Kann jemand mit psychischen Problemen auch Psychologie studieren / Psychologe werden?

7 Antworten

Es kommt auf die Probleme an. Gute Ausbildungsinstitute, die Psychotherapeuten ausbilden, schauen schon, ob der oder die Kandidatin in einem normalen Maße belastbar ist. Denn die Ausbildung, zu der Selbsterfahrung gehört, ist nicht ohne. Aber wenn die psych. Probleme gut bearbeitet worden sind, bzw.  gut bearbeitet werden können, geht das durchaus.

Patienten mit einer Borderlinestruktur sind aber eher ungeeignet. Schon zu ihrem eigenen Schutz. Die Gefahr, dass sie dekompensieren - dass ihre Schutzmechanismen, die sie vielleicht in einer langen Therapie erworben haben zusammenbrechen - ist einfach zu groß.

Ich würde allerdings niemals zu einem Psychotherapeuten mit einer glücklichen Kindheit gehen. Woher soll der wissen, was Verzweiflung ist, Trauer, Wut, Einsamkeit, Angst? Die Psychotherapeuten sind die Besten, die tiefe persönliche Krisen gut gemeistert haben, denn die wissen, dass das geht.

Ein angehender Psychotherapeut muss halt gelernt haben, seine eigenen Macken für sich behalten im Sinne von selbst tragen. Er darf niemals seinen eigenen Rucksack dem Patienten auch noch aufbürden und sich sozusagen durch den Patienten  zu heilen versuchen,


Ich kenne viele Menschen mit psychischen Problemen welche den Weg des Psychotherapeuten oder Psychiaters gegangen sind, unter anderem auch um sich selbst besser kennen zu lernen und selbst zu diagnostizieren. Wunder dich nicht darüber das du psychische Probleme hast, ich habe bis heute noch niemanden getroffen der nicht irgendwelche psychischen Probleme hat - ob nun bewusst oder unbewusst.

Auf dem anderen Wege musst du natürlich auch in dir selbst arbeiten. "Muss" klingt jetzt natürlich hart, idR kannst du das auch nur wenn du es denn wirklich möchtest. Also nicht zwanghaft und unter Druck, das geht meist in die Hose. Mit deinen jungen 20 Jahren hast du ja auch noch einen längeren Weg vor dir und wirst aus deiner Vergangenheit bestimmt schon ableiten können das du dich immer irgendwie weiter entwickelst - und das kannst du auch kontrollierter.

Setze dich nicht unter Druck, mach das woran du Spaß hast, schau nach woher deine persönliche Unsicherheit herrühren könnte - es ist einfacher sich zu ändern wenn man sich kennt. Wenn du dich besser kennst und deinen persönlichen Wert erkannt hast, wirst du selbst auch weniger unsicher sein. Verabschiede dich auch von dem Gedanken das du "Generell ängstlich" bist, damit setzt du dich selbst als ängstlich fest obwohl du gegen deine Ängste auch angehen könntest um sie zu besiegen. Wenn du dir deine Ängste vornimmst und dich nach und nach mit ihnen auseinander setzt wirst du auch viel selbstsicherer - nicht nur für dich, auch wirst du auf andere Menschen selbstsicherer wirken. Kann dir die Werke und Lesungen von Vera F. Birkenbihl empfehlen, vielleicht hilft dir das ja ein wenig weiter.

Wünsche dir alles in allem alles Gute & viel Erfolg~


Ansosch10 
Beitragsersteller
 12.10.2017, 17:43

Vielen Dank für deine Antwort! :) Macht mir auf jeden Fall Mut.

0

Die Vision Psychotherapie kannst du ruhig haben denn schlussendlich entscheidet eine Kommission ob du für die Weiterbildung in Frage kommst, ob das Kleingeld stimmt (30-50.000 Euro)  und man ist während der Ausbildungsphase auch selbst in Therapie.

Vor anderen Menschen reden wirst du lernen (müssen). Spätestens dann wenn prüfungsbedingt die ersten Vorträge vor einem vollen Hörsaal abzuhalten sind.

wie soll ich dann anderen Leuten zeigen "wie es geht" und wie man glücklich(er) wird?

