eine "Maschine".

Wobei, es fällt mir sehr schwer, ein derartige Vollprothese als realisierbar anzunehmen - das geht IMHO aus 1000 Gründen nicht. Und wenn es ginge, dann hätte das schon lange vorher so dramatische Konsequenzen dass das Menschenbild dann völlig verändert wäre.

Was ich mir eher vorstellen könnte, wäre wenn es nicht Prothesen sondern Transplantate sind, also biologische Ersatzteile die funktional mit dem Orginalkörper gleich sind. Dann aber ist es so, dass diese mit der Eingliederung in den Körper in diesem rechtlich aufgehen, so wie auch z.B. Nahrung - der Metzger kann ja auch nicht das Schnitzel zurückfordern, nachdem ich es gegessen und verdaut habe.

Wie ist das eigentlich: kann der Hersteller eines Herzschrittmachers diesen zurückfordern, wenn er nicht abbezahlt ist und der Träger stirbt ? Eigentlich dieselbe Frage, oder ?