Kann es (moralische) Schuld geben, wenn das Universum determiniert ist?
Einstein glaubte, dass das Universum determiniert ist, also alles auf Ursache-Wirkung beruht. Wenn das so wäre, wo bleibt dann noch Raum für den freien Willen, der wiederum Voraussetzung für Schuld ist?
4 Antworten
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Erstens, ist der "freie Wille" eine Farce!
Zweitens, besteht die "Freiheit" darin, die Naturgesetze (und nur die meinte Einstein mit der "Determinierung") zu nutzen, keinesfalls die Möglichkeit, sie mit dem "göttlich" bereit gestellten "freien Willen" auch umgehen zu können, wie das einige Religioten beständig behaupten!
Aus Wiki:
"Was Einstein wirklich vom Glauben hielt, beschreibt dieses Zitat: »Das Wort Gott ist für mich nichts als Ausdruck und Produkt menschlicher Schwächen, die Bibel eine Sammlung ehrwürdiger, aber doch reichlich primitiver Legenden. (…) Für mich ist die unverfälschte jüdische Religion wie alle anderen Religionen eine Incarnation des primitiven Aberglaubens.« Seine Aussagen sind also wie ein Steinbruch, wenn man genügend sucht, ist für jeden etwas dabei. EINSTEIN GLAUBTE AN ZUFALL. So werden auch seine Worte »Gott würfelt nicht« gern von Menschen zitiert, die davon überzeugt sind, dass es in unserer Welt keinen Zufall gibt, sondern alles von Gott durch ein Schicksal vorherbestimmt ist.“
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Nein, Einstein war kein "Agnostiker" - bestenfalls "Pantheist"!
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Freier Wille und strenger Determinismus widersprechen sich. Das hast du richtig erkannt und ist philosophisch auch akzeptierte Lehrmeinung.
Ob die Welt streng deterministisch ist, ist nicht bekannt. Derzeit überwiegt in der Physik die Ansicht, dass die Welt nicht streng deterministisch ist, sondern Zufall existiert.
Die Frage von Schuld ist eine ganz andere Ebene. Die Frage der Schuld wird leider oft moralisch und religiös überhöht, obwohl sie faktisch erheblich unbedeutender ist, als man denken könnte. Wenn ein Mensch in einer streng deterministischen Welt so gebaut ist, dass er eine bestimmte Tat begeht, die andere nicht unter diesen Umständen begehen würden, dann kann doch Strafe, damit er daraus lernt, ganz genauso sinnvoll sein. Oder das Einsperren, damit er es nicht wiederholen kann. Oder oder oder. Alle möglichen Gründe für Strafe können auch in einem deterministischen System Sinn ergeben. Schuld behandelt im säkularen Sinne die Tat im Vergleich zu den Rechtsnormen.
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Das ist richtig, Strafe ist auch in einem deterministischen Universum sinnvoll, da es das Handeln von Menschen beeinflussen kann. Doch beschränken sich Gerichte hierzulande nicht auf die Schuld im Sinne der Täterschaft, sondern stellen zudem z.B. bei besonders brutal verübten Morden zusätzlich die "besondere Schwere der Schuld" fest, was auf die moralische Schuld abzielt.
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Eigentlich kennt unser Recht keine Moral, auch nicht im Falle der "besonderen Schuld". Hier sind eher die Umstände besonders krass und auch das ergibt den gleichen Sinn in Bezug auf die erhöhte Strafe.
Aber ich stimme dir zu, es wäre besser, wenn es immer sprachlich nur um Tat und Konsequenzen ginge und Begriffe wie Schuld vermieden würden.
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Tatsächlich deutet Vieles in der modernen Hirnforschung darauf hin, dass Einstein recht hatte. Entscheidungen, die wir treffen, hat unser Unterbewusstsein schon getroffen, bevor sie uns bewusst werden. Das lässt nur den Schluss zu, dass wir von unseren Erfahrungen und äußeren Einflüssen abhängig sind und der freie Wille eine Illusion ist. In diesem Sinne gibt es keine Schuld, trotzdem tragen wir die Verantwortung für unser Handeln. Und das zu trennen fällt vielen Menschen wohl nicht leicht.
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Wenn Du mit "Verantwortung tragen" meinst, nach strafbaren Handlungen juristisch Verantwortung tragen zu müssen, hast Du natürlich Recht. Die Frage nach der moralischen Verantwortung nach strafbaren bzw. allgemein als verwerflich betrachteten Taten halte ich dagegen für schwierig.
