Kann man das Diebstahl/klauen nennen?
Hallo,
Es geht um eine Person in meinem nahen Umfeld. Nennen wir sie einfach Antonia. Antonia arbeitet bei einer alten Dame als Putzkraft. Während sie in der Wohnung aufräumt findet sie einen Gegenstand zb.einen Stift. Wir gehen davon aus daß sich der Stift irgendwo in der Wohnung befindet oder im Mülleimer in dieser Wohnung ist.(ich schreibe beide Möglichkeiten weil ich nicht genau weiß wo der Gegenstand sich befunden hat). Aber der Gegenstand gehört 100% der alten Dame. Antonia schaut sich denn Gegenstand an und fragt sich was es wohl sein könnte. Sie steckt denn Gegenstand ein (der sich vielleicht neben vielen anderen Gegenständen befunden hat die genauso aussehen) und nimmt ihn mit nach Hause um genau zu untersuchen was es für ein Gegenstand ist. Doch gefragt oder der alten Dame was davon gesagt hat sie nichts. Zuhause hat Antonia denn Gegenstand untersucht und ihn danach in denn Müll geschmissen.
Bei meiner Anschuldigungen das Antonia das geklaut hat, hat Antonia mit "ich habe es nicht geklaut sondern nur mitgenommen" und "ich habe es nicht mitgenommen weil es die alte Dame nicht gebraucht hat oder ich es klauen wollte sondern nur um es genau zu untersuchen/anzuschauen" geantwortet. Jetzt Frage ich euch, ist das ein Diebstahl und bitte bedenkt dabei es geht hier nicht um ob die Person das vermissen würde oder sie sie dafür rechtlich Anzeigen würde sondern ob es laut Recht ein Diebstahl ist.
Entschuldigt die Grammatik und Rechtschreibfehler. Ich hoffe ihr könnt meinen Anliegen trotzdem verstehen.
Danke
Das Ergebnis basiert auf 18 Abstimmungen
7 Antworten
![](https://images.gutefrage.net/media/default/user/14_nmmslarge.png?v=1551279448000)
Gemäß Paragraf 242 StGB ist Diebstahl die Wegnahme einer fremden beweglichen Sache. Dies ist hier ohne Zweifel erfüllt. Auf subjektiver Ebene ist erforderlich dass u.a. Enteignungsvorsatz, d.h. die dauerhafte Verdrängung des Eigentümers sowie Aneignungsabsicht, d.h. zumindest vorübergehende Einverleibung des Gegenstandes. Beides kann man hier meiner Meinung nach bejahen.
![](https://images.gutefrage.net/media/default/user/14_nmmslarge.png?v=1551279448000)
![](https://images.gutefrage.net/media/default/user/13_nmmslarge.png?v=1551279448000)
Wir reden hier jetzt nicht über Moral und Anstand, sondern über Recht:
Die ungefragte "Entführung" des Stiftes war zwar nicht die feine Art, erfolgte aber nicht in der Absicht, sich diesen anzueignen, sondern zunächst zur Klärung, was es mit dem Stift auf sich hat. Für den Diebstahl fehlt bis hier die Zueignungsabsicht. Da der Stift Antonia auch nicht übergeben worden war, kann es auch keine Unterschlagung sein.
Aber: Antonia war nicht berechtigt, den Stift in den Müll zu schmeißen und damit der Eigentümerin zu entziehen. Daher drängt sich hier zunächst die Untreue auf.
![](https://images.gutefrage.net/media/default/user/13_nmmslarge.png?v=1551279448000)
Für eine Unterschlagung braucht es keine Übergabe. Und für eine Unterschlagung fehlen mir die Befugnis, über das Vermögen überhaupt zu verfügen, und die Pflicht, die Pflicht, die Vermögensinteressen der alten Dame wahrzunehmen. Das gehört üblicherweise nicht zu den Aufgaben einer Putzkraft.
![](https://images.gutefrage.net/media/default/user/14_nmmslarge.png?v=1551279448000)
Das ist auch ein wichtiger Punkt denn man einbeziehen muss, dass sie den Gegenstand danach weggeworfen hat und ihn nicht zurück gebracht hat.
![](https://images.gutefrage.net/media/default/user/13_nmmslarge.png?v=1551279448000)
Hätte sie den zurückgebracht, hätte allenfalls eine Entziehung vorgelegen, womit wir wieder bei der Untreue wären. Hier hat sie die Eigentümerin geschädigt, sich aber eben nicht selbst bereichert, dürfte auch "nur" Untreue sein.
![](https://images.gutefrage.net/media/user/Artus01/1516301634322_nmmslarge__303_0_1944_1944_e697a745a6a6bcbca5d4fcdcd037c484.jpg?v=1516301634000)
Das ist klarer Diebstahl, sämtliche Tatbestände sind erfüllt.
![](https://images.gutefrage.net/media/default/user/12_nmmslarge.png?v=1551279448000)
Das ist Diebstahl.
![](https://images.gutefrage.net/media/default/user/9_nmmslarge.png?v=1551279448000)
Strafgesetzbuch (StGB) § 242 Diebstahl
(1) Wer eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
Die fett geschriebenen Stellen sind die Gesetzesmerkmale. Meiner Meinung nach liegt alles nötige vor. Zumindest liegt §246 Unterschlagung vor.
![](https://images.gutefrage.net/media/default/user/13_nmmslarge.png?v=1551279448000)
Unterschlagung scheidet definitiv aus, weil nicht wissentlich übergeben. Und beim Diebstahl fehlt - zumindest zunächst - die Zueignungsabsicht.
![](https://images.gutefrage.net/media/default/user/13_nmmslarge.png?v=1551279448000)
Inwiefern fordert denn die Unterschlagung irgendeine Übergabe?
![](https://images.gutefrage.net/media/default/user/13_nmmslarge.png?v=1551279448000)
§ 246 Absatz 1 erfordert wieder die Zueignungsabsicht, Absatz 2 die Übergabe - beides liegt nicht vor.
![](https://images.gutefrage.net/media/default/user/9_nmmslarge.png?v=1551279448000)
Wissentlich übergeben bedeutet anvertraut. Strafverschärfung -> 246 Abs. II (Veruntreuung). Trifft nicht zu, also Absatz 1.
Unterschlagung tritt i. d. R. hinter dem Diebstahl 242 zurück. Dient jedoch als Auffangtatbestand falls keine einwandfreie Zueignungsabsicht. Die Zueignung an sich ist zweifelsfrei.
![](https://images.gutefrage.net/media/default/user/13_nmmslarge.png?v=1551279448000)
Nein, auch der Absatz 1 verlangt eine Zueignung - wir reden hier aber über eine ungefragte Mitnahme, die nicht einmal den Charakter einer Ausleihe hat, zivilrechtlich könnte das sogar ein Fall der GoA (§ 677 BGB) sein, da aufgeklärt werden soll, was es mit dem Stift auf sich hat; mehr als Untreue ist das bis dahin nicht. Kritisch wird die Sache erst im Mülleimer-Moment, wobei es eben schwer ist, aus der Entsorgung eine Zueignung zu machen.
![](https://images.gutefrage.net/media/default/user/13_nmmslarge.png?v=1551279448000)
Ja, in Ordnung – und nur fürs Protokoll: Zueignungsvorsatz reicht, es braucht (im Gegensatz zum Diebstahl) keine Absicht.
Mir scheint das Untersuchen hier von so kurzer Dauer zu sein, dass ich eine Aneignungsabsicht verneinen würde.