Das wird im Studium gelernt aber sicher nicht in den ersten 3 Jahren Grundstudium aber das solltest du ja wissen wenn du dich mit dem Studiengang auseinandergesetzt hast.


Dahika  12.10.2017, 20:26

Vor anderen Menschen reden wirst du lernen (müssen). Spätestens dann wenn prüfungsbedingt die ersten Vorträge vor einem vollen Hörsaal abzuhalten sind.

Wie bitte? DAs habe ich noch nie gemacht und ich arbeite seit 30 Jahren in dem Beruf.

0
Ostsee1982  12.10.2017, 21:35
@Dahika

Du musstest im Studium nie Referate halten? Ungewöhnlich!

0

Das Studium kannst du in jedem Fall machen (solange du
gesundheitlich dazu in der Lage bist). Das Studium ist erst einmal
allgemein, du lernst also über Erkrankungen, aber auch über
Sozialforschung, Personalwesen und Marketing. Es ist ein breit
gefächertes Studium mit vielfältigen Perspektiven.

Wenn du danach noch eine Weiterbildung zur Psychotherapeutin machen
willst, ist die Frage dann relevanter. Deine Therapieerfahrungen können
ein Vorteil sein. Wenn du aber noch nicht psychisch gesund bist, gibt es
viele Probleme- zum einen musst du in der Ausbildung viel
Selbsterfahrung machen, was akut belastend sein kann. Außerdem sind
viele am Anfang mit den Problemen, die sie täglich erleben, überfordert
und müssen erst langsam lernen, sich abzugrenzen... für ansonsten
gesunde Menschen ist diese Stressbelastung machbar. Bei psychisch
kranken Menschen kann es zu viel werden und zum Zusammenbruch führen.
Und schließlich besteht immer die Gefahr, eigene Probleme auf Patienten
zu projizieren, ihnen Ratschläge zu geben, die man selbst bräuchte oder
von den Verhaltensweisen der Patienten "angesteckt" zu werden- also z B
bei magersüchtigen Patienten auch wieder den Drang zum Abnehmen zu
verspüren. Das ist für alle angehenden Psychotherapeuten eine große
Herausforderung, deshalb ist es für diesen Beruf sehr wichtig, dass man
psychisch wirklich gesund, stabil und belastbar ist.

Deshalb: Studier ruhig Psychologie, mach währenddessen aber weiterhin
Therapie und überlege nach dem Studium selbstkritisch, ob du dir die
Arbeit als Psychotherapeut zutraust oder ob du lieber einen anderen
Beruf ergreifen willst (denn Psychologie bietet ja viele Perspektiven).


Ansosch10 
Beitragsersteller
 12.10.2017, 17:45

Genau das denke ich halt auch. Also dass man die Probleme der anderen nicht selbst "mit nach Hause nehmen darf". Das stelle ich mir sehr schwierig vor. Aber na ja, es dauert ja sowieso noch einige Jahr bis ich dann im Beruf wäre.

0
Dahika  12.10.2017, 20:23
@Ansosch10

Also dass man die Probleme der anderen nicht selbst "mit nach Hause nehmen darf"

Das ist aber nur ein Schritt und manchmal nimmt man die Probleme der Anderen mit nach Hause. Viel wichtiger aber ist, dass man seine Probleme nicht am Patienten abarbeiten darf.

0

Hi,

ja, viel tun das um sich selbst verstehen zu können (weiß ich zumindest vom hören/sagen). Persönlich kenne ich eine die so auch Psychologie studierte.

Generell sind aber Studenten dieses Faches Menschen, die in einer gewissen Art ein persönliches Thema damit haben.

Ich finde es auch durchaus sinnvoll, wenn nicht besser gesagt, vorrausetzend, sich selbst mit seiner eigenen Psyche auseinander zu setzen und auch viele Dinge aus diesem Bereich selbst zu erleben und zu durchleben. Was bringt einem reines Bücherwissen?

Ich finde, dass das gute Voraussetzungen sind. Und wie Du sagst, es sind noch einige Jahre, bis Du überhaupt praktizieren wirst. 

Gruß,

Christopher