Kontrabass, 4- oder 5-Saiter?
Ich überlege mir, ob ich für ein Semester Kontrabass ausprobieren soll. Bei uns an der Schule gibt es die Möglichkeit als Freifach ein weiteres Instrument zu belegen.
Ich spiele für die Schule Bratsche und Geige als Doppelfach, aber irgendwie reizt es mich mal etwas grösseres auszuprobieren und hätte die Möglichkeit Kontrabass (Klassik) nachträglich noch zu belegen
Bei meiner Recherche habe ich gesehen, dass das Musikgeschäft 4- und 5- Saiter als Mietinstrumente hat. Mir ist klar, dass es keinen grossen Unterschied macht, wenn man nur mal für ein Semester ausprobieren möchte, aber wenn es mir gefallen sollte, möchte ich mich ungerne umgewöhnen müssen
2 Antworten
Hallo
Vorweg ich bin kein Kontrabassist das Instrument interessiert mich nur besonders. Daher stammen meine Äußerungen aus Recherche und Zuhören, nicht aus direkter Erfahrung.
Zunächst einmal es gibt beim Kontrabass eine viel größere Vielfalt an Bauformen als bei anderen Streichern und vielleicht wichtiger ob 4 oder 5 Saiten sind Sachen wie Mensur und Korpusvolumen- sowie auch deine Körpergröße, Kraft in der Hand und Spreizbarkeit der Hand.
Die Bässe unterscheiden sich im Volumen und in der Mensur z.B. zwischen ca. 38,5 Inch (klein für einen Profibass) über normale 41 42 Inch (3/4 Größe) bis zu 45 Inch (sehr großer Sinfonieorchesterbass).
Früher waren Fünfsaiter üblicherweise große Instrumente mit langer Mensur und weitem Griffbrett- das ist nun mittlerweile gar nicht mehr grundsätzlich der Fall. Die Tendenz ist aber da. Dazu auch die Tendenz, dass Anfänger eher kleinere Bässe spielen als Fortgeschrittene.
Man kann sowohl einen Viersaiter als auch einen Fünfsaiter als einzigen Bass benutzen.
Dein Lehrer ist für all das natürlich der Ansprechpartner der viel mehr weiß als ich.
Hier etwas Pro und Kontra- bezogen auf gestrichenen klassischen Kontrabass
Pro Fünfsaiter:
- du musst Basslinien seltener nach oben oktavieren und damit in leicht unbefriedigender Weise brechen
- äh... das ist nur scheinbar trivial... die tiefen Töne klingen im Ensemble ernsthaft ziemlich gut niemand hasst die ehrlich
- Man kann Lagewechsel in der Tiefe vermeiden
Pro Viersaiter
- [manche Bässe klingen mit fünf Saiten bezogen etwas nasal und stuffy]
- engere Saitenabstände sind schwieriger zu bespielen => versehentlich zwei Saiten anspielen ist ein häufigerer Fehler
- der Winkel mit dem du die E-Saite anspielen kannst ist freier, das ist grade beim deutschen Bogen nicht verkehrt für die viel häufigeren Töne zwischen E und A als die selteneren zwischen Kontra H und E.
- [kleinere Instrumente, die unter Umständen ganz gute Wahl für Anfänger und Nebeninstrument sind, werden manchmal eine H-Saite nicht so richtig zum besten Klang oder zur besten Bespielbarkeit verhelfen da sehr dick und kurz.]
- Historisches Argument: Für die meiste Zeit der Existenz des Kontrabasses oder äh sehr großer Streichbässe größer als Cello waren Instrumente, die so tief oder auch nur fast so tief runter gehen wie ein moderner Fünfsaiter selten. Im 17. Jahrhundert waren Kontrabässe sowieso keine normalen Instrumente, im 18. und 19. gingen sie fast nie bis C oder D runter sondern hatten als tiefste Note zumeist E, F, G oder nicht einmal selten und mit voller Absicht lediglich das A, erst am Ende des 19. tauchen die Fünfsaiter mit vollständiger großer Oktave vermehrt auf. Für die meiste klassische Musik die man im Orchester und im Ensemble spielt ist die fünfte Saite das fünfte Rad am Wagen. Es gibt Ausnahmen aber die Ausnahmen sind eigentlich alle derart, dass man trotzdem auch mit einem Viersaiter das Musikstück widergeben kann. Das ist derart extrem, dass man in dem Musikrepertoire vor ca. 1900 oder gar 1950 (!) die Anzahl der in bedeutendem Repertoire vorkommenden Db und H an einer Hand abzählen kann. Und keiner dieser Töne ist ernsthaft unersetzbar wichtig.
In bestimmter Musik hat man halt Freiheiten- beim Kontrabass da der ganz überwiegend die Bassstimme spielt ist es eben so, dass bei einiger Musik - nicht bei zentraler romantischer Orchestermusik da ist man meist sehr texttreu- aber... auf jeden Fall bei barock bis Wiener Klassik großzügig nach oben und bei "nicht so heiliger" populär angehauchter Musik gern mal großzügig nach unten oktavieren kann und das heißt halt auch... 4 oder 5 Saiten ist Geschmacksache, außer der Komponist ist einer den man nicht verbessert und er ist später als Wagner dran gewesen. Aber wie gesagt selbst dann verstümmelt es ja nicht das Stück wenn eine Unteroktave selten fehlt.
Zudem ist es gerade an den beiden Enden- Romantik und Barock - heute durchaus üblich die E-Saite von Viersaitern zum Erreichen tieferer Töne runterzustimmen z.B. auf Es oder D. Im Falle der romantischen Musik selten und meistens mit Ansage/Vermerk, im Falle der Barockmusik eher chaotisch und in der Verantwortung des Spielers, da bei Barockmusik in der Regel in der ursprünglichen Intention des Komponisten gar nicht mit einem Kontrabassisten gerechnet wird und wenn doch der sich seine Stimme ggf. selber aus dem eigentlich zu schwierigen Continuopart oder Basspart für 8 Fuß Instrumente basteln kann.
[Ganz zu schweigen von der randständigen CGda Spielpraxis mit relativ kurzen Mensuren und "fließender" Grifftechnik.]
xxxxxxxx
Übrigens ist es sehr oft bei Profis die in einem großen modernen Sinfonieorchester spielen auf dem Fünfsaiter so, dass sie einen Viersaiter haben für kleinere Ensembles oder Auftritte wo man die fünfte Saite nicht braucht oder halt Solo-Virtuosenrepertoire, das ja üblicherweise extrem hoch ist.
Je größer das Ensemble je größer der Bass ist eine Idee die übrigens auch nicht ganz ausgestorben ist.
Ich würde Dir den 4 Saiter empfehlen, der ist eher Standard. Aber frage das am besten den Lehrer / die Lehrerin!