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Dabei geht es nicht nur um strafrechtlich relevante Handlungen. Das können auch Taten sein, die nicht darunter fallen, wie das Annehmen eines Jobs, der die persönlichen Fähigkeiten übersteigt oder Entscheidungen im privaten Bereich. Immer tragen wir die Verantwortung für unser Handeln, im Guten wie im Schlechten. Und wir müssen die Konsequenzen dafür tragen.
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Mit anderen Worten, wir bekommen die Wirkungen unserer Handlungen serviert.
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Hat nichts mit Einstein oder dem Universum zu tun. Auch nichts mit Moral. Ursache -> Wirkung bestimmt unser Leben. Je nach dem, was du heute tust, wird dein Morgen aussehen, und so weiter. Das ist dein freier Wille.
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Wenn das, was ich heute tue, die Wirkung von gestern ist, was hat das dann mit freiem Willen zu tun?
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Nein andersrum. Was du gestern aus freiem Willen entschieden und gemacht hat, hat zur Folge, dass es heute so ist wie es eben ist.
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Wenn heute "unfrei" ist, warum soll dann gestern "frei" gewesen sein?
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Auch heute ist frei in der Entscheidungsfreiheit, aber gleichzeitig auch eine Folge der Entscheidungen die du gestern (ebenfalls frei) getroffen hast.
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Das widerpricht sich. Wenn die heutigen Entscheidungen die Folge von gestrigen Entscheidungen sind, können die heutigen Entscheidungen nicht frei sein.
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Nein, das widerspricht sich nicht. Beispiel: Ich habe gestern entschieden, mit meiner Freundin Schluss zu machen, weil wir Streit hatten. Heute bereue ich das, und ich entschuldige mich bei ihr, sage ihr dass ich überreagiert hätte. Entscheide ich so aus freiem Willen. Sie andererseits kann sich auch aus freiem Willen entscheiden, die Entschuldigung anzunehmen, oder auch nicht. Da gibt es keinen Widerspruch.
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Woher willst Du denn wissen, dass das Deine freie Entscheidung ist? Irgendwas hat Dich gestern dazu gebracht, Schluss zu machen, und irgend was hat Dich heute dazu gebracht, Dich heute zu entschuldigen. Ist das freier Wille?
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Ich gehe davon aus, dass es meine freie Entscheidung war, beweisen kann ich es nicht. Wenn nun alles vorbestimmt wäre und es keine Möglichkeit zu freien Entscheidung gäbe, wären wir völlig machtlose Wesen, die sich für nix mehr anzustrengen bräuchten, denn es kommt ja eh alles so wie es vorbestimmt ist. Ich weigere mich das zu glauben, selbst dann wenn du recht haben solltest 😎
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Dir bleibt ja auch gar nix anderes übrig, als Dich zu weigern, das zu glauben, ist schließlich alles vorbestimmt 😎
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Na ja, du kannst deine Hypothese nicht beweisen, ich meine auch nicht. Ist auch eher ein philosophisches Thema, da wird’s mit „Beweisen“ oft schwierig 😖😎
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Ich denke schon, dass ich meine Hypothese beweisen kann, sogar ganz einfach: Kannst Du fünf Minuten lang die Luft anhalten, wenn Du das willst? Also ich kann das nicht, egal ob ich das will oder nicht 😎
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Das ist eine andere Liga: Physikalische Notwendigkeit, dass man atmet. Ich kann auch nicht fliegen wie ein Vogel, nur weil ich entscheide, dass ich jetzt fliegen will. Es ist vorbestimmt, dass ich kein Vogel bin sondern ein Mensch, also kann ich nur fliegen, wenn ich ein dafür geeignetes Gerät verwende. Dein „Beweis“ hinkt ziemlich.
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Warum andere Liga? Ist nicht alles im Leben Physik und Chemie? Wenn Du heute Abend Hunger bekommst, beruht das dann etwa nicht auf physikalisch - biochemischen Vorgängen? Und wenn diese physikalisch-biochemischen Vorgänge Deinem Gehirn signalisieren, dass Pizza ideal wäre, kannst Du Dich dann für Erbsensuppe entscheiden? Ich glaube das ist so unmöglich wie fliegen ohne Flügel.
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Das war klar. Schließlich ist ja alles vorbestimmt 😎
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Freut mich, dass Dir das jetzt klar ist 😎
So viel ich weiß, war Einstein zwar nicht religiös, aber Agnostiker, der über die Präzision der Naturgesetze immer wieder ins Staunen geriet.