Können heute viele Leute Fraktur lesen?

Klar, kann ich flüssig lesen 91%
Kann ich bestenfalls Buchstabe um Buchstabe langsam entziffern 8%
Ist das Chinesisch oder Hottentottisch? 1%

86 Stimmen

44 Antworten

Vom Beitragsersteller als hilfreich ausgezeichnet
Klar, kann ich flüssig lesen

Ich habe diese schrift lesen gelernt noch bevor ich die "richtige" kannte weil ich neugierig auf Omas "Keksbuch" war und sie es mir beigebracht hat. Das buch ist leider mit den Jahren in seine Einzelteile zerfallen aber das Wissen (sowohl um rezepte wie auch die schrift) ist geblieben. Oma hatte auch och ein oder 2 Bücher die in Frakrur gedruckt waren die ich natürlich gelesen habe.


indiachinacook 
Beitragsersteller
 10.12.2019, 22:36

Das war bei mir ähnlich — mit 14 wollte ich unbedingt ein uraltes Chemiebuch aus der Monarchie lesen und mußte dazu in das Alphabet hineinfinden.

Klar, kann ich flüssig lesen

Zu meiner Schulzeit (bin 37) gab es noch kein Internet. Für Arbeiten lernen hieß also, sich möglichst viele verschiedene Bücher aus der Bibliothek ausleihen und versuchen, ein Thema von so vielen Seiten und Perspektiven zu beleuchten, wie irgend möglich. Dadurch habe ich so manche Stunde vor alten Lexika oder Geschichtsbüchern gesessen und notgedrungen gelernt, auch diese Schrift zu lesen. Geht freilich nicht so schnell, wie heutige Druckschrift und definitiv auch nicht mehr so schnell wie damals, als ich Fraktur noch häufiger vor mir hatte, aber ich würde zügig wieder rein kommen.

Klar, kann ich flüssig lesen

Spätestens im Studium stößt man auf Literatur, die vor mehr als hundert Jahren gedruckt wurde. Auch wenn man diese nur selten für mehr braucht als um zu belegen, wer wann ein Experiment zum ersten Mal durchführte.

Klar, kann ich flüssig lesen

Tja...Anteil an der deutschsprachigen Bevölkerung habe ich als Franzose, also als französischer Muttersprachler, gar keinen. Doch kann ich die Frakturschrift so geläufig lesen, wie die lateinische Antiqua. Mag deutschen Ohren sicher etwas komisch und unerwartet klingen, läβt sich aber auch leicht erklären.

Zum einen waren alle Deutschunterrichtbücher in der Schule bis weit in die 50er Jahre hinein in Frakturschrift gedruckt. Zum anderen sind die meisten deutschen Bücher in meiner Bibliothek so gedruckt : schlieβlich stammen sie fast alle aus der Vorkriegszeit. Eine nennenswerte Ausnahme bilden die berühmten Baederkerschen Reisehandbücher in deutscher Sprache (Jahrgänge 1902 bis 1913) : in französischer und englischer Sprache wurden sie natürlich auch in lateinischer Schrift gedruckt.

Dazu kommt, daβ man auf Trödelmärkten in Frankreich, und besonders bei den weltberühmten Antiquariatsbuchhändlern auf den Pariser Seinekaien, fast nur auf Bücher in Frakturschrift stöβt.

Das soll aber leider lange nicht heiβen, daβ diese Schrift in Frankreich etwa beliebt ist, da immer weniger Franzosen des Deutschen mächtig sind, bzw. es überhaupt lernen. Manchmal kann man hier und dort Schilder oder Reklamen in « gotischer » Schrift lesen, um wohl etwas traditionell bzw. aus der guten alten Zeit altherkömmlich zu wirken, dabei ist eigentlich von Frakturschrift à la Deutsch nicht die Rede, sondern von der mittelalterlichen, sogenannten gotischen, Schreibweise, obwohl auf den ersten Blick beide scheinen sich zu ähneln.

Wie oben von jemand schon erwähnt, ist es hier nur Uebungssache, etwa einem altgriechischen Text gleich.

Was den ausgewählten Text anbetrifft, da verdankt er seine etwaige Schwierigkeit dem ernsten Stoff und Thema, dazu kommt noch die Tatsache, daβ er aus der Zeit vor der Rechtschreibungsreform 1902 stammt.

Ein besseres Beispiel von Texten in Frakturschrift könnten meines Erachtens Auszüge aus der Zeitschrift Alte und Neue Welt aus den Jahren 1906 bzw. 1907 sein, und zwar nicht nur Artikeln, sondern auch Reklamen. Da kann jedermann sofort nachprüfen, ob man leicht, bequem, einwandfrei und so natürlich lesen kann, wie die lateinische Schrift.

Klar, kann ich flüssig lesen

Was soll daran so schwer sein? Die Type wird heute nicht mehr oft verwendet, nur wo man gewollt bestimmte Effekte damit erzielen will. Hat man sich einmal an die Besonderheiten dieser Schrift gewöhnt, kann man das problemlos lesen. Zu schaffen macht einem wohl eher die alte Rechtschreibung, aber das Wiedererkennen der Buchstaben ist reine Gewohnheitssache.

Die Orthographie des Textes folgt noch den Regeln vor der Rechtschreibreform 1901 in Deutschland. (Theil mit th, aus einander gehen) Das einzige deutsche Wort, das heute noch mit Th geschrieben wird ist der Thron; darauf hatte unser Kaiser damals bestanden.


cg1967  16.12.2019, 01:42
Das einzige deutsche Wort, das heute noch mit Th geschrieben wird ist der Thron;

Nö. Der kommt aus dem griechischen.